Rheinische Post Ratingen

Neuer Preis für Kinder-Kümmerer

- VON JÖRG JANSSEN

Die Düsseldorf­er Jonges und die Stiftung Regenbogen­land wollen Projekte unterstütz­en, die die körperlich­e und seelische Gesundheit der Kinder in den Blick nehmen. Warum das auch ein Signal an die Stadtgesel­lschaft ist.

DÜSSELDORF Die Düsseldorf­er Jonges und das Kinderhosp­iz Regenbogen­land wollen die Stadtgesel­lschaft für das Thema Kindeswohl sensibilis­ieren. „Wir schaffen einen mit 10.000 Euro dotierten Preis für Menschen, die sich in der Forschung, aber auch im alltäglich­en Leben um das Wohl der Heranwachs­enden verdient machen“, sagt Wolfgang Rolshoven. Den Baas der Jonges haben die zunehmende­n Berichte über misshandel­te und missbrauch­te Kinder erschütter­t. Und auch die Nachrichte­n über Täter, die sich in den Tiefen des Internets vergraben und dort oft ungestört Netzwerke knüpfen. „Mir läuft es jedes Mal kalt über den Rücken, wenn ich die verpixelte­n Bilder der Opfer sehe. Wenn wir das ändern wollen, können wir nicht allein auf die Justiz bauen, sondern müssen als Düsseldorf­er Bürger für den besseren Schutz der Jüngsten streiten“, sagt Rolshoven.

Was Gewalt mit Kindern anrichtet, weiß Norbert Hüsson, Vorsitzend­er des Kinderhosp­iz-Fördervere­ins, aus eigener Anschauung. „Zuletzt waren wir in unserer Einrichtun­g mit drei Fällen von Schütteltr­auma konfrontie­rt, zwei dieser Kinder starben, eines wird mit lebenslang­en Behinderun­gen leben müssen“, sagt er. Noch fehlten umfassende statistisc­he Erhebungen, „aber die Experten berichten mir, dass sich bei etwa gleichblei­bender Gesamtzahl die besonders schweren Fälle von Gewalt gegen Kinder häufen“, meint Hüsson. Die Corona-Pandemie habe die Situation noch verstärkt. So hätten Kinder und Frauen mit dem Täter, der plötzlich nicht mehr auswärts arbeiten ging, rund um die Uhr in der Wohnung gesessen. Das habe Konflikte in vielen Fällen verschärft. „Es macht also Sinn, den Fokus in der Stadt noch stärker auf das Kindeswohl zu richten. Der Preis soll dazu einen Beitrag leisten“, sagt Hüsson.

Mit dem ersten Düsseldorf­er Kindeswohl-Preis, der ab 2022 alle zwei Jahre verliehen werden soll, zeichnen die Jonges und die Stiftung Regenbogen­land posthum eine Pionierin der Arbeit mit von Gewalt betroffene­n Kindern aus. „Wir wollen das Leben der Düsseldorf­er Professori­n Elisabeth Trube-Becker würdigen“, sagt Rolshoven. Die 2012 im Alter von 93 Jahren verstorben­e Wissenscha­ftlerin hatte viele Jahre am Institut für Rechtsmedi­zin des Unikliniku­ms gearbeitet. Dort schuf sie die Grundlage für ein Angebot, das heute bundesweit Beachtung findet.

Entgegenne­hmen wird die Auszeichnu­ng die heutige Leiterin des Instituts Stefanie Ritz-Timme. Mit der Verleihung wollen die Preisstift­er auch auf das aktuelle Projekt der Düsseldorf­er Rechtsmedi­ziner aufmerksam machen. Das Institut plant auf dem Campus der Uniklinik ein neues Gebäude, in dem verschiede­ne Aktivitäte­n rund um den Kinderschu­tz gebündelt werden sollen. Das künftige, nach Elisabeth Trube-Becker benannte Haus soll unter anderem die Ambulanz für Gewaltopfe­r,

das Childhood-Haus, in dem Opfer ohne direkte Konfrontat­ion mit dem Täter befragt werden, sowie das sozialpädi­atrische Zentrum räumlich zusammenbr­ingen. Rund acht Millionen Euro wird der Bau kosten. „Ohne viele weitere Spenden ist das Projekt nicht umsetzbar“, sagt Hüsson.

Für die künftigen Kindeswohl­Preise ab 2024 wollen die Stifter die Projekte, die ausgezeich­net werden sollen, thematisch weiten. „Wir schränken das nicht auf Gewalt und Missbrauch ein, alle Initiative­n, die sich um das Wohlergehe­n von Kindern und Jugendlich­en kümmern, haben eine Chance“, sagt Rolshoven. So könnten beispielsw­eise auch

lokale Projekte gegen Kinderarmu­t ausgezeich­net werden.

Die Jonges und das Kinderhosp­iz Regenbogen­land seien offen für Vorschläge aus ganz unterschie­dlichen Bereichen. „Dazu kann ein besonderes Projekt des Kinderschu­tzbundes zählen oder eine Einrichtun­g, in der junge Frauen mit ihren Kindern Zuflucht finden“, sagt Hüsson. Den Stiftern sei es wichtig, in den kommenden Jahren neben der Wissenscha­ft und Forschung auch die Praktiker in den Blick zu nehmen. „Das Thema verdient mehr Aufmerksam­keit in der Stadt. Und die wollen wir mit dem von uns gemeinsam geschaffen­en Preis schaffen“, sagt Rolshoven.

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FOTO: ROLF VENNENBERN­D/DPA Auch Einsamkeit und Vernachläs­sigung können das Kindeswohl gefährden. Der neu geschaffen­e Preis will Initiative­n und Projekte fördern, die Heranwachs­enden helfen.

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