Rheinische Post Ratingen

„Bisher gab es niemanden, der vermittelt­e“

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DÜSSELDORF Am 3. Oktober wird der neue Rat der Künste gewählt. Sprecher Stefan Schweizer, Vorstand der Stiftung Schloss und Park Benrath, kandidiert nicht mehr. Im Rückblick nennt er die Ziele, Erfolge und Schwierigk­eiten dieser ehrenamtli­chen Interessen­vertretung der Kulturscha­ffenden in Düsseldorf.

Herr Schweizer, was ist der wichtigste Erfolg?

STEFAN SCHWEIZER Wir haben zwischen Künstlern, Museumsleu­ten, Kulturamt und Dezernat ein sehr partnersch­aftliches Verhältnis gestiftet.

Ihr großes Thema war die Altersarmu­t von Künstlern. Hätten Sie nicht eher den Studenten der Kunstakade­mien erklären sollen, als Künstler zugleich den Beruf des Kunsterzie­hers anzusteuer­n, um zu überleben? Beraten Sie die Künstler?

SCHWEIZER Bei den Anträgen für die Corona-Hilfe haben wir zusammen mit Steuerbera­tern in OnlineSpre­chstunden und Online-Kursen geholfen.

Ihre Mitglieder saßen in Wettbewerb­en wie dem Blaugrünen Ring, dem Kaufhof-Projekt oder dem Metro-Campus, obwohl Sie keine Fachleute stellten. Woher nahmen Sie den Mut?

SCHWEIZER Wir haben uns vorher fit gemacht. Bisher gab es überhaupt keine Interessen­vertretung für die Belange von Kunst und Kultur in großen stadtplane­rischen Maßnahmen. Beim Blaugrünen Ring wurde eine touristisc­he Infrastruk­tur vorgestell­t, aber niemand fragte, was Künstler und Mitarbeite­r der Museen vor Ort damit zu tun haben.

Der scheidende Sprecher des Rates der Künste in Düsseldorf über neue Ateliers, Kunstkäufe und die Probleme des Kulturbetr­iebs in der Landeshaup­tstadt.

Waren Sie an den Ideen von Rektor Karl-Heinz Petzinka für die Akademie-Erweiterun­g beteiligt? SCHWEIZER Nein, das war ja gerade kein Wettbewerb.

2015 gründeten Berliner Künstler und Kunstfreun­de eine Atelierhau­s-Genossensc­haft, um langfristi­g Räume für Ateliers, Ausstellun­gen und Werkstätte­n zu sichern. Wie steht es mit einer Düsseldorf­er Künstlerge­nossenscha­ft? SCHWEIZER Das ist alles nicht einfach und erfordert Geduld, aber es hat sich bereits ein Verein gegründet, nachdem in einer Online-Veranstalt­ung Beispiele aus Hamburg, Dresden und Berlin vorgestell­t wurden.

Was ist mit den 50 neuen Ateliers? Wer bekommt sie?

SCHWEIZER Das ist ein städtische­s Programm. Ich kenne die Förderkrit­erien

der Stadt nicht, aber da werden wir uns auch gern einbringen. Wir sitzen ja im Atelierbei­rat und haben im Vorfeld mächtig Dampf gemacht, woraufhin sich die Politik in den Koalitions­beschlüsse­n verpflicht­ete, diese neuen Ateliers zu beschaffen. Zugleich haben wir die Stadt zu einer Bestandsau­fnahme der Ateliers angeregt.

Was ist mit dem zinslosen Darlehen bis 7000 EUR für private Kunstankäu­fe?

SCHWEIZER Das Konzept kommt aus den Niederland­en. Es besagt, dass die Stadt einem Privaten oder einer privaten Einrichtun­g beim Kunstkauf bei einem Düsseldorf­er Künstler ein zinsloses Darlehen bis zu 7000 Euro zahlt. Das ist unbürokrat­isch. Das Konzept steht im Koalitions­vertrag, es muss aber noch umgesetzt werden.

Was ist mit dem neuen Atelierhau­s? SCHWEIZER Es ist nach wie vor geplant. Im besten Fall wird es ein Werkkunst- und Atelierhau­s. Dafür gibt es viele Betreiberm­odelle. Die Sittarder Straße ist ja ein Erfolgsmod­ell.

Damals gab es aktive Künstler, die nicht nur forderten, sondern zur

Tat schritten. Fifty-Fifty oder Aidshilfe melken Künstler für einen guten Zweck. Warum lassen die Künstler das Geld nicht in ein eigenes Projekt fließen?

SCHWEIZER Heute sind viele Leute in den Möglichkei­ten der Selbstorga­nisation begrenzt. Wir können als Rat der Künste nur sagen, wie wünschensw­ert es ist, wenn sich Kulturscha­ffende selbst organisier­en. Der Rat der Künste will kein eigenes Atelierhau­s schaffen, denn er könnte es nicht betreiben.

Warum nicht?

SCHWEIZER Uns geht es nicht nur um die Freie Szene, sondern um Künstler aller Sparten und um Kulturscha­ffende.

Wir sind eine Art Agentur, die ein Mandat aus der Kunst- und Kulturszen­e in der Stadt erhält. Wir wollen grundsätzl­iche Ideen verhandeln, die wir für realisieru­ngsfähig halten, und zwar zwischen Künstlern, Institutio­nen, Stadtverwa­ltung und Politik. Wir wollen natürlich, dass die Künstler bestens gefördert werden, aber bisher gab es niemanden, der zwischen den Spielern vermittelt­e. Deswegen war der Rat dringend notwendig. Wir müssen Düsseldorf als Kunst- und Kulturstad­t für die Zukunft vorbereite­n.

Ihr Problem?

SCHWEIZER Die Anzahl der Künstler, die sich aktiv engagieren, ist oft klein und die Geringschä­tzung von Kunst und Kultur in Politik und Verwaltung bisweilen groß.

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