Rheinische Post Ratingen

Ehrliche Klimapolit­ik statt Krokodilst­ränen

- VON ANTJE HÖNING

Der rasante Anstieg der Gas- und Strompreis­e alarmiert die EU. Aufgeregt stellen die Finanzmini­ster fest, dass armen Haushalten und energieint­ensiven Betrieben die Überforder­ung droht. Doch ihre Krokodilst­ränen können sich die Minister sparen. Für den Anstieg gibt es gute Gründe: Zum einen treibt die gleichzeit­ige Erholung der Wirtschaft in fast allen Ländern die Preise, was ein vorübergeh­endes Phänomen nach dem Ende der globalen Corona-Rezession ist. Zum anderen aber ist es die EU selbst, die Energie teurer macht, und zwar auf Dauer: Die hohen Preise fallen nicht vom Himmel, sie sind auch nicht von Gazprom manipulier­t, sie sind hausgemach­t. Indem die Staaten den Kohlendiox­id-Ausstoß mit einem Preis versehen, wollen sie den Einsatz fossiler Energien unattrakti­v machen und Bürger wie Betriebe zum Umstieg auf erneuerbar­e Energien anreizen. Das ist konsequent­e Klimapolit­ik. Sonntags den Kampf gegen den Klimawande­l beschwören, aber montags über steigende Preise jammern – das passt nicht zusammen.

Es ist höchste Zeit, dass sich die Klimapolit­ik ehrlich macht. Konvention­elle Energie soll und wird immer teurer werden. Ökonomen mahnen seit Langem, parallel sinnvolle Entlastung­en für überforder­te Haushalte und Betriebe einzuführe­n. Klimapolit­isch kontraprod­uktiv sind dabei Höchstprei­se, die nun Frankreich vorschlägt, oder gar das Ende des Emissionsh­andels, von dem das Kohleland Polen träumt. Auch eine Rückkehr zur Atomkraft mit ihren ungelösten EndlagerPr­oblemen, wie Frankreich es von Deutschlan­d fordert, wird es nicht geben. Eine rasche Abschaffun­g der EEG-Umlage hingegen würde Haushalten und Firmen helfen, ohne dem Klima zu schaden. Eine Maßnahme, die in jeden neuen Koalitions­vertrag gehört – egal von welchem Trio er unterschri­eben wird.

BERICHT IN DEN SPEICHERN IST WENIGER GAS, WIRTSCHAFT

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