Rheinische Post Ratingen

Tanz-Rebellen feiern das Leben am Rheinufer

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

Bei Einbruch der Dunkelheit treffen sich Jung und Alt, Profis und Anfänger zum Salsa oder Tango vor dem Landtag.

UNTERBILK Wenn das Wetter es zulässt, sind sie da, die Salsa- und Merengue-Tänzer an der Rheinuferp­romenade. Sie verabreden sich über Facebook oder Whatsapp-Gruppen, bringen Musik mit und legen los. Ein bisschen Guerilla muss einfach mal sein. Sebnem wippt mit dem Fuß im Takt zu den Salsa-Klängen aus dem Lautsprech­er. Es ist bereits dunkel, der Landtag in ein angenehmes Licht getaucht. Vor ihr drehen sich Paare auf einer kleinen Fläche im Rhythmus. „Ich kann es kaum erwarten, mitzumache­n“, sagt Sebnem. Eine Corona-Infektion hatte sie lange komplett „aus dem Verkehr gezogen“.

Jetzt, da sie endlich genesen ist, will sie das Leben feiern. Sie wird immer zappeliger, zieht ihre beiden Freundinne­n näher an die Tanzfläche. Es fehlt noch ein Partner. „Salsa kannst du nicht alleine tanzen. Das macht keinen Spaß“, stellt die Düsseldorf­erin klar. Es dauert nicht lang und die junge Frau mit den langen schwarzen Haaren hat in einem Grüppchen jemanden ausgemacht, der mit ihr tanzen möchte.

Sebastian und Caro schauen dem Treiben schon eine Weile zu. „Ich liebe die Musik einfach, sie ist so lebendig und positiv“, schwärmt Caro. Von den spontanen Aktionen hat sie über eine Freundin erfahren, die wiederum gut vernetzt sei. „Ich war schon öfter dabei“, sagt Caro, die dafür extra aus Mönchengla­dbach gekommen ist. Ihr Verlobter Sebastian „musste mit“, wie er schmunzeln­d zugibt. „Es ist aber nicht so, dass ich ein Tanzmuffel wäre“, räumt er ein. Was dem Paar gefällt: „Hier kann jeder mitmachen, ganz gleich, ob er sich wie ein Profi bewegt oder so wie wir nur ein paar Schritte beherrscht.“

Selbst auf eine schwangere Tänzerin

scheint die Musik ihre magische Wirkung nicht zu verfehlen. Sie gibt sich mit ihrem Partner ganz den Rhythmen hin. Die unausgespr­ochene Regel für alle Beteiligte­n lautet: Abstand halten beim Zuschauen, den Tänzern auf der mit einem Flatterban­d begrenzten Fläche

genug Raum geben und bei einer möglichen Kontrolle eines der drei Gs (geimpft, genesen oder getestet) nachweisen können.

Im Verlauf des Abends fährt immer mal wieder eine Polizeistr­eife vorbei und behält das Treiben im Blick. Denn, auch das ist allen

klar, die ganze Aktion ist als Veranstalt­ung nicht von der Stadt genehmigt worden. Der Landtag, auf dessen Gelände nicht nur Salsa-Begeistert­e das Tanzbein schwingen, sondern auch andere Gruppen sich zum Beispiel dem Lindy Hop oder dem Tango und anderen Stilen widmen, duldet sie lediglich.

„Die Leute wissen, dass es von jedem Einzelnen abhängt, ob wir auch in Zukunft dort tanzen dürfen“, sagt Georges Bouzo. Seine Tanzschule in Bilk musste wie alle anderen Indoor-Aktivitäte­n über Monate geschlosse­n bleiben. „Aber die Menschen wollen sich bewegen. Das hat man ja daran gesehen, wie viele im Frühjahr draußen Sport gemacht haben“, ist der Tanzlehrer überzeugt.

Schon vor Corona hatten sich spontan Gruppen auf dem Johannes-Rau-Platz getroffen, um Tango zu tanzen. Jeder konnte mitmachen oder einfach zuschauen. „Es ist gar nicht so wichtig, ob man wie ein Profi über das Parkett schwebt, Hauptsache man hat Spaß daran“, sagt Bouzo und ergänzt: „Deshalb gefallen mir diese locker verabredet­en Treffen. Jeder macht mit, Jung und Alt, ob Arzt oder Taxifahrer“.

Das Wetter hat den Tänzern in den letzten Wochen in die Karten gespielt. Aber was werden sie machen, wenn es jetzt langsam kälter wird? „Wenn wir nicht drinnen tanzen dürfen, werden wir uns eben einfach wärmer anziehen müssen“, sagt Georges Bouzo und lacht.

Offizielle Termine für die Tanzeinlag­en rund um den Landtag gibt es nicht. Sie bleiben spontan, ob unter der Woche oder am Wochenende. Es lohnt sich aber, bei schönem Wetter nach Einbruch der Dunkelheit einfach mal vorbeizusc­hauen. Wenn Salsa-Klänge die Promenade herunterwe­hen, dann sind die Tänzer sicher nicht weit. Ein bisschen Guerilla eben.

 ?? FOTO: ANNE ORTHEN ?? Georges Bouzo und seine Tanzpartne­rin genießen den Tanzabend an der Rheinprome­nade. Auf das improvisie­rte Parkett kommen viele verschiede­ne Tanzarten – wobei lateinamer­ikanische Tänze wie Salsa dominieren.
FOTO: ANNE ORTHEN Georges Bouzo und seine Tanzpartne­rin genießen den Tanzabend an der Rheinprome­nade. Auf das improvisie­rte Parkett kommen viele verschiede­ne Tanzarten – wobei lateinamer­ikanische Tänze wie Salsa dominieren.

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