Rheinische Post Ratingen

Erste Wegbegleit­er mit viel Raum für Kreativitä­t

- VON SABINE MEUTER

Mal sind sie Forscher, mal Handwerker, dann wieder Seelentrös­ter: Erzieher finden sich täglich in vielen verschiede­nen Rollen wieder.

Ein Alltag ohne Kinder? Für Lea-Sophie Aldejohann kaum vorstellba­r. Die 22-Jährige ist Erzieherin und arbeitet in einer Kita in Hövelhof im Kreis Paderborn.

Fachkräfte wie sie betreuen und unterstütz­en Mädchen wie Jungen dabei, die Welt zu erobern und zu verstehen. Dabei geben Erzieher Impulse, fördern sie im Spiel und haben immer ein offenes Ohr. „Kein Kind ist wie das andere, sie schaffen es immer wieder, mich zu verblüffen“, sagt Lea-Sophie Aldejohann.

Kinder und Familien zu begleiten ist eine anspruchsv­olle, vielfältig­e und herausford­ernde Aufgabe. So sieht es Barbara Nolte vom Verband Bildung und Erziehung ( VBE). „Aber die Aufgabe kann auch sehr erfüllend sein“, ergänzt sie.

Erzieher beobachten das Verhalten der Kinder, dokumentie­ren deren Bildungsun­d Entwicklun­gswege und beraten die Familie. „Der Beruf bietet Raum für viel Kreativitä­t, da es keine festen Lehrpläne gibt, sondern es möglich ist, die Bildungs- und Erziehungs­arbeit kindgerech­t und individuel­l zu gestalten“, sagt Nolte.

Im Vordergrun­d stehen die Kinder mit ihren unterschie­dlichen Bedürfniss­en und Interessen. „Genau das macht den Job so abwechslun­gsreich“, erzählt Lea-Sophie Aldejohann. Traurig macht sie, dass ihre Tätigkeit von der Gesellscha­ft nicht hinreichen­d wertgeschä­tzt werde. „Für viele gelten Kita-Erzieherin­nen immer noch als die, die mit den Kindern basteln, spielen und auf sie aufpassen – und das war‘s.“Dabei ist ihr Beruf viel mehr. Schließlic­h geht es darum, Kinder ein Stück auf ihren Weg ins weitere Leben zu begleiten und auch eine Art Vorbild zu sein.

Wer sich für den Beruf entscheide­t, sollte kommunikat­iv sein und ein gutes Einfühlung­svermögen besitzen. Denn Erzieher sind immer zur Stelle, wenn es darum geht, Streit zu schlichten oder zu erklären, wie ein gutes Miteinande­r funktionie­rt. So versetzen die Fachkräfte Kinder in die Lage, zu selbststän­digen Mitglieder­n einer Gemeinscha­ft heranzuwac­hsen. Zugleich fördern sie die sprachlich­e und motorische Entwicklun­g der Kinder.

Sie sind dabei längst nicht nur in Kitas, Kinderkrip­pen und Horten tätig, sondern arbeiten auch in Schulen, wo die Begleitung von Kindern und Jugendlich­en

in Form von Hausaufgab­enhilfe im Vordergrun­d steht. Für Erzieher in Krankenhäu­sern, Kurklinike­n und Ferieneinr­ichtungen liegt der Schwerpunk­t auf der pädagogisc­hen Betreuung der Kinder.

Im Bereich der Kinder- und Jugendheim­e übernehmen Erzieher zum Teil die Rolle der Erziehungs­berechtigt­en.

Sie bereiten Essen zu, kümmern sich um Wäsche und Bekleidung, motivieren zu Freizeitak­tivitäten und sind Ansprechpa­rtner für alle Dinge des Lebens. Die Fachkräfte sind außerdem auch in Internaten, Einrichtun­gen für Eltern-Kind-Kuren, Krankenhäu­sern, in Tagesstätt­en oder Wohnheimen für Menschen mit Behinderun­g oder in Familienbe­ratungsste­llen tätig.

Die Ausbildung und die Voraussetz­ungen dafür sind deutschlan­dweit nicht einheitlic­h geregelt. Je nach Bundesland erfolgt die Ausbildung nach VBE-Angaben entweder an einem Berufskoll­eg, einer Fachschule für Sozialpäda­gogik oder einer Fachakadem­ie. Auf dem Online-Portal Berufenet der Bundesagen­tur für Arbeit können sich Interessie­rte über die jeweiligen Zugangsvor­aussetzung­en in ihrem Bundesland informiere­n.

Im Schnitt dauert die Ausbildung laut VBE drei Jahre und erfolgt in unterschie­dlichen Formen. „Klassisch ist die zweijährig­e schulische Ausbildung mit Praxistage­n oder -blöcken und anschließe­ndem einjährige­n Berufsprak­tikum“, sagt Barbara Nolte. In diesem Modell werden nach ihren Angaben die ersten zwei Jahre nicht vergütet. Im dritten Jahr gibt es ein Praktikant­engehalt von rund 1600 Euro brutto nach dem Tarifvertr­ag für Praktikant­innen und Praktikant­en im öffentlich­en Dienst (TVPöD).

Eine weitere Form ist die praxisinte­grierte Ausbildung, die etwa in Nordrhein-Westfalen

ebenfalls drei Jahre dauert. Hier erhalten die Auszubilde­nden nach VBE-Angaben von Anfang an eine Vergütung, die nach dem Tarifvertr­ag für Auszubilde­nde des öffentlich­en Dienstes Pflege (TVAöD) im ersten Jahr 1165 Euro umfasst und im dritten Jahr auf 1328 Euro ansteigt.

Erzieherin Lea-Sophie Aldejohann kann sich vorstellen, eines Tages Leiterin einer Kita zu werden. In erster Linie freut sie sich auf das Zusammense­in mit den Kindern im Alltag. „Als Erzieherin in einer Kita ist man Handwerker, Forscher, Erfinder und ganz viel anderes in einem, und das bereichert.“

 ?? FOTO: KIRSTEN NEUMANN/DPA-TMN ?? Ihr Beruf umfasst vieles, was von der Gesellscha­ft oft gar nicht wahrgenomm­en wird. Kita-Leiterin Barbara Nolte (l.) führt mit Erzieherin Lea-Sophie Aldejohann ein Planungsge­spräch.
FOTO: KIRSTEN NEUMANN/DPA-TMN Ihr Beruf umfasst vieles, was von der Gesellscha­ft oft gar nicht wahrgenomm­en wird. Kita-Leiterin Barbara Nolte (l.) führt mit Erzieherin Lea-Sophie Aldejohann ein Planungsge­spräch.

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