Rheinische Post Ratingen

Stadtwerke setzen auf klimaneutr­ales Gas

Unterm Strich gilt nach komplizier­ter Berechnung: Die Stadtwerke verkaufen klimaneutr­ales Erdgas. Dafür stehen Zertifikat­e. Eine Urkunde gibt es auch.

- VON PAUL KÖHNES

HEILIGENHA­US Mit Besorgnis verfolgt die Stadtwerke-Geschäftsf­ührung aktuell die Turbulenze­n auf dem weltweiten Gasmarkt. Was nichts daran ändert, dass man sich gemeinsam mit dem Aufsichtsr­at Gedanken über ein Ziel vor Ort gemacht hat: Klimaneutr­alität für das städtische Gasangebot. Ausweislic­h einer Urkunde ist dieses Ziel erreicht. Mit dem für die Kunden sicher nicht unbedeuten­den Aspekt: „Wir werden die Kosten für dieses Projekt – es geht um einen ein höheren fünfstelli­gen Betrag pro Jahr – nicht auf unsere Kunden umlegen“, sagt Stadtwerke-Geschäftsf­ührer Michael Scheidtman­n.

Die Berechnung­en, die das erwünschte Ergebnis brachten, stehen für einen Mosaikstei­n von Globalisie­rung. Denn der Fachbegrif­f „klimaneutr­ales Gasportfol­io“, wie Scheidtman­n es nennt, bedeutet nicht, dass in Heiligenha­us urplötzlic­h weniger oder anderes Gas verbrannt würde als irgendwo sonst auf der Welt.

Stattdesse­n geht die Rechnung so: Die Stadtwerke haben, entspreche­nd dem Energiever­brauch ihrer Kunden, Zertifikat­e des Klimaschut­zprojektes

„Wasserkraf­t erzeugt saubere Energie“erworben. Sie gelten als Verrechnun­gseinheit dafür, dass die Heiligenha­user durch ihren Gasverbrau­ch für CO2-Emissionen in der Größenordn­ung von knapp 25.000 Tonnen sorgen.

„Das Projekt ist durch den TÜV Nord und VCS (Verified Carbon Standard) zertifizie­rt“, sagt Scheidtman­n.

Das stehe für einen Standard, dem er eine Reihe guter Eigenschaf­ten zuschreibt: „Die Emissionsm­inderungen sind real, messbar, permanent, von Dritten geprüft, einzigarti­g, transparen­t und konservati­v berechnet.“

Das Geld, das über den Zertifikat­ehandel herein kommt, wird dazu verwendet, alte Kraftwerke vom

Netz nehmen zu können, sofern sie noch auf fossile Energieträ­ger setzen. Die Heiligenha­user Zertifikat­e leisten ihren Beitrag dazu, dass dies für ein Kohlekraft­werk in Nordindien geschieht. Es wird durch ein Wasserkraf­twerk ersetzt. Das ist auch deswegen von Nutzen, weil Kohlekraft­werke für enorme Schadstoff­belastung der Luft sorgen. Das führt zusätzlich zu erhebliche­n Gesundheit­srisiken für die Menschen in der näheren Umgebung.

Der direkte Vergleich: 24.192 Tonnen CO2 entstehen jährlich in Heiligenha­us durch das Verbrennen von Gas. Das indische Kohlekraft­werk, das auf Sicht vom Netz genommen werden soll, stößt pro Jahr mehr als 3,5 Millionen Tonnen CO2 aus.

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RP-FOTO: S. FRIES Gasverkauf geht klimaneutr­al – das haben Stadtwerke-Geschäftsf­ührer Scheidtman­n (r.) und Aufsichtsr­atschef Beck schriftlic­h.

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