Bleibt doch einfach mutig!
Die Formkurve ist recht konstant. Konstant ernüchternd. Fortuna rangiert nach neun Spieltagen im Nirgendwo der Tabelle in der Zweiten Liga. Christian Preußer hat angekündigt, in der Länderspielpause eine erste Standortbestimmung vornehmen zu wollen. Die Fakten liegen indes recht eindeutig auf dem Tisch. Nur einmal, und zwar am ersten Spieltag, stand man wenigstens auf einem einstelligen Platz. Der Punkteschnitt von Preußer liegt bei 1,4. Atemberaubend ist anders.
Aber: Fortuna hat mit ihm eben nicht auf den schnellen Erfolg gesetzt. Die Verpflichtung des 37-Jährigen ging einher damit, etwas anders machen zu wollen. Es ist Oktober, das Wetter ist trist, und die Stimmung rund um Fortuna schon wieder recht mau. Aus dem diesem Herbst-Blues sollte man sich alsbald wieder befreien. Der Blick gehört aufgerichtet.
Vielleicht hilft dabei, dass man sich darin erinnert, warum man sich für Preußer entschieden hat. Nach den ersten Trainingseinheiten war klar: Da ist einer, der es nicht bei einmal kräftig durchwischen belassen wird. Preußer arbeitet akribisch an seinem sogenannten Matchplan (fürcherliches Wort, aber Sie sollten es mal gelesen haben). Jedenfalls sieht das alles schrecklich motiviert aus, vielleicht manchmal sogar ein wenig übermotiviert.
Gerade die ersten Spiele haben indes gezeigt, wohin die Reise gehen kann. Offensivfußball. Hohes Anrennen. Gegenpressing. Der Schuh drückte allerdings. Die Ergebnisse mehr schlecht als recht. Aber eine Spielidee war eben erkennbar. Mittlerweile ist daraus viel Wischiwaschi geworden. Viel Kompromiss. Hier was tiefer stehen. Hier was behutsamer. Da die Hoffnung, lieber einen Punkt einzusammeln, als mit leeren
Händen dazustehen.
Aber genau das droht, wenn man sich seiner Identität beraubt. Wenn man auf dies und das hört und sich immer weiter von dem entfernt. Das Zauberwort heißt Leidenschaft. Für das Brennen, was man tut. Ein Fußballverein aus einer Stadt mit einem Dom ist derzeit in der Ersten Liga sehr erfolgreich.
Die Kaderqualität im Ligavergleich ist beim 1. FC Köln nicht atemberaubend. Und doch gelingt es bisher, sich im Klassement zu behaupten. Warum? Weil man offenbar wenig Angst vor Fehlern hat. Weil man seinen Plan gnadenlos durchzieht, auch wenn das mal bedeuten kann, auch ein Spiel 1:4 zu verlieren. Mund abputzen. Weiter geht es.
Fortuna scheint aktuell bereits an ihrem Mut zu erstarren, etwas Neues ausprobiert zu haben. Das reicht aber nicht. Jetzt beginnt erst das Projekt. In dem man ihm Spielraum gibt. Niemand hat Lust, am Ende gegen den Abstieg zu spielen. Aber alle müssen sich im Klaren sein, dass man sich in einem Marathon, nicht in einem Sprint befindet. Wenn Preußer, dann richtig. Bleibt mutig! Haltet die Kritik aus, wenn ihr von eurem Weg überzeugt seid.
Diese Länderspielpause bietet die Chance, noch einmal alles auf den Prüfstand zu stellen. Sich zu überlegen, wie das Team ausbalanciert werden könnte, um dem Ziel am nächsten zu kommen, das favorisierte Spielsystem auch wirklich umzusetzen. Ein paar Stammspieler sind nicht da, aber so etwas sollte man simulieren können.
Wichtig in diesem Zusammenhang ist ohnehin weniger das Personal als die Haltung. Fortunas sportliche Leitung hat sich etwas dabei gedacht, als sie ausgerechnet Christian Preußer verpflichtete. Einen jungen, bis dato unbekannten Trainer mit einer eigenen Idee. Von dieser Idee, von der Klaus Allofs und Uwe Klein ja offenbar überzeugt waren, jetzt in einer frühen Phase der Saison bereits abzuweichen, um keine Niederlagen zu riskieren, wäre der falsche Weg. Zumal da Fortuna mit dem vorsichtigeren Spiel auch längst nicht immer Erfolg hatte. Genauso wie mit vorsichtigen Personalentscheidungen: Die Torwartfrage vor sich herzuschieben, bringt nichts. Wenn der Trainer von einem Keeper, welchem auch immer, überzeugt ist, muss dieser spielen. Fertig.
Ein wenig bedenklich stimmt in diesem Zusammenhang, dass Preußer selbst zumindest nach außen hin bestreitet, von seinem ursprünglichen Weg abgewichen zu sein. Sollte der 37-Jährige womöglich den Mut, der doch seine Spielidee so interessant und attraktiv macht, selbst bereits verloren haben? Oder neigt er mangels Erfahrung dazu, Einflüsse von außen – im Verein und in der Szene drumherum – zu ernst zu nehmen und unnötigerweise in seine Arbeit einfließen zu lassen?
Beides sollte, nein, es darf nicht passieren. Wie gesagt: Wenn Preußer, dann richtig. Halbe Sachen haben noch nie zu nachhaltigem Erfolg geführt. Mut schon.