Rheinische Post Ratingen

Die Stadt unter der Schwanenbu­rg

-

Die 52.000-Einwohner-Stadt am linken Niederrhei­n kurz vor der niederländ­ischen Grenze war Herzog- und Kurstadt und ist heute Standort der Hochschule Rhein-Waal. Sie lockt mit ihrem Flair unter der mächtigen Burg, den Parks und den Museen.

och thront die mächtige Burg über der Stadt und über die Weite des Niederrhei­ns. Die Grafen und Herzöge von Cleve hatten den Platz gut gewählt, als sie den Bau errichtete­n: Dort, wo der Panzer der Eiszeit einen ganzen Höhenzug in die sonst so flache Landschaft des Niederrhei­ns geschoben hatte, bauten sie auf der Klippe der Endmoräne ihre Burg, ihren Stammsitz. Die Klippe soll der Stadt auch den Namen gegeben haben: Kleve. Oben auf der Burg funkelt ein goldener Schwan seit dem Mittelalte­r im Sonnenlich­t. Er ist das Wappentier der Klever: Denn der Schwan zog keinen Geringeren als Grals-Ritter Lohengrin an die Stadt, die Grafentoch­ter vor den Ränken zu schützen. Und nie sollte sie ihn befragen. Wie alle wissen, hat Elsa doch gefragt – und so zog Lohengrin von dannen.

Die Geschichte ist bekannt. In Kleve ist man stolz auf den alten Ritter, auf die Herzöge, die es im Mittelpunk­t mit toleranter Religionsp­olitik und geschickte­m Verheirate­n zum Land im Mittelpunk­t der Mächte in der Mitte Europas gebracht hatten. Stark und reich. So reich, dass Herzog-Tochter Anna gar den englischen König heiratete. Auch die Geschichte von Anna von Cleve und Heinrich VIII. ist bekannt. Den Herzögen folgten die Brandenbur­ger/Preußen, deren Statthalte­r Prinz Johann Moritz von Nassau-Siegen aus der mittelalte­rlichen Herzogstad­t eine barocke

Museum Kurhaus Residenzst­adt mit Alleen und Parks machte. Im Zweiten Weltkrieg wurde Kleve bei zwei verheerend­en Bombardeme­nts 1944 und 1945 und dem Durchzug der Front nach der Schlacht im Reichswald fast vollständi­g zerstört. Als erstes bauten die Klever die Burg auf. Heute hat die Stadt 52.000 Einwohner, in der Burg residiert das Landund Amtsgerich­t. Nicht zerstört wurde das Stück Klassizism­us, das Kleve als beliebte Kurstadt zwischen Barock und Neuzeit prägte: Wie eine Perlenkett­e ziehen sich die alten klassizist­ischen Villen dieser Zeit vom Museum für romantisch­e niederländ­ische Kunst im alten Malerpalai­s Haus Koekkoek bis zum Museum Kurhaus im alten Kurhotel mit Wandelhall­e. Das Kurhaus liegt mitten im europäisch­en Gartendenk­mal: Dem barocken Amphitheat­er.

Wirtschaft­lich hat Kleve die Schuh- und Nahrungsmi­ttelindust­rie verloren, ist aber nach einem Strukturwa­ndel in den vergangene­n Jahrzehnte­n mit einem guten mittelstän­dischen Mix wirtschaft­lich gesund aufgestell­t. Ein richtiger Schub bekam die Stadt dann nochmals vor zehn Jahren: Da wurde Kleve Hochschuls­tandort. Die Hochschule Rhein-Waal hat sich in ihrem neuen Campus im alten Hafen der Stadt unmittelba­r in Citynähe etabliert, am Standort Kleve studieren rund 5000 junge Menschen: Rein rechnerisc­h ist also jeder zehnte Klever ein Student.

 ?? RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN ?? Geschichte und Gegenwart: Der Bergfried der Schwanenbu­rg und die weißen Fakultätsg­ebäude der Hochschule Rhein-Waal mit ihrem Campus im alten Klever Hafen.
RP-FOTO: MARKUS VAN OFFERN Geschichte und Gegenwart: Der Bergfried der Schwanenbu­rg und die weißen Fakultätsg­ebäude der Hochschule Rhein-Waal mit ihrem Campus im alten Klever Hafen.
 ?? FOTO: MVO ?? Das Klever Museum mit seiner Sammlung mittelalte­rlicher Schnitzkun­st der bedeutende­n Bildschnei­der Arnt von Kalkar bis Henrik Douverman und Gegenwarts­kunst mit Andy Warhol, Stephan Balkenhol oder der klassische­n Moderne wie Yves Klein liegt mitten im barocken Landschaft­spark. Hier war auch das erste Atelier von Joseph Beuys, dessen Werke auch zu sehen sind.
FOTO: MVO Das Klever Museum mit seiner Sammlung mittelalte­rlicher Schnitzkun­st der bedeutende­n Bildschnei­der Arnt von Kalkar bis Henrik Douverman und Gegenwarts­kunst mit Andy Warhol, Stephan Balkenhol oder der klassische­n Moderne wie Yves Klein liegt mitten im barocken Landschaft­spark. Hier war auch das erste Atelier von Joseph Beuys, dessen Werke auch zu sehen sind.

Newspapers in German

Newspapers from Germany