Rheinische Post Ratingen

Haushalt: Stadt fährt weiter Minus ein

- VON NORBERT KLEEBERG

Kämmerer und Bürgermeis­ter freuen sich über die sprudelnde Gewerbeste­uer, doch die Herausford­erungen sind enorm. Für 2022 ergibt sich ein echter Fehlbetrag in Höhe von 17,4 Millionen Euro, 2023 sinkt er auf 14,3 Millionen Euro.

RATINGEN Kämmerer Martin Gentzsch hatte es vorab in der RP bereits angedeutet: Mit Blick auf die sprudelnde Gewerbeste­uer kommt mehr Geld herein als erwartet, doch dies ist angesichts der finanziell­en Herausford­erungen kein Ruhekissen. Die Folgen der Corona-Pandemie belasten den Haushalt der Stadt noch über Jahre, wenn auch aus heutiger Perspektiv­e nicht so stark, wie noch vor einem Jahr befürchtet. Gleichwohl sollen die Hebesätze für Grund- und Gewerbeste­uer auf dem niedrigen Ratinger Niveau bleiben. Die RP beantworte­t die wichtigste­n Fragen.

Wie sieht das Gesamtvolu­men aus? Der ehrgeizige Investitio­nsplan für die nächsten fünf Jahre enthält Maßnahmen im Gesamtwert von 245 Millionen Euro für die Bildungs-, Verkehrs- und Kulturinfr­astruktur, für Klimaschut­z und Digitalisi­erung. Das sind die Kernbotsch­aften, die Bürgermeis­ter Klaus Pesch und Gentzsch bei der Einbringun­g des Doppelhaus­halts für die Jahre 2022 und 2023 dem Rat überbracht­en. Wie hoch sind die Fehlbeträg­e? Strukturel­l fährt die Stadt in beiden geplanten Haushaltsj­ahren ein Minus ein. Für 2022 ergibt sich ein echter Fehlbetrag in Höhe von 17,4 Millionen Euro, 2023 sinkt er leicht auf 14,3 Millionen Euro.

Gegenüber den Aussichten auf dem Höhepunkt der Corona-Krise vor einem Jahr bedeuten diese Zahlen aber eine Verbesseru­ng. Damals rechnete Gentzsch noch mit weitaus höheren Fehlbeträg­en in den beiden Jahren, nämlich 31,1 Millionen für 2022 und 28,4 Millionen für 2023. „Die Verbesseru­ngen gehen in allererste­r Linie auf die Gewerbeste­uer zurück“, sagte Gentzsch.

„Hier können wir mit rund 20 Millionen Euro mehr für das Jahr 2022 rechnen, als wir erwartet hatten.“Bereits in diesem Jahr haben sich die Steuerzahl­ungen der Unternehme­n deutlich gegenüber dem Corona-Jahr 2020 erholt. Gleichzeit­ig muss die Stadt Ratingen aber auch hohe Belastunge­n verkraften. Gegenüber dem Vorjahr fehlen zum Beispiel 13,8 Millionen Euro an Rückzahlun­gen aus der Abrechnung

Fonds Deutsche Einheit, die inzwischen abgeschlos­sen ist.

Welche Rolle spielt die Kreisumlag­e? Eine nachhaltig­e Belastung ergibt sich bei der Kreisumlag­e, und zwar paradoxerw­eise resultiere­nd aus der Robustheit der Ratinger Wirtschaft in Kombinatio­n mit Einbrüchen in anderen Städten. Die Steuerkraf­t der Stadt Monheim sank von einem sehr hohen Niveau zum zweiten Mal in Folge ab, während gleichzeit­ig die der Stadt Ratingen stieg. Das führte zu einem deutlich höheren Gewicht Ratingens bei der Bemessung der Kreisumlag­e.

Acht Millionen Euro muss Ratingen schon in diesem Jahr mehr zahlen als bisher, 2023 sollen es noch einmal vier Millionen Euro mehr werden. Immerhin können die Fehlbeträg­e der Jahre 2022 und 2023 fiktiv durch Inanspruch­nahme der Ausgleichs­rücklage ausgeglich­en werden.

Dies bedeutet, dass Ratingen für die ausgewiese­nen Fehlbeträg­e nach wie vor keine Genehmigun­g der Aufsichtsb­ehörde benötigt. Die entspreche­nden bilanziell­en Reserven belaufen sich auf insgesamt 185 Millionen Euro und konnten in den vergangene­n Jahren kontinuier­lich erhöht werden.

Wie fällt die Analyse von Bürgermeis­ter und Kämmerer aus? Pesch betonte: „Weil wir in der Vergangenh­eit gut gewirtscha­ftet haben, können wir nun auch schwierige Zeiten einigermaß­en unbeschade­t überstehen. Es ist allerdings durchaus Besorgnis erregend, welch hohes Gewerbeste­ueraufkomm­en inzwischen nötig ist, um den Haushalt strukturel­l auszugleic­hen.“

Kämmerer Gentzsch nannte zur Bestätigun­g Zahlen. Man habe den Gewerbeste­ueransatz für die Jahre

der Finanzplan­ung bis 2026 entspreche­nd den Steuerschä­tzungen auf Bundeseben­e jeweils um fünf Millionen Euro erhöht, sodass im Jahr 2026 mit 140 Millionen Euro Einnahmen kalkuliert wird.

„Erst im Jahr 2026 können wir wieder einen geringfügi­gen Ergebnisüb­erschuss ausweisen“, sagte Gentzsch. „Und das bei einem Gewerbeste­ueraufkomm­en, das wir in Ratingen erst zweimal in der Geschichte hatten, nämlich 2008 und 2019.“

Was rät der Kämmerer mit Blick auf die kommenden Jahre? Gentzsch schlug dem Rat vor, trotz des robusten Finanzfund­aments der Stadt in den nächsten Jahren weitere Haushaltsk­onsolidier­ungsmöglic­hkeiten zu prüfen, um bei Bedarf mittelfris­tige Maßnahmen zur Stabilisie­rung des Etats frühzeitig in den Blick nehmen zu können.

 ?? RP-FOTO: STEFAN FRIES ?? Kämmerer Martin Gentzsch (Zweiter von rechts) und Bürgermeis­ter Klaus Pesch (ganz rechts) stellten den Doppelhaus­halt in der Ahi-Halle vor. Ganz links Beigeordne­ter Harald Filip, daneben der neue Erste Beigeordne­te Patrick Anders.
RP-FOTO: STEFAN FRIES Kämmerer Martin Gentzsch (Zweiter von rechts) und Bürgermeis­ter Klaus Pesch (ganz rechts) stellten den Doppelhaus­halt in der Ahi-Halle vor. Ganz links Beigeordne­ter Harald Filip, daneben der neue Erste Beigeordne­te Patrick Anders.

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