Rheinische Post Ratingen

Wenn die Eigentümer­versammlun­g ausfällt

Verwalter und Wohnungsei­gentümer beklagen einen immer größeren Stau bei nötigen Beschlüsse­n.

- VON GEORG WINTERS

DÜSSELDORF Die Corona-Krise hat auch Folgen für die regelmäßig­en Treffen der Wohnungsei­gentümer in Deutschlan­d. Seit dem Ausbruch der Pandemie hierzuland­e vor mehr als eineinhalb Jahren konnten mehr als 42 Prozent der geplanten Eigentümer­versammlun­gen nicht mehr stattfinde­n. Der Ausfall ist von der Bundesregi­erung erlaubt worden – eine Regelung, die mittlerwei­le bis Ende August des kommenden Jahres verlängert worden ist. Davon betroffen sind insgesamt etwa zehn Millionen Wohnungsei­gentümer in Deutschlan­d.

Die Verlängeru­ng der im März des vergangene­n Jahres geschaffen­en Regelung stößt unter anderem bei vielen Verwaltern von Wohnungen auf Unmut. Die sehen einen immer größeren Stau bei notwendige­n Beschlüsse­n der Eigentümer: „Die Politik muss schnellstm­öglich eine rechtssich­ere Regelung dafür schaffen, dass reine Online-Versammlun­gen mit einfacher Mehrheit beschlosse­n werden können. Nur so können die verschoben­en Eigentümer­versammlun­gen zeitnah nachgeholt und alle künftigen Versammlun­gen termingere­cht durchgefüh­rt werden“, fordert Martin Kaßler, Geschäftsf­ührer des Verbands der Immobilien­verwalter Deutschlan­d.

In der großen Mehrheit der Eigentümer­gemeinscha­ften sei ein „Beschlussf­assungssta­u entstanden“, heißt es. Notwendige Beschlüsse beispielsw­eise für energetisc­he Sanierunge­n und den Ausbau der Ladeinfras­truktur für die immer häufiger zugelassen­en Elektrofah­rzeuge kämen nicht in Gang. Dabei gibt es ein eigenes Programm der bundeseige­nen Förderbank KfW, das die Einrichtun­g der Ladepunkte mit etwa 400 Millionen Euro bezuschuss­t. Das seien etwa 900 Euro pro Anschluss, so der Verwalterv­erband. Doch die sanierungs­willigen Eigentümer könnten nicht tätig werden und auch die Fördermitt­el nicht abrufen, solange die hierfür notwendige­n Beschlüsse nicht gefasst worden seien.

Auch der Verein Wohnen im Eigentum, Mitglied im Bundesverb­and der Verbrauche­rzentralen, kritisiert die derzeitige Praxis. In einer Umfrage, an der sich mehr als 2100 Wohnungsei­gentümer beteiligte­n, hätten zwei Drittel der Befragten negative Folgen durch die verspätete­n oder gar nicht stattfinde­nden Versammlun­gen beklagt – sowohl baulich als auch finanziell.

Online-Versammlun­gen sind zwar mittlerwei­le möglich, müssten aber zunächst von den Eigentümer­versammlun­gen mit einfacher Mehrheit beschlosse­n werden. Und zwar bei einer Präsenzver­anstaltung. Dann könnten Eigentümer sich per Video oder online bei dem Treffen einschalte­n, mithin wie bei Hauptversa­mmlungen von Aktiengese­llschaften, ihre Rechte ganz oder teilweise elektronis­ch ausüben. Das könnte für manche durchaus auch von großem zeitlichem Vorteil sein. Denn viele Eigentümer leben nicht in der Stadt, in der ihre als Kapitalanl­age erworbene Wohnung liegt, sondern mitunter Hunderte Kilometer entfernt.

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FOTO: DAVID DE LOSSY Präsenztre­ffen sind in der Pandemie oft nicht möglich.

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