Was der Instagram-Ausfall bedeutete
Hagen Richter und Murat Dagdelen verdienen Geld mit ihren Beiträgen bei Instagram und Facebook. Der sechsstündige Ausfall am Montagabend macht sich im Portemonnaie und im Zeitplan bemerkbar.
DÜSSELDORF Für die einen war es der größte anzunehmende Unfall, für andere war es ein Grund, sich genüsslich mal ein paar Stunden zurückzulehnen und auch mal dem „dolce far niente“, dem „süßen Nichtstun“zum meist vernachlässigten Recht zu verhelfen. Die Rede ist von dem knapp sechsstündigen Ausfall der Social Media-Schwergewichte Facebook, Instagram und Whatsapp.
Hochrechnungen beziffern den Umsatzverlust für den von Mark Zuckerberg geführten Online-Konzern auf 60 bis 90 Millionen Dollar. Der Schaden für die Weltwirtschaft, jedenfalls für den Teil des globalen Unternehmertums, der seine Geschäfte via Facebook und Konsorten abwickelt, wird auf mehr als 160 Millionen Dollar geschätzt. Und der Kurssturz, den die Facebook-Aktie angesichts der Technik-Panne hinlegte, machte den Inhaber Zuckerberg um geschätzte sechs bis sieben Milliarden Dollar ärmer.
Angesichts dieser Summen muss Hagen Richter ob seines eigenen Verlusts wegen des Facebook-Ausfalls eher lächeln. „Ich habe eine vierstellige Euro-Summe verloren“, verrät der Influencer. „Für die Zeit der Facebook-Panne war ein Werbepost geplant, der jetzt natürlich ausgefallen ist.“In der Regel seien seine Influencer-Posts mit seinen Werbekunden Wochen, teilweise Monate vorher terminiert. „Und die kann man auch nicht so einfach nachholen“, sagt Richter, der 307.000 Follower hat. „Handelt es sich beispielsweise um eine Collections-Premiere, dann gibt es die nur einmal zu einem festgelegten Zeitpunkt.“
So entgingen ihm am Montag der Fixbetrag seines Werbekunden und die Umsatzbeteiligung. Blöd, weil es für den ehemaligen Geräteturner, der jetzt in Düsseldorf lebt, seine Lebensgrundlage ist. „Wöchentlich setzte ich ein bis zwei Werbeposts ab. Wenn das dann ausfällt, macht sich das schon bemerkbar, denn meine Werbepartner zahlen nur bei Vollzug der angebotenen Leistung“, ärgert sich Richter.
Für Schönheitschirurg Murat Dagdelen, der zuletzt mit Richter daran gearbeitet hat, seinen kaum vorhandenen Corona-Speck abzutrainieren und das auch über die Social Media-Kanäle verbreitete, war der kurzzeitige Facebook-Verlust hingegen eher eine Entfesselung. „Ich bin auch beruflich auf Facebook und Instagram aktiv. Etwa 30 Prozent meiner Patienten kommen über Social Media-Kontakte“,
so Dagdelen. „Eigentlich wollte ich am Montag auch einen neuen Post veröffentlichen. Das ist immer mit viel Arbeit verbunden. Ich habe mich insgeheim sogar gefreut, dass ich nichts posten konnte. So hatte ich einen Tag mehr zum Überlegen und habe mir, statt zu arbeiten, einen Schnulzenfilm angesehen.“Sein finanzieller Verlust ist, trotz 102.000 Followern, jedenfalls nicht zu beziffern. „Bei meinen Posts ist es
nicht wichtig, ob sie einen Tag früher oder später im Netz stehen“, sagt der Plastische Chirurg. Ihn ärgerte nur, dass ein Videocall in die USA verschoben werden musste.
Was Dagdelen aber erschreckte, war, dass ihm erstmals der hohe Abhängigkeitsgrad von der Zuckerberg-Technik vor Augen geführt wurde: „Wer up-to-date sein möchte, und das wollen ja fast alle, muss sich bei Social Media tummeln. Auch ich habe sozusagen Stammkundschaft, die begierig auf den nächsten Post wartet.“
Richter verdient seinen Lebensunterhalt mit seinen Posts. Und doch hat er von Regressforderungen gegenüber Facebook und Co. Abstand genommen: „Ich denke, dass eine Klage in den USA aussichtslos ist. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Facebook steht bestimmt auch drin, dass keine Haftung für Ausfälle übernommen wird.“Also muss er einen vierstelligen Euro-Betrag als Einnahmeverlust abbuchen. Wie viele andere Influencer und Unternehmer auch.