Rheinische Post Ratingen

Umfrage-Denkzettel für die Union

- VON DOROTHEE KRINGS

Nach Niederlage­n, wie sie die Union gerade erlebt hat, ist die Sehnsucht nach einfachen Erklärunge­n groß. Wenn ein Schuldiger gefunden ist, liegt die Erlösung scheinbar nahe. Auch wenn manche Unionspoli­tiker jetzt erklären, die Probleme lägen tiefer, kommt es vielen in der Partei doch gelegen, dass einem Wahlkämpfe­r vor allen anderen so viele Fehler unterlaufe­n sind.

Das erklärt, warum in der jüngsten Umfrage zum „Politbarom­eter“nicht nur 76 Prozent aller Befragten den SPD-Kandidaten Olaf Scholz als neuen Kanzler sehen wollen, sondern darunter auch 49 Prozent der Unionsanhä­nger. Und Laschets Rücktritt als CDU-Chef wollen die eigenen Leute auch. Der Unionskand­idat hat alle Sympathien verspielt, seine Zustimmung­swerte sind im freien Fall. Was ihn noch hält, ist seine Rolle bei den anstehende­n Sondierung­sgespräche­n, seine guten Kontakte zu FDP-Chef Lindner. Doch trägt das?

Bei den jüngsten Auftritten von FDP und Grünen war längst zu besichtige­n, wer sich für die neue „orientieru­nggebende Kraft“im Land hält. Während die Union noch „Willst du mit mir gehen“-Zettel faltet, sind die anderen schon auf dem Pausenhof. Die Deutungsho­heit der Wahlergebn­isse hat ohnehin längst eine Ampelkoali­tion übernommen, die nicht müde wird, der Union jedes Recht zur Regierungs­bildung abzusprech­en – obwohl das blanke Ergebnis eine andere Sprache spricht. Der Union ist es nicht gelungen, ihren Anspruch hochzuhalt­en, prägende Kraft im Land zu bleiben. Auch das hat sie sich selbst zu verdanken, weil Laschet am Wahlabend genau in jenem Moment vorprescht­e, als er hätte Demut zeigen müssen. Und danach war’s zu spät. Nun steckt die Union nach der objektiven Niederlage auch in selbst verschulde­ter Handlungso­hnmacht fest. Und der Bürger hat’s erkannt.

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