Laschet bietet kompletten Rückzug an
Angesichts massiver Kritik wegen des schlechten Abschneidens bei der Bundestagswahl will der CDU-Chef einen geordneten Wechsel an der Parteispitze einleiten. Er macht auch den Weg für Koalitionsverhandlungen ohne ihn frei.
BERLIN Armin Laschet gibt dem Druck nach: Der Unionskanzlerkandidat hat die Neuaufstellung der CDU eingeläutet und damit auch einen Rückzug von der Parteispitze angeboten. „Ich stehe bereit, diesen Prozess zu moderieren“, sagte Laschet zunächst in einer Schaltkonferenz der Unionsfraktion am Donnerstag. Die Partei brauche keine Schlacht mehr zwischen Personen, sondern einen gemeinsamen Konsensvorschlag. Man könne es nicht mehr so machen wie im Jahr 2018 oder zu Beginn des Jahres 2021.
Er wolle versuchen, mit den anderen Entscheidern ein Verfahren einzuleiten, wie er es in Nordrhein-Westfalen mit Hendrik Wüst gemacht habe. Da habe er „es hinbekommen“, sagte Laschet nach Angaben von Teilnehmern. Laschet hatte am Dienstag NRW-Verkehrsminister Wüst als Nachfolger vorgeschlagen – als neuen Ministerpräsidenten und als CDU-Landeschef.
Bei einem anschließenden Statement im Konrad-Adenauer-Haus am Donnerstagabend machte Laschet dann öffentlich deutlich, dass er den Parteigremien in der kommenden Woche die Einberufung eines Parteitags vorschlagen werde; über Ort und Zeitpunkt werde zu reden sein. Die personelle Frage müsse im „Konsens mit allen, die in Betracht kommen“, geklärt werden. Diesen Prozess werde er moderieren. Details ließ Laschet offen.
Über die Verhandlungen mit Grünen und FDP am Sonntag und Dienstag sagte er, man sei sehr gut vorbereitet gewesen. Dass keine Vertraulichkeit habe gewährleistet werden können, sei „kein gutes Zeichen“. Viele Menschen würden noch auf eine Jamaika-Koalition aus Union, Grünen und FDP warten. Er wisse nicht, wie SPD, Grüne und FDP ihre Themen in einer Ampel zusammenbringen wollten. Jamaika sei noch lange nicht am Ende.
Laschet deutete an, dass er sich für die Bildung eines Jamaika-Bündnisses notfalls vom Parteivorsitz zurückziehen würde. „Das große Projekt Jamaika wird nicht an der Person scheitern“, sagte er und machte damit indirekt auch den Weg für Koalitionsverhandlungen ohne ihn frei.
Bei der Bundestagswahl Ende September hatte die Union mit 24,1 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren. Seitdem steht Laschet massiv in der Kritik. Er war erst im Januar zum CDU-Vorsitzenden gewählt worden.
Im April setzte er sich im Kampf um die Kanzlerkandidatur gegen CSUChef Markus Söder durch. Es folgten Fehler im Wahlkampf, der nur schleppend anlief und erst auf den letzten Metern wieder an Schwung gewann. Dennoch reichte es nicht mehr für einen ersten Platz. Parteiintern werden diese Fehler vor allem Laschet, aber auch den Störfeuern von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angelastet.
In Unions-Kreisen wird kolportiert, dass hinter den Kulissen ein harter Machtkampf tobt. Ambitionen werden unter anderem Gesundheitsminister Jens Spahn, Außenpolitiker Norbert Röttgen, Friedrich Merz und Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus nachgesagt. Schon um dessen Amt hatte es eine Auseinandersetzung gegeben.
Der Hamburger CDU-Landeschef Christoph Ploß sprach sich für eine Mitgliederbefragung aus. „Ich zolle der Entscheidung von Armin Laschet Respekt“, sagte Ploß unserer Redaktion: „Sie verdient Anerkennung und Dank. Es ist wichtig, dass der Prozess für den Neuanfang jetzt transparent, zügig und unter Einbeziehung der Mitglieder verläuft.“
Brinkhaus sprach sich wie Laschet dafür aus, gesprächsbereit für eine Regierung mit Grünen und Liberalen zu bleiben. Zwar sitze die Union momentan auf der Zuschauerbank, sagte Brinkhaus nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur. Eine Koalition unter Führung der Union bleibe aber möglich.
SPD, Grüne und FDP hatten sich am Donnerstagmittag erstmals zu einem Dreiergespräch über die Regierungsbildung getroffen. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte danach, aufgrund des „guten Gesprächs“sei verabredet worden, dass es am Montag weitergehe. Das Wochenende solle genutzt werden, „um eine intensive Woche der Sondierungen vorzubereiten“. Söder hatte die Ankündigung von Sondierungsgesprächen für eine Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP am Mittwoch als „klare Vorentscheidung“gewertet.