Geldstrafe nach Angriff auf Schiedsrichter
Immer wieder kommt es auf Fußballplätzen zu Gewaltszenen – in diesem Fall mit Konsequenzen. Der ehemalige Garather Spieler, der einen Schiedsrichter niedergeschlagen hatte, muss nun 2000 Euro Strafe zahlen.
DÜSSELDORF Das Spiel, über das später alle reden werden, beginnt in der Erinnerung von Seyid C. bereits unruhig. Der Schiedsrichter kennt die Mannschaft des Garather SV und hat die vergangenen Spiele immer als aggressiv erlebt. „Da war ich schon froh, dass ich heil nach Hause gekommen bin“, sagt der 60-Jährige. Das Spiel am 27. September 2020 aber endet damit, dass Seyid C. auf dem Boden liegt und nach Luft ringt.
An diesem Tag stehen die Kicker aus Garath gegen Eller 04 auf dem Platz. In der zweiten Halbzeit heizt sich die Stimmung auf, der Unparteiische muss immer mehr gelbe Karten verteilen, erinnert er sich. Nach einem Foul zieht er die rote Karte gegen einen Spieler des Garather SV – und die Situation eskaliert. Der heute 24 Jahre alte Fußballspieler schlägt den Schiedsrichter gegen den Hals, stellt das Gericht später fest, der 60-Jährige geht zu Boden, das Spiel wird abgebrochen. Nun ist auch der Prozess vor dem Düsseldorfer Amtsgericht zu Ende gegangen, der Spieler wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.
Gewaltszenen im Fußball sind keine Seltenheit – oftmals spielen sie sich am Rande des Spielfelds ab, wo Fußballfans und Hooligans aufeinandertreffen. Immer häufiger passiert es aber auch auf dem Rasen. Im vergangenen Jahr kam es bei Amateurspielen in Düsseldorf gleich zu einer Reihe von Schlägereien: In Hassels streckte ein Spieler vom FC Kosova II den Unparteiischen nieder, wurde dafür für acht Jahre gesperrt und muss vor Gericht. In der Auswärtspartie bei den Sportfreunden Gerresheim sorgte das Kreisliga-A-Team des FC Kosova mit einem provozierten Spielabbruch
für einen Eklat. Und im November wurde das Verfahren gegen einen Spieler des Düsseldorfer Vereins SFD abgeschlossen, der 2016 einem Gegenspieler des SSV Erkrath mehrere Zähne ausgeschlagen hatte. Neben einer Spielsperre und einer Bewährungsstrafe muss der Mann 15.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
„Der Umgangston ist rauer geworden, die Hemmschwelle gesunken“, sagt Dennis Baur, Vorsitzender des Kreisschiedsrichterausschusses in Düsseldorf und selbst seit 16 Jahren als Schiedsrichter tätig. Gewalt während des Spiels – und insbesondere gegen die Unparteiischen – sei ein Trend, der sich auf Fußballplätzen in ganz Deutschland zeige, sagt Baur. Häufig seien es Mannschaften, deren Spieler alle denselben Migrationshintergrund hätten, bei denen es zu Problemen komme. Da werde dann mitunter der politische Konflikt zwischen Syrien und der Türkei auf dem Fußballplatz ausgetragen.
Nach dem Vorfall in Garath habe die Düsseldorfer Schiedsrichtervereinigung auch Gespräche mit den Sportgerichten geführt, sagt Dennis
Dennis Baur Schiedsrichtervereinigung Düsseldorf
Baur. „Bei solchen Fällen muss das Strafmaß angepasst werden“, sagt der Unparteiische. „Wenn wir bei zwei Spielen Sperre bleiben, schreckt das nicht ab.“Wichtig seien klare Signale, um die Unparteiischen zu schützen. „Schiedsrichter müssen für die Spieler unantastbar bleiben.“
Der Garather SV, dem Baur ebenfalls angehört, habe den Spieler mittlerweile gesperrt, er hat Platzverbot auf Lebenszeit. Der Prozess vor dem Sportgericht sei noch nicht abgeschlossen, sagte der Verteidiger des Angeklagten. Die Höchststrafe liegt bei acht Jahren Sperre – aus Baurs Sicht ist das genug. „Wer so lange aus dem Fußball raus ist, wird so schnell nicht mehr Fuß fassen.“
Vor dem Amtsgericht in Düsseldorf ist das Urteil am Dienstag gefallen. Der 24-Jährige wurde wegen Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro verurteilt – deutlich weniger als von der Staatsanwaltschaft gefordert. Das Gericht sei nicht zu der Überzeugung gekommen, dass der 24-Jährige das Leben des Schiedsrichters gefährdet habe, so die Vorsitzende in der Urteilsbegründung. Der 60-Jährige hatte selbst ausgesagt, dass die
Schläge ihn seitlich am Hals getroffen hatten, nicht frontal am Kehlkopf, wie zunächst angenommen. Auch laut Arztbericht gab es keinen Befund – der Schiedsrichter blieb nur zur Beobachtung zwei Tage im Krankenhaus. Über ein reines Schubsen, wie es der Angeklagte behauptet hatte, sei der Angriff aber hinausgegangen, ist die Vorsitzende überzeugt. Und das sei nicht hinnehmbar. Sonst würden sich bald keine Ehrenamtler mehr finden, die freiwillig Fußballspiele pfeifen.
Seyid C. steht mittlerweile wieder auf dem Platz. Nach dem Angriff hat er mehrere Monate Pause eingelegt, ist noch in psychologischer Behandlung, wie er sagt. Das Pfeifen aber gibt er nicht auf. In der Ausbildung neuer Schiedsrichter rät er jedoch mittlerweile: Beim Ziehen einer Karte sollen die Unparteiischen lieber Abstand zu den Spielern halten.
„Schiedsrichter müssen für Spieler unantastbar bleiben“