Tanz-Rebellen feiern das Leben am Rheinufer
Bei Einbruch der Dunkelheit treffen sich Jung und Alt, Profis und Anfänger zum Salsa oder Tango vor dem Landtag.
UNTERBILK Wenn das Wetter es zulässt, sind sie da, die Salsa- und Merengue-Tänzer an der Rheinuferpromenade. Sie verabreden sich über Facebook oder Whatsapp-Gruppen, bringen Musik mit und legen los. Ein bisschen Guerilla muss einfach mal sein. Sebnem wippt mit dem Fuß im Takt zu den Salsa-Klängen aus dem Lautsprecher. Es ist bereits dunkel, der Landtag in ein angenehmes Licht getaucht. Vor ihr drehen sich Paare auf einer kleinen Fläche im Rhythmus. „Ich kann es kaum erwarten, mitzumachen“, sagt Sebnem. Eine Corona-Infektion hatte sie lange komplett „aus dem Verkehr gezogen“.
Jetzt, da sie endlich genesen ist, will sie das Leben feiern. Sie wird immer zappeliger, zieht ihre beiden Freundinnen näher an die Tanzfläche. Es fehlt noch ein Partner. „Salsa kannst du nicht alleine tanzen. Das macht keinen Spaß“, stellt die Düsseldorferin klar. Es dauert nicht lang und die junge Frau mit den langen schwarzen Haaren hat in einem Grüppchen jemanden ausgemacht, der mit ihr tanzen möchte.
Sebastian und Caro schauen dem Treiben schon eine Weile zu. „Ich liebe die Musik einfach, sie ist so lebendig und positiv“, schwärmt Caro. Von den spontanen Aktionen hat sie über eine Freundin erfahren, die wiederum gut vernetzt sei. „Ich war schon öfter dabei“, sagt Caro, die dafür extra aus Mönchengladbach gekommen ist. Ihr Verlobter Sebastian „musste mit“, wie er schmunzelnd zugibt. „Es ist aber nicht so, dass ich ein Tanzmuffel wäre“, räumt er ein. Was dem Paar gefällt: „Hier kann jeder mitmachen, ganz gleich, ob er sich wie ein Profi bewegt oder so wie wir nur ein paar Schritte beherrscht.“
Selbst auf eine schwangere Tänzerin
scheint die Musik ihre magische Wirkung nicht zu verfehlen. Sie gibt sich mit ihrem Partner ganz den Rhythmen hin. Die unausgesprochene Regel für alle Beteiligten lautet: Abstand halten beim Zuschauen, den Tänzern auf der mit einem Flatterband begrenzten Fläche
genug Raum geben und bei einer möglichen Kontrolle eines der drei Gs (geimpft, genesen oder getestet) nachweisen können.
Im Verlauf des Abends fährt immer mal wieder eine Polizeistreife vorbei und behält das Treiben im Blick. Denn, auch das ist allen
klar, die ganze Aktion ist als Veranstaltung nicht von der Stadt genehmigt worden. Der Landtag, auf dessen Gelände nicht nur Salsa-Begeisterte das Tanzbein schwingen, sondern auch andere Gruppen sich zum Beispiel dem Lindy Hop oder dem Tango und anderen Stilen widmen, duldet sie lediglich.
„Die Leute wissen, dass es von jedem Einzelnen abhängt, ob wir auch in Zukunft dort tanzen dürfen“, sagt Georges Bouzo. Seine Tanzschule in Bilk musste wie alle anderen Indoor-Aktivitäten über Monate geschlossen bleiben. „Aber die Menschen wollen sich bewegen. Das hat man ja daran gesehen, wie viele im Frühjahr draußen Sport gemacht haben“, ist der Tanzlehrer überzeugt.
Schon vor Corona hatten sich spontan Gruppen auf dem Johannes-Rau-Platz getroffen, um Tango zu tanzen. Jeder konnte mitmachen oder einfach zuschauen. „Es ist gar nicht so wichtig, ob man wie ein Profi über das Parkett schwebt, Hauptsache man hat Spaß daran“, sagt Bouzo und ergänzt: „Deshalb gefallen mir diese locker verabredeten Treffen. Jeder macht mit, Jung und Alt, ob Arzt oder Taxifahrer“.
Das Wetter hat den Tänzern in den letzten Wochen in die Karten gespielt. Aber was werden sie machen, wenn es jetzt langsam kälter wird? „Wenn wir nicht drinnen tanzen dürfen, werden wir uns eben einfach wärmer anziehen müssen“, sagt Georges Bouzo und lacht.
Offizielle Termine für die Tanzeinlagen rund um den Landtag gibt es nicht. Sie bleiben spontan, ob unter der Woche oder am Wochenende. Es lohnt sich aber, bei schönem Wetter nach Einbruch der Dunkelheit einfach mal vorbeizuschauen. Wenn Salsa-Klänge die Promenade herunterwehen, dann sind die Tänzer sicher nicht weit. Ein bisschen Guerilla eben.