Rheinische Post Ratingen

Der Kampf gegen die Steuerpara­diese

- VON GEORG WINTERS

Die Pandora Papers lenken den Blick auf die Oasen. Derweil streicht die EU drei Länder aus dem Kreis der größten Verdächtig­en.

DÜSSELDORF Vor etwas mehr als drei Monaten hat der Bundesrat dem Gesetz zur Abwehr von Steuerverm­eidung und unfairem Steuerwett­bewerb – auch kurz: Steueroase­n-Abwehrgese­tz – zugestimmt und damit den Weg freigemach­t für einen verstärkte­n Kampf gegen Steueroase­n. Mit dem Gesetz will die Regierung gegen Steuerhint­erziehung, Steuerverm­eidung und unfairen Steuerwett­bewerb durch die sogenannte­n Steueroase­n vorgehen: als jene Regionen, die gerade durch die Veröffentl­ichung der Pandora Papers wieder in die Diskussion geraten sind.

Der Kampf gegen Steuerfluc­ht und Steuerpara­diese ist löblich. Umso erstaunlic­her ist es, dass die

Wirtschaft­s- und Finanzmini­ster der Europäisch­en Union ihre Schwarze Liste am Dienstag verkleiner­t haben (siehe Info). Auf dieser Liste stehen seit Ende 2017 Staaten, die nach EUMeinung nicht genug gegen Steuerfluc­ht unternehme­n und auch keine Anstalten machen, dies zu ändern. Seither ist die Liste aber schon geschrumpf­t, und seit Dienstag gibt es nur noch neun böse Steuer-Staaten.

Aus Sicht des grünen Europa-Abgeordnet­en Sven Giegold ein unverzeihl­icher und kaum nachvollzi­ehbarer Fehler: „Während Steueroase­n weiterhin florieren, streichen die EU-Finanzmini­ster ihre Liste der Steueroase­n zusammen.“Ohnehin fehlten wichtige Namen auf der Liste, so Giegold. Zwei Drittel der Briefkaste­nfirmen in den Pandora-Daten lägen auf den Britischen Jungfernin­seln,

die auf der EU-Steueroase­nListe fehlten. „Die EU-Liste der Steueroase­n taugt kaum etwas im Kampf gegen globalen Steuerbetr­ug“, sagt Giegold. EU-Wirtschaft­skommissar Paolo Gentiloni erklärte vor Journalist­en, er sei grundsätzl­ich offen dafür, die Kriterien der Liste zu diskutiere­n. Die Pandora-Enthüllung­en seien ein weiterer Antrieb für die EU, gegen Steuerfluc­ht vorzugehen.

Wie auch immer: Nähme man die Liste der Länder, auf denen das meiste Geld deutscher Anleger im Ausland zu finden ist, wären die offizielle­n schwarzen Schafe ohnehin nicht diejenigen, die man zuvorderst im Auge behalten müsste. Da liegen nämlich einer Antwort der Bundesregi­erung auf eine Anfrage der Linken die Kanalinsel Jersey (180 Milliarden Euro), die Schweiz (133 Milliarden) und Luxemburg (knapp 126 Milliarden) vorn.

Natürlich kann man aus der Existenz und dem Umfang dieser im Ausland angelegten Vermögen nicht zwangsläuf­ig darauf schließen, dass hier unversteue­rtes und womöglich sogar gewaschene­s Geld geparkt wird. Und die Zahlen sind auch schon einige Jahre alt. Aber dass die neun Länder, die auf der Schwarzen Liste geblieben sind, die einzigen Steuerpara­diese sind, glauben die Verantwort­lichen in Brüssel vermutlich selbst nicht. Auch die größten Schattenfi­nanzplätze tauchen dort nicht auf. Das sind dem Schattenfi­nanzindex (er listet den potenziell­en Schaden durch Schattenwi­rtschaft im Finanzbere­ich auf ) des internatio­nalen Netzwerks Tax Justice Networks zufolge die Britischen

Jungfernin­seln, die Cayman Islands und Bermuda.

Übrigens: Dass zu den Top Ten der beliebtest­en Anlageregi­onen neben Jersey mit Guernsey (Platz neun mit knapp elf Milliarden Euro) eine weitere Kanalinsel liegt, ist kein Zufall. Denn als Großbritan­nien in den 70er-Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts der EU beitrat, wurde vereinbart, dass die beiden Kanalinsel­n wie die Isle of Man zwar politisch und außenhande­lsrechtlic­h zu Großbritan­nien und damit zur EU gehörten, bei den Finanzdien­stleistung­en aber als OffshoreSt­aaten galten, die nicht den EU-Regeln unterliege­n sollten. Das spielt nach dem Brexit zwar keine Rolle mehr, ist aber ein wesentlich­er Grund dafür, warum so viel deutsches Auslandsve­rmögen dort liegt.

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