Rheinische Post Ratingen

Protest gegen Anbaupläne der Akademie

- VON NICOLE LANGE UND ARNE LIEB

Rektor Karl-Heinz Petzinka entwirft selbst den Anbau für die Kunstakade­mie – ist das in Ordnung? Eine Absolventi­n fordert in einer Petition einen offenen Wettbewerb. Das Bauvorhabe­n bewegt Akademie und Architekte­n.

ALTSTADT Der geplante Anbau für die Kunstakade­mie sorgt weiter für hitzige Diskussion­en – inzwischen nicht mehr nur wegen der Architektu­r, sondern auch wegen der Rolle von Rektor Karl-Heinz Petzinka. Der Architekt und Baukunst-Professor, von dem unter anderen das Stadttor am Medienhafe­n und das KonradAden­auer-Haus in Berlin stammen, hat den Anbau selbst entworfen und dafür offenbar den Rückhalt der Hochschule und des Ministeriu­ms.

Eine Absolventi­n der Akademie sorgt nun mit einer Petition für Aufsehen. Sie fordert, dass stattdesse­n ein offener Wettbewerb ausgericht­et wird – und wirft Petzinka einen Alleingang vor. „Es besteht massive Kritik auf vielen Seiten, dass der Rektor der Kunstakade­mie sein Amt ausnutzt, um sich an den gängigen Verfahren vorbei ein Denkmal zu setzen“, heißt es in dem Aufruf. Auch Christoph Parade, der Architekt des Düsseldorf­er WDR-Gebäudes, fordert ein anderes Vorgehen. „Ein zukunftswe­isender Wettbewerb wäre für die Stadt mehr als wichtig. Hier sollte es ohne Einschränk­ungen Möglichkei­ten geben, Alternativ­en aufzuzeige­n.“

Die Online-Petition stammt von der früheren Asta-Vorsitzend­en Vanessa Castra. Seit Freitag haben schon mehr als 600 Menschen unterzeich­net. Castra hat 2019 ihren Abschluss gemacht, sagt aber, sie sei noch immer eng mit der Hochschule vernetzt. „Es herrscht viel Unmut.“Castra kritisiert, dass Studierend­e und Lehrende nicht offen ihre Meinung sagten, da sie Sanktionen

fürchteten. „Es gibt keine gelebte Freiheit.“Sie habe für die Petition, deren Unterzeich­ner nicht namentlich zu erkennen sind, schon sehr viel Zuspruch erhalten. Wie von Studierend­en zu hören ist, könnte es auch während des Ende des Monats anstehende­n Rundgangs zu Protesten kommen.

Unter den Studierend­en ist der Rektor, der im Frühling für eine zweite Amtszeit gewählt worden ist, derzeit ohnehin nicht unumstritt­en: Kritiker werfen ihm vor, die Studierend­en in der Corona-Krise zu wenig unterstütz­t zu haben. Anderersei­ts gilt Petzinka selbst bei Kritikern als guter Kommunikat­or und erfahrener Planer, der das mehr als 30 Millionen Euro schwere Projekt in Gesprächen mit der Politik vorantreib­t. Die Akademie will anbauen, um das Angebot an Werkstätte­n für die Studierend­en zu erweitern. Diese Idee wird allgemein begrüßt. Petzinka will dafür einen spektakulä­ren Anbau neben dem Hauptgebäu­de errichten. Er soll an der Ostseite dessen Höhe aufnehmen und treppenför­mig abflachen. Die ersten öffentlich­en Reaktionen schwanken von Lob bis zu massiver Ablehnung.

Petzinka verteidigt im Gespräch mit unserer Redaktion das Verfahren.

Architektu­r sei immer umstritten und dürfe kontrovers diskutiert werden. Er wisse aber aus der Erfahrung an anderen Hochschule­n, dass Wettbewerb­e viele Jahre dauern können und sich die Entwürfe trotzdem möglicherw­eise als nicht umsetzbar erweisen. Das „Selbstplan­ungsverfah­ren“der Akademie bringe für dieses beispiello­se Projekt enorme praktische Vorteile. In ausführlic­her Zusammenar­beit mit den Werkstattl­eitern habe man das Raumprogra­mm entwickelt, durch viele Gespräche mit Stadt und Land die schwierige­n Bedingunge­n des Standorts geklärt. Dass die Akademie

derzeit ausgerechn­et von einem Architekte­n geleitet wird, sieht er als Vorteil. „Das ist so, als wenn ein Künstler eine Skulptur auf den Hof stellt.“Darüber hinaus verweist er auf den Zeitdruck: Die Werkstätte­n müssten dringend modernisie­rt werden. Petzinka kündigt an, man werde die Öffentlich­keit gründlich informiere­n, auch über Themen wie Raumkonzep­t, Baumerhalt oder Denkmalsch­utz.

Die Stadtverwa­ltung antwortet auf Nachfrage zu der Kritik am Verfahren ausweichen­d. Man teile den Wunsch nach bestmöglic­her architekto­nischer und städtebaul­ich sowie freiraumte­chnischer Qualität, sagt eine Sprecherin. „Inwiefern diese Qualitäten durch die von der Kunstakade­mie publiziert­en und vielverspr­echend wirkenden Entwürfe gewährleis­tet werden, ist sinnvoller­weise in dieser frühen Projektpha­se zu erörtern“, heißt es weiter. Das Ministeriu­m für Kultur und Wissenscha­ft sah sich am Mittwoch nicht in der Lage, eine Anfrage unserer Redaktion zu beantworte­n.

 ?? VISUALISIE­RUNG: PETZINKA/KRUMHOLZ/AKADEMIE ?? So soll der Anbau aussehen, der in Richtung Oberkassel­er Brücke neben dem Hauptgebäu­de geplant ist. Die Bäume sollen in Nischen integriert werden, das Dach ist als begehbare Treppe vorgesehen.
VISUALISIE­RUNG: PETZINKA/KRUMHOLZ/AKADEMIE So soll der Anbau aussehen, der in Richtung Oberkassel­er Brücke neben dem Hauptgebäu­de geplant ist. Die Bäume sollen in Nischen integriert werden, das Dach ist als begehbare Treppe vorgesehen.

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