Rheinische Post Ratingen

Der letzte Auftritt für die Westhäkche­n

- VON ANDREA BINDMANN

Seit rund 30 Jahren nehmen Schüler des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums aktuelle Geschehnis­se kabarettis­tisch aufs Korn und haben sich als Westhäkche­n auch jenseits von Ratingen einen Namen gemacht. Jetzt naht der letzte Auftritt.

RATINGEN Das Bonni und die Kabarettgr­uppe Westhäkche­n sind untrennbar miteinande­r verbunden. Nach einigen Irrungen um einen Namen – 1989 traten die Schüler als Stichlinge auf, kurze Zeit später als New Fish on the Block – standen die Schüler schließlic­h seit 1992 als Westhäkche­n auf der Bühne. Aus der Taufe gehoben von Heiner van Schwamen, früher Lehrer am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium, eroberte die junge Truppe nach und nach nicht nur die Bühnen in Ratingen, sondern wetteifert­e auch mit Profis auf Festivals jenseits der Stadtgrenz­en um die Gunst der Zuschauer. Mit Erfolg. Die Westhäkche­n durften sich mehr als einen Preis ins Regal stellen.

Jetzt aber soll Schluss sein. Im November hebt sich ein letztes Mal der Vorhang für die so erfolgreic­he Schülertru­ppe. Uwe Florin, Schulleite­r am Bonni erklärt warum: „Seit drei Jahren ist Heiner van Schwamen, der die Gruppe betreut hat, in Pension. Solange an unserer Schule noch Bedarf bestand, stand er für einige Stunden pro Woche unter Vertrag.“Inzwischen sind Stellen jedoch neu besetzt, van Schwamen unterricht­et nicht mehr. „Aus der aktuellen Truppe besuchen noch drei Schüler das Gymnasium. Und auch diese stehen kurz vor dem Abitur“, ergänzt Marius Graf, Lehrer an der Schule. Spätestens, wenn diese Schüler ihren Abschluss in der Tasche haben, bedeutet dies das Aus für die Westhäkche­n. Neurekruti­erungen gibt es nicht.

Der Erfolg der Truppe hatte durchaus Strahlkraf­t für die Schule und für den Stadtteil: „Heiner van Schwamen wollte nicht nur die Schüler fördern, sondern auch West“, so Uwe Florin. 30 Jahre lang gab es jedes Jahr ein neues Programm, „immer aktuell“, so Florin. Viele ehemalige Mitglieder hielten auch nach ihrem Abitur und somit nach dem Ausscheide­n aus der Gruppe Kontakt. „Die Außenwirku­ng der Westhäkche­n war für die Schule sehr wertvoll, insbesonde­re mit Blick auf die Schülerwer­bung.“

Heiner van Schwamen kann das bestätigen. „Es gab Schüler, die zum Bonni kommen wollten, nur um Teil der Westhäkche­n zu werden.“Ein wenig traurig ist er schon, dass die Tage seines „Werkes“nun gezählt sind. „Ich habe zuletzt zwei siebte Klassen unterricht­et. Da gab es einige

Schüler, die ich gerne gefördert hätte. Schon ab der fünften Klasse habe ich immer genau hingeschau­t, wer Potenzial haben könnte.“

Die kreative Förderung der Schüler am Bonhoeffer-Gymnasium soll keineswegs ein Ende haben. Marius Graf, der van Schwamen schon ein Jahr lang bei der Betreuung der Westhäkche­n unterstütz­t hat, will auch künftig Kleinkunst in Arbeitsgem­einschafte­n etablieren. „Das kann Kabarett sein, aber auch musikalisc­h gefärbt. Denkbar wären auch Filmprojek­te“, so der Lehrer. Nach den Herbstferi­en will er nach Schülern

suchen, die Lust und Potenzial mitbringen. „Vielleicht haben wir schon im kommenden Jahr wieder eine Aufführung an der Schule“, hofft Florin.

Im Rahmen des Offenen Ganztags seien Arbeitsgem­einschafte­n unerlässli­ch, sagt auch Schulleite­r Florin. Das Bonni hat hier ein breit gefächerte­s Angebot auf die Beine gestellt. Es reicht von Computerun­d Forscher-AGs über Sport, Zirkus, Garten, eine Schreibwer­kstatt oder Kreatives. „Hier können Schüler ihre Stärken ausloten, Sozialkomp­etenz erwerben und Selbstbewu­sstsein

tanken.“Neben den Kenntnisse­n, die die Schüler in den jeweiligen Fächern erwerben, sollen diese Fertigkeit­en die jungen Leute stark machen für das Leben nach der Schule.

Van Schwamen fühlt sich derweil noch gar nicht als Pensionär. „Ich will nicht untätig sein“, sagt der leidenscha­ftliche Westler. Der letzte Auftritt der Westhäkche­n ist für ihn kein Abgesang, sondern vielmehr der Auftakt für ein neues Projekt. Tatsächlic­h sieht er in der Tatsache, dass sich jetzt eine Kabarett- oder Theatergru­ppe jenseits der Schule treffen kann, als Chance.

„Es gab immer Schüler, die Lust gehabt hätten, weiterzuma­chen“, so van Schwamen. Sie treffen sich derzeit regelmäßig im Kulturloft Am Sandbach. „Die Proben laufen schon“, verrät van Schwamen vielverspr­echend. War das Ensemble früher als Arbeitsgem­einschaft ausschließ­lich Schülern des Bonhoeffer-Gymnasiums vorbehalte­n, steht die Gruppe künftig allen offen, die künstleris­ch aktiv sein wollen.

„Wir schreiben eine neue Geschichte, wenn auch in veränderte­r Form“, so van Schwamen. „Ich bin nicht mehr Lehrer, sondern Regisseur und Ideengeber, auch wenn viel von den Mitglieder­n selbst kommt. Es gibt neue Impulse. Nur den Namen Westhäkche­n, den wird es nicht mehr geben.“Schulleite­r Uwe Florin hätte gar nichts dagegen, wenn van Schwamen dem Namen neues Leben einhauchen würde. Der ehemalige Bonni-Lehrer kann sich mit dem Gedanken nicht anfreunden. Ein neues Projekt soll auch einen neuen Namen tragen. Und so bleibt es dabei: Die Ratinger Westhäkche­n haben im November ihren letzten Auftritt.

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ARCHIVFOTO­S: ACHIM BLAZY In wechselnde­r Besetzung begeistert­en die Westhäkche­n – hier bei einer Probe im vergangene­n Jahr – die Zuschauer.
 ?? ?? Heiner van Schwamen gründete vor rund 30 Jahren die Westhäkche­n.
Heiner van Schwamen gründete vor rund 30 Jahren die Westhäkche­n.

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