Kritik an den Lockerungen
BERLIN (jd/jw) In mehreren Bundesländern sind Corona-Beschränkungen beendet worden, im Saarland ist auch die Maskenpflicht an Schulen gefallen. Berlin steht vor demselben Schritt. Die Virologin Melanie Brinkmann vom Braunschweiger Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung hat das als verfrüht kritisiert. „Wenn man etwas abschaffen möchte, dessen Nutzen wissenschaftlich erwiesen ist und das fast nichts kostet, kann man das machen. Frage ist nur, ob es klug ist“, sagte Brinkmann unserer Redaktion. „Bei der hohen Anzahl an Nicht-Geimpften, und hierzu zählen die Kinder, halte ich diese Entscheidung für verfrüht – und ehrlich gesagt auch für ziemlich dumm“, kritisierte die Virologin.
Auch das Robert-Koch-Institut (RKI) warnt für Herbst und Winter vor einem Anstieg der Infektionszahlen. Das schreibt das RKI in seinem Wochenbericht. Als Gründe werden insbesondere eine „noch immer große Zahl“ungeimpfter Menschen und die Zunahme von Kontakten in Innenräumen angeführt.
Seit einigen Wochen haben sich die Ansteckungen hierzulande wieder rückläufig entwickelt. Das erklärten Fachleute unter anderem mit dem Rückgang des Reisens nach den Sommerferien. Das RKI weist im Bericht außerdem darauf hin, dass die erreichte Impfquote, das vielerorts noch recht milde Wetter und die noch geltenden Maßnahmen in vielen Bereichen eine Rolle spielen könnten.
Mehrere Bundesländer nahmen den positiven Trend der Corona-Warnwerte zum Anlass, Beschränkungen auslaufen zu lassen oder deren Ende in Aussicht zu stellen. In Nordrhein-Westfalen gilt beispielsweise keine Maskenpflicht im Freien mehr; in Fußballstadien, bei Konzerten und anderen Großveranstaltungen ist wieder mehr Publikum zugelassen. Stehplätze dürfen allerdings nur zur Hälfte belegt werden und nur dann, wenn auf Gängen eine medizinische Schutzmaske getragen wird. Im Saarland ist das Tanzen in Clubs wieder möglich. Nach einer neuen Corona-Verordnung fallen praktisch alle Einschränkungen für Geimpfte, Genesene und Getestete in dem Bundesland weg.
Das Coronavirus geht derzeit besonders stark bei Kindern ab dem Vorschulalter und Jugendlichen bis 19 Jahren um. Die höchste Sieben-Tage-Inzidenz von allen Altersgruppen verzeichnet das RKI für die Zehnbis 14-Jährigen mit 168 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner in der vergangenen Woche. Es folgen Kinder zwischen fünf und neun Jahren (139). Gegen Covid-19 geimpft werden kann bisher ab einem Alter von zwölf Jahren. In den Gruppen ab 60 Jahren liegen die Sieben-Tage-Inzidenzen unter 50.
Auf Fernzug-Fahrgäste kommen vorerst keine neuen Nachweispflichten zum Corona-Schutz zu. Die Bundesregierung erklärte, die Einführung einer 3G-Regel in ICE und Intercity werde beim jetzigen Stand der Pandemie derzeit nicht weiterverfolgt.