Ästhet am Tischtennisschläger
Borussias jüngster Zugang Dang Qiu hat einen starken Saisonstart hingelegt. Zwei Europameistertitel hat er gewonnen.
Dang Qiu muss noch einige Tischtennis-Europameisterschaften gewinnen, um Rekord-Europameister Timo Boll die Bestmarke abzujagen. Boll hat insgesamt 20 EM-Titel gesammelt, Borussias jüngster Zugang zwei. Aber Qiu hat im laufenden Jahr einen EM-Titel mehr geholt als Boll. Der 40-jährige Routinier gewann zwar den Einzel-EM-Titel, doch Qiu sicherte sich den MixedEM-Titel und jetzt im Nationaldress den Mannschaftstitel. „Da habe ich Qiu geschrieben, dass er Rekord-Europameister werden kann“, so Borussia-Manager Andreas Preuß augenzwinkernd.
Qiu konnte die „Lücke“auf Boll verkleinern, weil Bundestrainer Jörg Roßkopf im Vorfeld der EM auf seine beiden besten verzichtet hatte. Neben Boll stand auch Ex-Borusse Dimitrij Ovtcharov nicht im bundesdeutschen Kader. Einer der Gründe war, dass „sich die jüngeren Spieler beweisen sollen“, wie Roßkopf mitteilte. Dieser Aufforderung kam Qiu nach. Der 24-Jährige stand in allen fünf EM-Begegnungen der Deutschen an der Platte und gewann alle seine fünf Matches. Besonders wichtig war sein Sieg im Finale gegen Russland über Vladimir Sidorenko. Das brachte das deutsche Team mit 2:1 in Führung. „Mein Einzel im Finale war natürlich ein wichtiges und ich bin froh, gewonnen zu haben. Aber wir sollten die Leistung gar nicht auf das Finale beschränken. Alle Einzel bei dieser EM waren wichtig. Und alle in der Mannschaft haben wichtige Spiele gewonnen und ihren Beitrag geleistet“, urteilt Qiu. „Ich konnten dadurch, dass ich diesmal voll im Team stand, wichtige Erfahrungen sammeln. Dass wir den Titel diesmal eigenständig ohne Dima und Timo gewonnen haben, ist wichtig für unsere Weiterentwicklung und gibt uns Selbstvertrauen.“
Dieses Selbstvertrauen hat er sich auch bei der Borussia erarbeitet. Im Verein konnte er seine drei Bundesliga-Einsätze gewinnen und trug so auch zur Tabellenführung der Borussia
bei. „Unser Trainer Danny Heister hat Dang schon seit längerem im Auge gehabt. Er hat seine Entwicklung genau beobachtet“, so Preuß. Mit dem Resultat, dass der Sohn des ehemaligen chinesischen Nationalspielers Qiu Jianxin seit Beginn der Liga 2021/2022 im Borussia-Dress aufspielt. Weil auch seine Mutter Cheng Hong chinesische Tischtennis-Nationalspielerin war, blieb dem in Nürtingen (BadenWürttemberg) geborenen Dang eigentlich gar nichts anderes übrig, als selbst mit dem Sport zu beginnen. Schon früh stellten sich erste Erfolge ein. Als Schüler sicherte er sich zwei kontinentale Meisterschaften (Mannschaft, Doppel), in der Jugend erspielte sich Qiu ein Vize-Europameisterschaft (Mannschaft). Also wechselte er ans Deutsche Tischtennis-Zentrum, um hier an seinem Können zu feilen. „Das macht er mit aller Akribie. Er trainiert viel und hart“, so Preuß. „Er beschäftigt sich von allen Seiten mit Tischtennis. Er filmt jedes seiner Spiele, analysiert sie und macht sich Gedanken zum Spiel. Manchmal zu viele Gedanken.“Dabei ist er aber kein vom Ehrgeiz zerfressener und egoistischer Eigenbrödler. Im Gegenteil. „Dang ist ein unglaublich höflicher, freundlicher, sehr offener, sozialer und hilfsbereiter Mensch. Das macht ihn so beliebt“, so der Borussia-Manager. „An der Platte ist er ein Ästhet. Es macht Spaß ihm zuzusehen.“
Vielleicht auch, weil er der erste in Deutschland geborene Spieler ist, der mit dem „Penholder-Griff“erfolgreich ist. Zwar hatten ihn seine Eltern den in Europa üblichen „Shakehand-Griff“empfohlen, doch Dang Qiu eiferte lieber seinem Vater nach. Preuß rechnet damit, dass Qiu das EM-Selbstvertrauen jetzt auch im Klubteam demonstriert.