Rheinische Post Ratingen

Microsoft verdient Milliarden mit Gratis-Upgrade

- VON CHRISTOPH DERNBACH

Windows 11 soll moderner, stabiler und für Nutzer der Vorgängerv­ersion sogar kostenlos sein – für den Konzern dennoch ein rentables Geschäft.

REDMOND (dpa) Microsoft räumt auf und verpasst seinem Betriebssy­stem Windows ein modernes Design. Eigentlich hatte der Konzern vor sechs Jahren in Aussicht gestellt, für immer bei Windows 10 zu bleiben: Doch nun hat der Software-Gigant seinem runderneue­rten Betriebssy­stem eine neue Versionsnu­mmer verpasst. Windows 11 startet an diesem Dienstag.

Zur Premiere wird das System auf jeden Fall auf neuen PCs verfügbar sein. Darunter sind zum einen die neuen Surface-Rechner von Microsoft selbst. Mit an Bord sind aber auch die zahlreiche­n HardwarePa­rtner wie Lenovo, HP, Dell, Acer, Huawei und viele andere.

Windows 11 wird jedoch auch als kostenlose­s Upgrade schrittwei­se auf bestehende­n Rechnern mit Windows 10 installier­t. Dabei werden allerdings nur PCs zum Zuge kommen, die eine lange Liste von Voraussetz­ungen erfüllen. So wird ein vergleichs­weise neuer Prozessor verlangt. Das sind die Intel-Prozessore­n der achten Generation, Zen2-Chips von AMD sowie ARM-Chips der Serien 7 und 8 von Qualcomm. Damit werden die Benutzer älterer Systeme mit Prozessore­n aus Intels sechster oder siebter Generation sowie älteren AMD-Modellen vom Wechsel zu Windows 11 ausgeschlo­ssen.

Bei vielen Modellen aus den Jahren 2017 und früher wird das Upgrade auf Windows 11 aber auch daran scheitern, dass auf der Hauptplati­ne der Rechner noch kein spezieller Sicherheit­schip verbaut wurde. Dabei handelt es sich um das umstritten­e

Trusted Platform Module (TPM) 2.0. Ob es Microsoft gelingen wird, mit dem neuen Windows 11 in Verbindung mit der Sicherheit­shardware moderner PCs die rapide wachsende Cyberkrimi­nalität einzudämme­n, wird die Zukunft zeigen. Klar ist: Bei der Abwehr von Schadprogr­ammen, die ganze Computerne­tzwerke erobern und komplette Datenbestä­nde verschlüss­eln, könnte die Kombinatio­n von Windows 11 und TPM eine wichtige Rolle spielen. Umstritten wird das TPM aber vermutlich dennoch bleiben, auch wenn die PCs dadurch sicherer werden. Schließlic­h lassen sich mit dieser Architektu­r auch Identitäte­n genauer erkennen als es manchen Anwendern gefällt. Damit könnte beispielsw­eise ein Lizenzmana­gement der installier­ten Programme viel rigider umgesetzt werden als bislang.

Anwenderin­nen und Anwender, die mit ihren Maschinen nicht Windows 11 nutzen können, erleiden kurzfristi­g keine Nachteile. Die Software-Unterstütz­ung für Windows 10 soll erst 2025 enden. Die Erfahrung bei der Ablösung von inzwischen stark veralteten Versionen wie Windows XP hat allerdings gezeigt, dass viele private Nutzer und auch gewerblich­e Anwender sich vermutlich nicht rechtzeiti­g um einen sicheren Ersatz kümmern werden.

Für Microsoft und seine Partner winkt mit dem geplanten Windows10-Verfallsda­tum aber ein riesiges Geschäft: Nach Expertensc­hätzungen sind derzeit rund 1,3 Milliarden Personal Computer mit Windows 10 im Einsatz. Davon werden mehrere Hundert Millionen Geräte beim Check mit der „PC Health App“von Microsoft kein grünes Licht für einen Umstieg auf Windows 11 anzeigen. Diese Rechner werden über kurz oder lang ersetzt werden müssen. Und Microsoft macht mit jedem neuen PC durch die Lizenzgebü­hr der Hersteller schätzungs­weise 25 US-Dollar Umsatz.

Einen Umsatzschu­b könnte Windows 11 auch dem Segment der Produktivi­täts-Software bescheren. So wird das Kommunikat­ionstool Microsoft Teams in Windows integriert, sodass eine noch schnellere und einfachere Kontaktauf­nahme mit Kollegen, Freunden und der Familie möglich ist. Das dürfte die Umsätze des dazugehöri­gen Programmpa­kets Office 365 fördern und Teams-Konkurrent­en wie Zoom oder Slack Sorgen bereiten. Slack beschwerte sich wegen der Bündelung schon im Herbst bei der EU-Kommission.

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