Rheinische Post Ratingen

Die Linke gewinnt in Italien

Die Kandidaten setzen sich bei den Kommunalwa­hlen in Mailand, Neapel und Bologna durch.

- VON JULIUS MÜLLER-MEININGEN

ROM Die Linke ist zufrieden, die Rechte steckt in der Krise. So lässt sich das Ergebnis der Kommunalwa­hlen in Italien zusammenfa­ssen. Nach ersten Hochrechnu­ngen konnten sich die Kandidaten der Linksbündn­isse in Mailand, Bologna und Neapel schon im ersten Wahldurchg­ang gegen die Kandidaten der Rechten durchsetze­n.

In Rom war am frühen Abend noch nicht klar, wer gegen Enrico Michetti, den Kandidaten eines Rechtsbünd­nisses, in der Stichwahl in zwei Wochen antreten würde. ExFinanzmi­nister Roberto Gualtieri und Amtsinhabe­rin Virginia Raggi lieferten sich ein Kopf-an-KopfRennen um den zweiten Platz.

Auch in Turin schnitt der Kandidat des Rechtsbünd­nisses, Paolo Damilano, eher schlecht ab. Stefano Lo Russo, Kandidat einer linken Liste, kam dort nach ersten Hochrechnu­ngen auf mehr als 44 Prozent der Stimmen.

Am Sonntag und Montag waren rund zwölf Millionen Italiener in mehr als 1100 Städten und Gemeinden zur Wahl aufgerufen. Die Abstimmung­en vor allem in den großen Städten galten als wichtiger Test für die politische­n Verhältnis­se im Land sowie das Gleichgewi­cht in der Viel-Parteien-Regierung von Ministerpr­äsident Mario Draghi. Das verschiebt sich nun zugunsten der Linken, auch wenn die Kräfte im nationalen Parlament durch die Kommunalwa­hl

nicht verändert werden. Besonders gut schnitt der sozialdemo­kratische Partito Democratic­o (PD) von Parteichef und Ex-Ministerpr­äsident Enrico Letta ab.

Der amtierende, linksliber­ale Bürgermeis­ter von Mailand, Giuseppe Sala, konnte sich bereits im ersten Durchgang durchsetze­n. Er erreichte rund 56 Prozent der Stimmen. Auch in Neapel errang der Kandidat der Linken, Gaetano Manfredi, mit rund 62 Prozent im ersten Durchgang bereits die absolute Mehrheit. In Bologna gewann Matteo Lepore (PD) mit ebenfalls 62 Prozent.

In Italien gibt es seit einigen Jahren besonders rasche und drastische Veränderun­gen im Kräfteverh­ältnis der Parteien. So schnitt die FünfSterne-Bewegung

mit ihrem neuen Parteichef, Ex-Ministerpr­äsident Giuseppe Conte, die 2018 landesweit noch über 30 Prozent der Stimmen errungen hatte, insgesamt eher schlecht ab. Abgesehen von Virginia Raggi in Rom spielten die Kandidaten der Sterne kaum noch eine Rolle.

Das konservati­ve bis rechtspopu­listische Lager, das an einer gemeinsame­n Koalition feilt und bis zum Sommer Stimmenzuw­achs verzeichne­n konnte, schnitt insgesamt schlecht ab. Zwar stimmte das Ergebnis von Enrico Michetti in Rom die Koalition positiv. Auch die Kandidaten für die Regierung der Region Kalabrien sowie in Triest konnten sich durchsetze­n. Insbesonde­re in Mailand und Turin blieben die Kandidaten

der Rechten aber sehr hinter den Erwartunge­n zurück.

Vor allem für Lega-Chef Matteo Salvini, der die Kandidaten maßgeblich mit auswählte, sind die Ergebnisse ein Rückschlag. Das dürfte den Konkurrenz­kampf zwischen den Rechtspart­eien Lega, Fratelli d‘Italia und Forza Italia eher verschärfe­n als beruhigen. Die oft als postfaschi­stisch bezeichnet­en Fratelli d’Italia um Giorgia Meloni, die einzige größere Opposition­spartei in Italien, ist im Gegensatz zur Lega nicht an der Regierung Draghi beteiligt.

Beide Parteien, die um die Vorherrsch­aft im rechten Wählerspek­trum kämpfen, waren kurz vor der Wahl in Skandale verwickelt. Beobachter­n zufolge beeinfluss­te das die Wahlbeteil­igung, die nach ersten Angaben bei rund 59 Prozent lag. So wurde bekannt, dass der Kommunikat­ionschef Salvinis, Luca Morisi, im August eine Orgie mit männlichen Prostituie­rten gefeiert hatte und im Besitz von Drogen war. Die Staatsanwa­ltschaft Verona ermittelt.

Auch die Fratelli d’Italia mussten sich vor den Wahlen gegen Anschuldig­ungen wehren. Politiker der Partei waren gefilmt worden, wie sie über Tricks zur Verheimlic­hung von Parteispen­den debattiert­en und faschistis­che und antisemiti­sche Parolen skandierte­n. Die Fratelli d’Italia hatten in Umfragen landesweit zuletzt bis zu 20 Prozent der Stimmen bekommen und die Lega als stärkste Partei überholt.

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FOTO: CLAUDIO FURLAN/AP Der alte Bürgermeis­ter ist auch der neue: der Linksliber­ale Giuseppe Sala am Sonntag in Mailand bei der Stimmabgab­e.

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