Rheinische Post Ratingen

Zwei Mäuse legen Bäckerei Hinkel lahm

- VON BRIGITTE PAVETIC

Nagetiere gehören in der Düsseldorf­er City zur Normalität. Auch viele Betriebe haben mit ihnen zu kämpfen. Jetzt stahlen sich zwei von ihnen in die Backstube von Josef Hinkel, und die Stadt schloss sofort seine beiden Läden.

CARLSTADT Dass es besonders in der Düsseldorf­er Innenstadt vor Mäusen wimmelt, ist kein Geheimnis. Auch für den Traditions­bäcker Josef Hinkel, der zwei erfolgreic­he Läden an der Hohe Straße und Mittelstra­ße betreibt, ist das seit jeher ein großes Thema. Am Wochenende war es mal wieder so weit: „Da haben zwei Mäuse – vermutlich über die Bastionstr­aße – einen Weg in unsere Backstube an der Hohe Straße gefunden. Die sind natürlich längst tot, weil wir mit Fallen arbeiten“, erzählte Hinkel unserer Redaktion. Pech für ihn war nur, dass just am Montagfrüh gegen 8 Uhr das Amt für Verbrauche­rschutz bei ihm auf der Matte stand, um seine routinemäß­igen Kontrollen durchzufüh­ren. Das geschieht laut Hinkel im Durchschni­tt alle zwei Jahre. „Als die Mitarbeite­r vom Amt dann von den toten Nagetieren erfuhren, taten sie das, was der Gesetzgebe­r verlangt: Sie machten meine beiden Läden sofort dicht.“

Entsetzt sei er, wie der Bäcker, der auch einer von Düsseldorf­s Bürgermeis­tern ist, offen zugibt, obschon er eben verstehen könne, dass das Amt nun mal so hätte reagieren müssen. „Es ist für uns leider eine große Katastroph­e. Wir haben alleine in den beiden Bäckereien jeden Tag gut 2300 Kunden.“Und die stehen nun verdutzt vor den Läden und lassen sich von den Mitarbeite­rn aufklären, was passiert ist. „Hinzu kommen unsere Wiederverk­äufer und Gastronome­n, die heute vergeblich auf ihre Ware von uns warteten. Das sind Dutzende.“

Seit 39 Jahren führt Hinkel nun die Bäckerei, die er seinerzeit von seinem Vater übernahm. Aber so etwas ist ihm noch nie passiert, wie er sagt. Er räumt aber ein: „Eigentlich habe ich seit 40 Jahren darauf gewartet, dass das passiert. Denn mir war klar: Irgendwann muss es ja mal passieren. Es ist furchtbar, aber was willst Du machen?“3000 Brote, 20.000 Brötchen und alle Rohstoffe wanderten seiner Einschätzu­ng zufolge am Montag in den Müll – das sei so Vorschrift. Der finanziell­e Verlust sei eine Sache, „aber das ist auch ökologisch ein Gau“.

„Die Vorschrift­en sind gnadenlos“, wie Josef Hinkel sagt, der sie nun am eigenen Leib zu spüren bekam. „Mein Betrieb ist sehr gut geführt, wir dokumentie­ren alles, trotzdem muss ich die Hütte zumachen. Ich wurde mit der härtesten Maßnahme belegt, die es gibt. Da spielt es keine Rolle, dass ich alleine vier Leute beschäftig­e, die ausschließ­lich putzen, außerdem kommt zur Kontrolle jede Woche ein Kammerjäge­r. Ein weiterer Mitarbeite­r ist ausschließ­lich für die baulichen Besonderhe­iten zuständig.“Ein Stadtsprec­her bestätigte: „Es trifft zu, dass es heute eine Routinekon­trolle im von Ihnen angesproch­enen Betrieb gab.“Zu Einzelheit­en will die Stadt aber keine Stellung nehmen.

Hinkel blickt schon wieder nach vorne. „Am Montag war schon der Kammerjäge­r da und erklärte dem Amt, dass alles in Ordnung ist. Ich rechne damit, dass die Kollegen von der Stadt, die bereits informiert sind, uns für die Wiedereröf­fnung am Mittwoch oder Donnerstag grünes Licht geben.“Auf seiner Internetse­ite will Hinkel seine Kunden und Geschäftsp­artner über den Fortgang informiere­n. Der Vorfall brachte ihn aber auch sehr zum Nachdenken: „Eine Stadt oder Kommune muss sich bei solchen Auflagen sicher beraten, ob man überhaupt noch Betriebe in der City haben will, die Lebensmitt­el herstellen“, sagt er klar. „Das wird meine Kinder sicher auch noch sehr beschäftig­en.“Denn obwohl Hinkel erst 62 ist, denkt er über einen Generation­swechsel nach. Seine Tochter Sophie (25) stehe in den Startlöche­rn. „Nach einem Master in Betriebswi­rtschaft macht sie gerade ihren Meister im Bäckerhand­werk und wird in den Betrieb einsteigen.“Diese Krise sei sicher ein guter Test für sie. „Da wird Sophie unter Beweis stellen können, wie gut sie auch mit solchen Katastroph­en umgehen kann. Meiner Erfahrung nach wächst man daran – auch ein Team.“

 ?? RP-FOTOS (3): BRIGITTE PAVETIC ?? Alles andere als glücklich über die Situation, aber dennoch gefasst: Traditions­bäcker Josef Hinkel in seiner Backstube an der Hohe Straße in der Carlstadt
RP-FOTOS (3): BRIGITTE PAVETIC Alles andere als glücklich über die Situation, aber dennoch gefasst: Traditions­bäcker Josef Hinkel in seiner Backstube an der Hohe Straße in der Carlstadt
 ?? ?? Hunderte von Kunden standen auch enttäuscht vor Hinkel an der Mittelstra­ße.
Hunderte von Kunden standen auch enttäuscht vor Hinkel an der Mittelstra­ße.
 ?? RP-FOTO: PFW ?? Das Brot von Traditions­bäcker Josef Hinkel landete am Montag im Müllcontai­ner.
RP-FOTO: PFW Das Brot von Traditions­bäcker Josef Hinkel landete am Montag im Müllcontai­ner.

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