Schüler schnuppern in die Berufswelt
Rund 500 Neuntklässler aus Ratingen und Heiligenhaus lernten in der Stadthalle verschiedene Berufsfelder kennen. Dabei durften die Jugendlichen an 30 Stationen ihre Fähigkeiten erproben.
RATINGEN Hochkonzentriert beugen sich die Schüler über eine Konstruktionszeichnung. Ihre Aufgabe: die abgebildete Vorrichtung aus vorgefertigten Teilen zusammenzubauen. „Die Schüler lernen hier eine Zeichnung zu lesen und Arbeitsbeschreibungen zu verstehen, Grundvoraussetzungen für die Arbeit eines Konstruktionsmechanikers“, so Furkan Kiziltas von der Firma Dücker Fördersysteme. Sein erster Eindruck: „Mädchen sind darin oft besser, weil sie sich intensiver mit Anleitung beschäftigen. Jungen legen meist sofort los.“
Wenige Meter weiter stecken junge Leute die Köpfe über Computerteilen zusammen. Was sieht wohl ein Mainboard aus, wie ein CPUKühler? Und wo wird es im Gehäuse eingebaut? „Ein Fachinformatiker muss die Teile erkennen und an den richtigen Platz bringen“, erklärt Marc Bettenhausen von der Bluvo AG. „Wir haben hier durchaus schon Talente entdeckt.“
Das Ratinger Unternehmen ist eines von vielen, die beim Berufsparcours der Allianz Bildung und Lernen (ABL) einen Einblick in ihre Arbeitswelt gewähren. An insgesamt 30 Tischen wird jeweils ein Berufsbild vorgestellt. Jeder der knapp 500 Schüler testet an insgesamt zehn Tischen seine Fähigkeiten, lotet Stärken und Schwächen aus.
Für die Organisatoren hat der Berufsparcours in diesem Jahr einen ganz besonderen Stellenwert. „Viele Schüler konnten coronabedingt kein Praktikum machen“, so Christiane Fentross von der ABL. „Hier kommen sie in direkten Kontakt mit Repräsentanten der Berufe, können gezielt Fragen stellen und in Erfahrung bringen, ob ein Praktikum in dem präferierten Betrieb möglich ist.“
Auch die Unternehmen sind dankbar für diese Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Viele sind bereits zum wiederholten Mal beim Berufsparcours dabei. Häufig konzentriert sich die Berufswahl der jungen Menschen auf einigen wenigen Ausbildungsmöglichkeiten, während andere gar nicht nachgefragt werden.
Wenn es an jedem Tisch auch nur ein paar Minuten sind, in denen die Schüler mehr über Berufe lernen, so genügt die Zeit oft doch, um festzustellen, ob sich ein Praktikum zur Vertiefung des Eindrucks lohnt.
Achraf Miri von der Firma Göckel bringt den Schülern das Berufsbild des Energie- und Anlagenmechanikers näher. Er erlebt, wie sich die Einstellung der Schüler manchmal innerhalb weniger Minuten ändert. Aus anfänglicher Skepsis wird schnell Interesse. „Die Schüler fragen nach, wie Leitungen verlegt werden, wie die Ausbildung funktioniert. Manche haben richtig Spaß.“Auch er bestätigt: „Hier haben die Teilnehmer nur einen minimalen Einblick in einen sehr vielseitigen Beruf. Wer Interesse hat, dem kann ich nur empfehlen: Praktikum machen.“Auch Miri hat auf diesem Weg zu seinem Beruf gefunden.
Und so messen die Schüler an diesem Tag Blutdruck, dekorieren Waren, kneten Teig zu Brezeln, schneiden Fliesen und Schieferplatten oder messen den Chlorgehalt von Schwimmbadwasser. Und für manch einen Schüler haben die Ausbilder überraschende Perspektiven parat, so wie Christoph Lanken von den Bildungszentren des Baugewerbes: „Wir wollen junge Leute für das Baugewerbe begeistern. Die
Baubranche ist die Gewinnerin der Coronakrise. Wer sich jetzt für einen Beruf im Baugewerbe entscheidet, kann in zehn Jahren gut verdienen.“Bei dieser Aussicht riskieren die Jugendlichen einen zweiten Blick.