Rheinische Post Ratingen

Viel Druck im Kessel

Die Grünen fühlen auch für Jamaika vor. Für Armin Laschet ist es die letzte Chance.

- VON HOLGER MÖHLE UND HAGEN STRAUSS

BERLIN Er will es. Sie wollen es: Rein in die Regierung. Aber wollen Armin Laschet sowie Annalena Baerbock und Robert Habeck auch rein in dieselbe? Der Ort passt zu dieser Vorsondier­ung von Union und Grünen: ein alter Gasometer in BerlinSchö­neberg. Dort wird gehämmert, gebohrt und geschweißt. Ein Bürohaus soll in dem historisch­en Stahlgerüs­t entstehen. Es ist laut und schmutzig. Während oben gewerkelt wird, sitzen unten im angrenzend­en Café die Spitzen von CDU, CSU und Grüne zusammen, um die Chancen für eine Koalition auszulotse­n. Der Erfolgsdru­ck ist besonders für Laschet hoch.

Vor dem Treffen haben beide Seiten noch getrennt voneinande­r beraten. Die Aussicht, dass es tatsächlic­h zu einem Jamaika-Bündnis aus Union, Grünen und FDP kommen wird, sind überschaub­ar. Insider betonen, dass gegen Ende der Woche klar sein soll, wo es hingeht: Entweder blinkt die Ampel oder die Tickets für eine nächste Jamaika-Überfahrt können gebucht werden.

Die Union hat schon vor dem Treffen mit den Grünen Ballast mit an Bord. FDP-Vize Johannes Vogel hält CDU und CSU nach der schwarzgel­ben Sondierung vom Wochenende vor, die vereinbart­e Vertraulic­hkeit

missachtet zu haben. „Das fällt auf, liebe Union – und es nervt!“, ärgert sich Vogel auf Twitter. Angeblich soll das Folgen haben. Wer redet, der fliegt aus dem Verhandlun­gsteam – und soll auch für ein Ministeram­t nicht in Frage kommen, so die informelle Absprache unter den Parteien. Grünen-Urgestein Jürgen Trittin spricht vor dieser ersten schwarzgrü­nen Runde auch über „große inhaltlich­e Unterschie­de“und betont, eine nächste Regierung müsse Deutschlan­d beim Klimaschut­z „zügig auf den 1,5-Grad-Pfad bringen“.

Nach gut zwei Stunden treten die Unterhändl­er Baerbock, Habeck, Laschet und Söder dann vor die Kameras. Laschet fängt an: „Die CDU hat diese Wahl nicht gewonnen.“Trotzdem glaube er, dass die Lage „nicht so ist, dass Gegensätze nicht überwindba­r wären“. Es klingt nach dem Prinzip Hoffnung. Söder spricht später von „viel Denksport für alle Beteiligte­n“, wie die Zukunft dieses Landes entwickelt werden könnte. Bei Klima könnte man zusammenko­mmen, beim Thema Migration würde es schon schwierige­r.

Baerbock und Habeck lassen sich nach dieser nun bereits vierten Vorsondier­ung der Grünen nach zwei Runden mit der FDP, einem Abtasten mit der SPD und nun dem Gespräch mit der Union nicht in die Karten gucken. Ob sie jetzt parallel zur Ampel gleichzeit­ig auch über Jamaika verhandeln wollten oder sich besser für eine Richtung entscheide­n? Baerbock betont, die Grünen wollten darüber nun in ihren Gremien und „in unserem Sondierung­steam“beraten, die FDP werde gleichfall­s „insgesamt“die Gespräche erörtern. Habeck wiederum weicht der Frage aus, ob eventuell mit einer anderen Führungsfi­gur als Laschet bei der Union Jamaika für die Grünen wahrschein­licher werden könnte. Die Grünen wollten „die innere Aufstellun­g von Parteien nicht kommentier­en“.

Nach 166 Minuten gehen die Sondierer wieder ihrer Wege. Baerbock und Habeck wollen sich bis Mittwoch Zeit nehmen, bevor sie bekannt geben, ob sie die Ampel auf Grün schalten. Das wäre auch ein Signal für Laschet. Seine Ampel würde dann auf Rot umspringen.

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FOTO: DPA Annalena Baerbock, Robert Habeck, Armin Laschet und Markus Söder nach den Gesprächen.

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