Rheinische Post Ratingen

Die letzte Impfung in der Arena

- VON VERENA KENSBOCK

Das Düsseldorf­er Impfzentru­m hatte am Mittwoch zum letzten Mal geöffnet – der ärztliche Leiter hat in acht Monaten viele Vordrängle­r und noch mehr Freudenträ­nen erlebt. Nun übernehmen die Stellen an Bahnhöfen und das Impfmobil.

STOCKUM Es gibt Hinweise darauf, dass dieser Mittwoch ein besonderer Tag im Impfzentru­m ist. Die ersten Kisten stehen gepackt neben den Anmelde-Schaltern und die Mitarbeite­r winken sich im Gehen länger zu, als sie es wohl sonst tun. Eine Frau tippt Henryk Wroblewski auf die Schulter, der ärztliche Leiter dreht sich zu ihr um. „Wir wollen uns nur kurz verabschie­den“, sagt sie und lächelt unter ihrer Maske. Es ist der letzte Tag in der MerkurSpie­l-Arena – nach fast acht Monaten, 164 Öffnungsta­gen und 380.000 Corona-Schutzimpf­ungen hat das Impfzentru­m nun geschlosse­n.

Henryk Wroblewski, 74 Jahre alt, eigentlich im „entspannte­n Ruhestand“und doch ärztlicher Leiter des Impfzentru­ms, ist seit dem ersten Tag dabei. Er hat mitbekomme­n, wie Ende Dezember eine Dame im Seniorenhe­im Haus Lörick die erste Corona-Impfung in Düsseldorf bekam, und wie sich eineinhalb Monate später erstmals die Türen in der Arena öffneten. „Es ist einerseits schön, dass wir diese wesentlich­e Aufgabe nun gelöst haben“, sagt er. „Aber ein Rest Betroffenh­eit bleibt. Denn wir haben nicht das geschafft, was wir gerne erreicht hätten: die Durchimpfu­ng der Bevölkerun­g.“

870.776 Impfungen wurden in Düsseldorf­er Praxen, Seniorenhe­imen und allen Impfstelle­n bislang verabreich­t, fast 411.000 Menschen haben bereits ihre Zweitimpfu­ng bekommen. NRW-weit liegt die Quote der vollständi­g Geimpften bei 67,6 Prozent. Das anfänglich­e Ringen um einen Termin ist einer Impfmüdigk­eit gewichen, sagt Wroblewski.

Als das Impfzentru­m am 8. Februar erstmals öffnete, war das größte Problem der Mangel an Impfstoff. Strikt reglementi­ert durften sich zunächst Personen über 80 Jahren und stark gefährdete Risikogrup­pen impfen lassen. Nicht jeder wollte sich daran halten, sagt Wroblewski. Er erinnert sich daran, wie streng die Beschäftig­ten des Impfzentru­ms die Dokumente prüfen mussten und wie häufig dabei auch „waghalsige Bescheinig­ungen“aufgetauch­t sind, mit denen sich einzelne Vordrängle­r eine Impfung erschleich­en wollten.

Er erinnert sich aber auch an große Dankbarkei­t, an Seufzer der Erleichter­ung, an Tränen der Freude bei denen, die nach Monaten des Bangens eine Impfung bekamen. Keine einzige Spritze habe man wegwerfen müssen, sagt der ärztliche Leiter. Dafür blieben die Beschäftig­ten auch oft bis Mitternach­t, telefonier­ten Warteliste­n ab, bis auch die letzte Spritze im Arm war.

Voll wurde es ab Juni, als schließlic­h genügend Impfstoff verfügbar war. An Spitzentag­en kamen 4500 Personen ins Impfzentru­m. Mittlerwei­le sind es deutlich weniger geworden. Zwar verschwind­en immer wieder Menschen in den Kabinen, die Zahl liegt mit 500 Impfungen am Tag aber deutlich unter den Höchstwert­en. Diejenigen, die unbedingt den Impfschutz wollten, sagt Wroblewski, seien nun versorgt.

Nun kämen vor allem Leute, die sich aufgrund der verschärft­en CoronaRege­ln dazu gezwungen fühlen, die sich ihre Freiheit nicht durch 2G-Regeln und kostenpfli­chtige Schnelltes­ts nehmen lassen wollen. Die Dankbarkei­t sei verschwund­en, der Ton sei rauer geworden.

Dennoch: Weiterhin lassen sich im Durchschni­tt täglich 1000 Menschen in Düsseldorf gegen das Coronaviru­s impfen. Der Betrieb wird nun vollständi­g vom Impfmobil und den beiden dezentrale­n Impfstelle­n am Hauptbahnh­of und am U-Bahnhof Heinrich-Heine-Allee übernommen, ganz ohne Termin. Die Feuerwehr

könnte die Infrastruk­tur des Impfzentru­ms aber schnell wieder hochfahren, wenn die Infektions­lage das erfordere, heißt es von der Stadt. Für die Organisati­on richtet die Stadt – wie vom Land NRW vorgesehen – eine koordinier­ende Covid-Impfeinhei­t (Koci) ein. Thomas Tremmel, bislang Chef des Impfzentru­ms, wird diese leiten.

Im Impfzentru­m wird am Donnerstag abgebaut. Am Samstag spielt dort Fortuna Düsseldorf gegen die VV St. Truiden in der Arena, tausende Zuschauer werden kommen. Bis dahin wird von einem Impfzentru­m nichts mehr zu sehen sein.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Leere Gänge, leere Kabinen, leere Impfampull­en – das Impfzentru­m in der Arena schließt nach acht Monaten.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Leere Gänge, leere Kabinen, leere Impfampull­en – das Impfzentru­m in der Arena schließt nach acht Monaten.

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