Wenn die Eigentümerversammlung ausfällt
Verwalter und Wohnungseigentümer beklagen einen immer größeren Stau bei nötigen Beschlüssen.
DÜSSELDORF Die Corona-Krise hat auch Folgen für die regelmäßigen Treffen der Wohnungseigentümer in Deutschland. Seit dem Ausbruch der Pandemie hierzulande vor mehr als eineinhalb Jahren konnten mehr als 42 Prozent der geplanten Eigentümerversammlungen nicht mehr stattfinden. Der Ausfall ist von der Bundesregierung erlaubt worden – eine Regelung, die mittlerweile bis Ende August des kommenden Jahres verlängert worden ist. Davon betroffen sind insgesamt etwa zehn Millionen Wohnungseigentümer in Deutschland.
Die Verlängerung der im März des vergangenen Jahres geschaffenen Regelung stößt unter anderem bei vielen Verwaltern von Wohnungen auf Unmut. Die sehen einen immer größeren Stau bei notwendigen Beschlüssen der Eigentümer: „Die Politik muss schnellstmöglich eine rechtssichere Regelung dafür schaffen, dass reine Online-Versammlungen mit einfacher Mehrheit beschlossen werden können. Nur so können die verschobenen Eigentümerversammlungen zeitnah nachgeholt und alle künftigen Versammlungen termingerecht durchgeführt werden“, fordert Martin Kaßler, Geschäftsführer des Verbands der Immobilienverwalter Deutschland.
In der großen Mehrheit der Eigentümergemeinschaften sei ein „Beschlussfassungsstau entstanden“, heißt es. Notwendige Beschlüsse beispielsweise für energetische Sanierungen und den Ausbau der Ladeinfrastruktur für die immer häufiger zugelassenen Elektrofahrzeuge kämen nicht in Gang. Dabei gibt es ein eigenes Programm der bundeseigenen Förderbank KfW, das die Einrichtung der Ladepunkte mit etwa 400 Millionen Euro bezuschusst. Das seien etwa 900 Euro pro Anschluss, so der Verwalterverband. Doch die sanierungswilligen Eigentümer könnten nicht tätig werden und auch die Fördermittel nicht abrufen, solange die hierfür notwendigen Beschlüsse nicht gefasst worden seien.
Auch der Verein Wohnen im Eigentum, Mitglied im Bundesverband der Verbraucherzentralen, kritisiert die derzeitige Praxis. In einer Umfrage, an der sich mehr als 2100 Wohnungseigentümer beteiligten, hätten zwei Drittel der Befragten negative Folgen durch die verspäteten oder gar nicht stattfindenden Versammlungen beklagt – sowohl baulich als auch finanziell.
Online-Versammlungen sind zwar mittlerweile möglich, müssten aber zunächst von den Eigentümerversammlungen mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Und zwar bei einer Präsenzveranstaltung. Dann könnten Eigentümer sich per Video oder online bei dem Treffen einschalten, mithin wie bei Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften, ihre Rechte ganz oder teilweise elektronisch ausüben. Das könnte für manche durchaus auch von großem zeitlichem Vorteil sein. Denn viele Eigentümer leben nicht in der Stadt, in der ihre als Kapitalanlage erworbene Wohnung liegt, sondern mitunter Hunderte Kilometer entfernt.