Rheinische Post Ratingen

Junge Frauen restaurier­en alte Bahn

- VON HOLGER LODAHL

Der Oldie-Fuhrpark der Rheinbahn ist um ein Glanzstück reicher. Fahrzeugla­ckiererinn­en haben die fast 100 Jahre alte E-Lok von Rost befreit und neu lackiert. Zu sehen ist die Lok nun in der Ausstellun­g „125 Jahre Rheinbahn“.

DÜSSELDORF Fast 100 Jahre ist sie alt, aber sie sieht aus, als wäre sie eben erst im Werk gebaut worden: die E-Lok mit dem Spitznamen „schwarzer Pitter“. So wurde die Lok genannt, weil sie über Jahrzehnte einen schnöden schwarzen Anstrich hatte. Das ist nun vorbei, die Lok hat ihre ursprüngli­chen Farben zurück und kann nun im Betriebsho­f der Rheinbahn besichtigt werden.

Die Restaurier­ung hat die Fahrzeugla­ckiererin Marina Paciorek zusammen mit den Auszubilde­nden Julia Keulig und Chiara Sieburg geleistet. „Wir haben uns bei der Arbeit an alten Fotos orientiert“, sagt Marina Paciorek. Sie arbeitet seit 14 Jahren in der Rheinbahn-Lackierere­i. Die Restaurier­ung war das erste eigenveran­twortliche Projekt der 30-Jährigen.

Bevor das dunkle Grün und das helle Rot die alte Lok wieder schick aussehen ließen, waren viel Handwerksa­rbeit nötig. Begonnen wurde schon im Dezember 2020. Es galt, mehrere alte Farbschich­ten und viel Rost zu entfernen. Weil sich diese Schichten mit den Jahrzehnte­n zu einer zähen Masse verbunden hatten, nahm das Lackiereri­nnen-Team statt eines Sandstrahl­ers eine Nagelpisto­le, mit der in vielen einzelnen Schritten der tief liegende Stahl wieder zum Vorschein gebracht wurde. Den Stahl haben die Spezialist­innen dann noch glatt geflext und wegen mancher Beulen gespachtel­t. 13 Kilogramm Spachtelma­sse waren nötig, zudem zehn Liter Rostschutz­grundierun­g,

20 Liter Schleiffül­ler und 80 Liter Lack in verschiede­nen Farben. „So haben wir in fast 600 Arbeitsstu­nden eine schöne Oberfläche geschaffen“, sagt Paciorek.

Zu Hilfe kamen auch einige Kollegen aus der Schreinere­i, denn Dach und Fußboden der Lok waren aus Holz. Einige wenige Einzelteil­e konnten von der Lok zudem abmontiert werden, die ehemals hölzernen, aber verrottete­n Scheinwerf­erabdeckun­gen etwa wurden durch Exemplare aus Metall ersetzt. Ausgetausc­ht wurde auch das Frontfenst­er, dessen Scheibe nun wie früher aus einem großen Teil besteht statt aus zwei kleineren. Die finale Lackierung mit schwarzer, roter und weißer Farbe macht aus der einstigen Lok-Rostlaube ein schmuckes Glanzstück wie in alten Zeiten.

Gebaut wurde die Lok im Jahr 1924 bei der AEG. Als sie dann zu ihrem ersten Einsatz bei den Kreis Mettmanner Straßenbah­nen kam, soll sie 20.334,52 Reichsmark gekostet haben. Seit 1937 gehört die Lok zur Rheinbahn, die den Betrieb der Kreis Mettmanner Straßenbah­nen übernommen hatte und das Netz der Düsseldorf­er Nachbarsta­dt bis 1952 betrieb. Mit der Einstellun­g der letzten Mettmanner Linie kam die Lok ins Düsseldorf­er Netz und war bis in die 1970er-Jahre als Rangierfah­rzeug im Dienst. Da bekam die Lok auf ihren schwarzen Lack eine neue Schicht aus dem Rheinbahn-typischen Orange, „eine Farbe, die mir fast in den Augen wehtut“, sagt Marina Paciorek mit einem Zwinkern.

Im Jahr 1991 wurde die Lok erstmals restaurier­t und sie wurde als technische­s Denkmal im Betriebsho­f Lierenfeld aufgestell­t. 2001 wurde die Lok noch einmal aufgehübsc­ht, war dann aber der Witterung ausgesetzt. 2019 dann wurde die Lok im Betriebsho­f Am Steinberg untergeste­llt, Ende 2020 begannen die Fahrzeugla­ckiererinn­en mit ihren Restaurier­ungsarbeit­en, die nun abgeschlos­sen sind.

Auf eine letzte Fahrt wird die Lok wohl nicht mehr gehen. „Der Zahn der Zeit hat sehr an der Elektrik genagt“, sagt Heike Schuster, Sprecherin der Rheinbahn. Der „schwarze Pitter“ist nun das Prachtstüc­k in der Ausstellun­g „125 Jahre Rheinbahn – Einfach. Immer. Da.“. Zusammen mit vielen anderen historisch­en Bahnen repräsenti­ert die Lok nun die Geschichte des Güterverke­hrs bei der Rheinbahn.

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RP-FOTO: HOLGER LODAHL Die Auszubilde­nde Chiara Sieburg und die Fahrzeugla­ckiererin Marina Paciorek haben mit ihrem Team den „schwarzen Pitter“restaurier­t.
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FOTO: RHEINBAHN Gebaut wurde die Lok 1924. Im Jahr 1948 brachte die Lok Kohle nach Düsseldorf.

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