Wehmut und allerschönste Musik
Mit „Protokolle der Sehnsucht“trat Tina Teubner mit dem Pianisten Ben Süverkrüp im Düsseldorfer Kommödchen auf.
DÜSSELDORF Was kommt dabei heraus, wenn Tina Teubner und Ben Süverkrüp „die wehmütigsten Lieder, die betörendsten Gedanken und die allerschönste Musik“zusammentragen? Ein Abend, der das Herz berührt. Überschrieben ist er mit „Protokolle der Sehnsucht“, und schon beim ersten Lied stellt sich im Düsseldorfer Kommödchen eine besondere Atmosphäre ein. Als spüre jeder, gerade etwas Feines und Kostbares zu erleben und zu teilen.
„Es bleibt alles stramm melancholisch!“, warnt Teubner. Ein Sehnsuchtsprojekt seit 20 Jahren, das erst reifen konnte, als die Welt stillstand. Sie erzählt, wie sie im März 2020 zu schreiben begann, sorgenvoll ahnend, dass Künstler wie sie wohl für lange Zeit lahmgelegt würden:
„Mit Abstand lachen, wie soll das gehen?“Dann war da noch – wie zum Trotz – dieser Frühling, explodierend, überbordend, maßlos. „Das Helle schmerzt umso mehr, wenn man verwundet ist“, stellte sie fest und ließ sich getrost in die Traurigkeit hineinfallen. Merkte aber auch: „Man kann die Sterne erst sehen, wenn die Sonne untergegangen ist.“Ohne Bücher, Filme, Musik und Kunst hätte sie nicht gewusst, wohin mit ihrer Sehnsucht nach Berührung und Nähe.
Das Programm, das Teubner in jener Zeit mit ihrem Mann, dem exzellenten Pianisten Ben Süverkrüp, entwickelt hat, ist eine Mischung aus eigenen Liedern und Erkenntnissen – „und eine Verneigung vor all den heißgeliebten genialen Köpfen, die uns in der Krise ein Zuhause gegeben haben“. Wie das wehmütige Chanson „Ne me quitte pas“von Jacques Brel, das sie inbrünstig interpretiert, das zarte „Wann kommt der Wind“von Element of Crime, wie sprachmächtige Bücher, aus denen sie vorliest: „Chronik eines angekündigten Todes“von Gabriel García Márquez und „Was man von hier aus sehen kann“von Mariana Leky. Sie selbst sei in der Welt nicht viel herumgekommen, „aber ich kenne sie trotzdem, aus Büchern“.
Virtuos jongliert die Musikerin und Kabarettistin mit ihren Instrumenten, tauscht Geige, Ukulele, EGitarre bisweilen mitten im Lied aus und entlockt der „singenden Säge“berückende Töne. Die besinnlichen Facetten der „Sehnsuchts-Protokolle“stehen Teubner gut. Gleichwohl blitzen dazwischen Witz und Spitzzüngigkeit auf, etwa in den Dialogen mit Süverkrüp über Paare, deren Liebe schon lange währt. Er findet, Frauen mäkelten zu viel an Männern herum. Sie kontert: „Ihr seid immer so schnell mit euch zufrieden.“Und vergleicht ihn mit einem schönen Kaschmirpullover: „Nur fehlen daran die Ärmel. Übrig bleibt ein Pullunder, ein hochwertiger.“Ja, seufzt sie, warum kann nicht alles fortbestehen, wie es einmal angefangen hat: überwältigend?
Am Schluss breitet sie die Arme aus und wendet sich ans Publikum: „Lasst uns weiter für etwas brennen, lasst uns die Stradivari unter den Arschgeigen sein!“Sehr langer Beifall, zwei Zugaben – und ganz viel Lust auf mehr von Teubner und Süverkrüp. Am 6. Dezember gastieren sie mit „Stille Nacht, bis es kracht“im Kommödchen, im Januar mit dem neuen Kabarettprogramm „Ohne dich war es immer so schön“.