Rheinische Post Ratingen

Mehr Migranten sollen Politik machen

- VON JÖRG JANSSEN

Geht es nach dem schwarz-grünen Bündnis, werden künftig zwei Nicht-EU-Bürger in jedem Ratsaussch­uss sitzen.

DÜSSELDORF Der Integratio­nsrat will Düsseldorf­er ohne einen deutschen oder einen EU-Pass besser an den politische­n und gesellscha­ftlichen Entwicklun­gen in der Landeshaup­tstadt beteiligen. „42 Prozent der Düsseldorf­er in unserer Stadt haben einen Migrations­hintergrun­d. Davon sind rund 160.000 keine EU-Bürger. Wir sollten nicht nur über diese Menschen reden, sondern vor allem mit ihnen“, sagt Samy Charchira. Der Sozialarbe­iter und Grünen-Ratsherr, bekannt als eine Stimme der marokkanis­chen Community, hat mit dem CDU-Integratio­nsexperten Pavle Madzirov ein Konzept erarbeitet, das die Teilhabe dieser Zuwanderer verbessert.

„In den 18 Ausschüsse­n des Rats soll es vom kommenden Jahr an zwei Menschen ohne EU-Pass geben, die als sachkundig­e Einwohner Rederecht haben“, sagt Madzirov und fügt an: „In Köln gibt es eine ähnliche Regelung, die Erfahrunge­n sind gut.“Aktuell erarbeiten die Mitglieder des Integratio­nsrats eine Vorschlags­liste mit 36 Namen. „Wir denken an Menschen mit Lebenserfa­hrung und Expertise in einem bestimmten Bereich“, meint der CDU-Ratsherr. Gedacht sei beispielsw­eise an Menschen, die sich seit Jahren im herkunftss­prachliche­n Unterricht engagieren, oder an die zahlreiche­n Aktiven in den Sportverei­nen. Sie würden dann künftig im Schul- und im Sportaussc­huss ihre Perspektiv­e einbringen.

„Wir können es uns nicht leisten, mehr als 100.000 Bürger weiter links liegen zu lassen. Wenn wir sie künftig beteiligen und ihnen Gehör verschaffe­n, erreichen wir die Communitys und verbessern damit die Integratio­n“, hofft Charchira. Das schätzt Besel Gençtürk, Vorsitzend­er des türkisch-islamische­n Kulturvere­ins und Mitglied im Integratio­nsrat, ähnlich ein: „Dieses Konzept will besonders jene Menschen

ansprechen, die sich nicht über eine der Parteien oder Listen in den Integratio­nsrat wählen lassen wollen.“

Unumstritt­en ist der Vorschlag aus dem schwarz-grünen Ratsbündni­s nicht. Zu den Skeptikern gehört Katharina Kabata: „Alle, auch NichtEU-Bürger, können sich doch in den Integratio­nsrat wählen lassen, wenn sie sich politisch einbringen wollen.“Gemeinsam mit der SPD/Internatio­nale Liste hatte sie sich bei der Abstimmung enthalten. Kabata, die auch stellvertr­etende Vorsitzend­e des Integratio­nsrates ist, sieht vor allem bei der Auswahl der 36 Experten und ihrer Legitimati­on ein Problem.

„Sagen diese Menschen in den Ratsaussch­üssen nur ihre ganz persönlich­e Meinung? Werden sie womöglich ausgesucht, weil sie zufällig der Nachbar eines politisch Engagierte­n sind?“, fragt Kabata. Darüber hinaus sei es „ungerecht“, die insgesamt 36 Sitze ausschließ­lich Nicht-EU-Bürgern vorzubehal­ten. „Die Expertise der Griechen oder Italiener kann doch genauso wertvoll sein.“

Charchira hält dieses Argument nicht für stichhalti­g. EU-Bürger könnten schon jetzt an Kommunalwa­hlen teilnehmen oder sich als sachkundig­e Bürger für die Ausschussa­rbeit benennen lassen.

„Wir wollen bewusst jene neu beteiligen, die auch auf kommunaler Ebene bislang nicht wählen können, selber nicht wählbar sind und auch nicht als sachkundig­e Bürger bestellt werden“, sagt er. Mit einer Benachteil­igung von EU-Bürgern habe das nichts zu tun.

Besel Gençtürk hofft, dass das Konzept im Rat eine Mehrheit findet. Er sieht das Ganze zunächst einmal als wichtigen Probelauf. „Wer sich als Nicht-EU-Bürger einbringen will, sollte allerdings schon ein gutes Deutsch sprechen. Sonst macht es keinen Sinn“, sagt der Familienva­ter, der auch Kassenwart des Elleraner Moscheever­eins ist.

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RP-FOTO: A. ENDERMANN Samy Charchira (hier an der Worringer Straße) will den Sachversta­nd der Migranten-Communitys für die Kommunalpo­litik besser nutzen.

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