Kinderkliniken schon jetzt voll belegt
Vor allem Kinder mit Atemwegserkrankungen kommen derzeit ins Krankenhaus. Die Kliniken sind mit Blick auf den Winter in Sorge.
DÜSSELDORF Die Kinderkliniken in Düsseldorf schlagen wegen der Welle an Atemwegsinfektionskrankheiten bei Kindern Alarm. „Seit Anfang August ist unsere Kinderstation so voll wie üblicherweise erst in den Wintermonaten“, sagt die Kinderpneumologin und Chefärztin der Kinderklinik des Evangelischen Krankenhauses (EVK), Monika Gappa. Darunter seien auffällig viele kleine Kinder und Säuglinge mit Atemwegserkrankungen. Ähnlich sieht die Situation auch im Universitätsklinikum (UKD) und im Florence-Nightingale-Krankenhaus (FNK) aus. Mit Blick auf die kommende kalte Jahreszeit beunruhigt das die Kliniken. „Wir blicken mit Sorge auf den Herbst und Winter“, sagt der Chefarzt der Kinderklinik am FNK, Martin Andree Berghäuser. Schon jetzt seien die Versorgungskapazitäten hoch belegt, mehrmals habe die Kinderklinik keine neuen Patienten aufnehmen können, die dann in andere Häuser verlegt worden seien.
Viele der Kinder, die stationär behandelt werden müssen, sind schwer erkrankt. „Sie benötigen Sauerstoff oder sogar eine Atemhilfe, insbesondere Säuglinge müssen zum Teil intensivmedizinisch versorgt werden“, sagt Chefärztin Monika Gappa. In der Kinderklinik des EVK werden pro Jahr rund 3000 Patienten stationär aufgenommen, im FNK sind es etwa 2200.
Vor allem bei den unter Sechsjährigen sei eine erhöhte Anzahl von Atemwegsinfektionen zu beobachten, heißt es auch aus dem FNK. Im Vergleich zu den Vorjahren seien zudem besonders viele junge Patienten darunter, die am Respiratorischen Synzytial-Virus (RS-Virus) erkrankt sind, sagt Berghäuser. Derzeit litten allein fünf der jungen Patienten an dieser Erkrankung, die für Frühgeborene und vorerkrankte Kinder unter einem Jahr sogar lebensgefährlich werden kann. Den ersten solchen Fall verzeichnete das EVK zudem bereits im Juni. Aus dem UKD heißt es dazu, dass diese überraschend frühen Fälle auch eine Saison mit überdurchschnittlich vielen RS-Virus-Fällen erwarten ließen.
Zudem hätten vor allem jüngere Kinder wegen der Corona-Schutzmaßnahmen wie Kita-Schließungen und den reduzierten Kontakt zu anderen Menschen im vergangenen Herbst und Winter deutlich weniger Erkältungen durchlebt als üblich, sagt FNK-Chefarzt Berghäuser. „Deshalb sehen wir eine vorzeitige und verstärkte Infektionswelle, die sonst erst etwa sechs Wochen später startet.“Im letzten Jahr sei zudem die RS-Virus-Saison aufgrund der Infektionsschutzmaßnahmen ausgeblieben, sagt UKD-Sprecher Jörn Grabert, was zu einer weniger starken
Grundimmunisierung der Bevölkerung geführt habe. Dazu seien aber ohnehin alle drei bis vier Jahre schwerer verlaufende jährliche Infektionswellen zu erwarten – „wohl weil Kinder aus den Vorsaisons diese Infektionen nachholen.“Zu den Gründen für die „sehr frühe Belegungsspitze“könne die Uniklinik aber noch keine wissenschaftlich gesicherte Aussage tätigen; hier seien weitere Untersuchungen nötig.
Bei der Behandlung der jungen Patienten setzen die Düsseldorfer Kinderkliniken auf Kooperation, auch über die Landeshauptstadt hinaus. „Wir tauschen uns aus, auch dann, wenn Bettenkapazitäten ausgelastet sind, um Kinder zu verlegen oder kurzfristig zu übernehmen“, sagt Monika Gappa. Aktuell sei das FNK in der Lage, das erhöhte Patientenaufkommen zu bewältigen, sagt Martin Andree Berghäuser – verweist dabei aber auch auf die gute Zusammenarbeit. Diese sei bereits jetzt wiederholt für Verlegungen genutzt worden, weil die Kinderklinik voll belegt gewesen sei. Bei einer Knappheit im UKD, sagt auch Jörn Grabert, sei durch das Netzwerk gesichert, dass Patientinnen und Patienten aus Düsseldorf in anderen Kliniken behandelt werden könnten. „Umgekehrt nehmen die Düsseldorfer Kliniken aber auch immer wieder Kinder aus Krankenhäusern der Region auf.“
Für die kommenden Wochen rechnen die Kliniken indes nicht mit einer Entspannung der Lage. Laut Grabert wird die Uniklinik auch in den nächsten Wochen und Monaten „alle uns möglichen Ressourcen maximal zur Verfügung stellen.“Man wisse nicht, wie sich die Lage im weiteren Jahresverlauf entwickelt, sagt Berghäuser, und ob der jetzt beobachtete Anstieg auf dem hohen Niveau verbleibe. Man befürchte aber einen weiteren Anstieg an Erkrankungen, „nicht nur reine Atemwegsinfekte, sondern auch andere saisonale Erkrankungen, beispielsweise grippale Infekte.“