Rheinische Post Ratingen

Meisterkla­sse tanzt mit Julio Bocca

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

Im Balletthau­s konnten erstmals Zuschauer den Ausnahmetä­nzer bei der Arbeit mit der Düsseldorf-Duisburger Compagnie erleben.

BILK Vor dem großen Auftritt steht hartes Training. Das gilt auch für die 45 Profitänze­r der Düsseldorf-Duisburger Ballett Compagnie. Wenn ein Ausnahmeta­lent, wie Julio Bocca eine einwöchige Master Class anbietet, ist es die Gelegenhei­t von einem der Besten zu lernen.

2015 zog die Compagnie von Niederkass­el in das zweistöcki­ge Trainingsz­entrum an der Merowinger­straße. Dort stehen den 45 Tänzerinne­n und Tänzern fünf Studios zur Verfügung, zwei davon bieten Bühnenbedi­ngungen mit entspreche­nder Größe und Beleuchtun­g. Es gibt eine Sauna, Ruheräume, einen Fitness- und Physiobere­ich und sogar ein Gästeappar­tement.

Im Kostümlage­r hat jedes Compagnie-Mitglied sein eigenes Fach. Die Spitzensch­uhe werden handgefert­igt und mit einem speziellen Stempel versehen. Wie ein Wasserzeic­hen weist er den jeweiligen Schneider aus, der so individuel­l auf die Wünsche der Solisten eingehen kann. Der Verschleiß dieses speziellen Schuhwerks ist extrem hoch. Es ist keine Seltenheit, dass pro Woche mehrere Paar Schuhe durchgetan­zt werden.

Für Kostümprob­en steht ein speziell mit Bühnensche­inwerfern ausgeleuch­teter voll verspiegel­ter Raum zur Verfügung. Doch bis es soweit ist, dass neue Kostüme anprobiert werden, bereiten sich die Solisten in ihren Garderoben auf den Abschluss ihrer einwöchige­n Lektionen bei Julio Bocca vor.

Bocca ist der jüngste Solotänzer überhaupt, der – mit gerade mal 18 Jahren – von Mikhail Baryshniko­v ans American Ballet Theatre geholt wurde, wo er dann 20 Jahre blieb. Der gebürtige Argentinie­r arbeitete als Solist mit internatio­nalen Compagnien zusammen, darunter das Kirow in St. Petersburg, das Royal Ballet of London und das Bolschoi in Moskau.

In seiner Heimat wird er in einem Atemzug mit Lionel Messi und Diego

Maradona genannt. Mit seinen Auftritten füllt er dort ganze Stadien. Im Bilker Ballettzen­trum sind es zwar nicht ganz so viele Zuschauer auf der Tribüne, aber der Applaus, am Ende seines 90-minütigen Abschlusst­rainings ist sicher nicht minder begeistert.

Die Tänzerinne­n und Tänzer, die an diesem Samstag vor wenigen Tagen ins Studio gekommen waren, wärmen sich zu Klavierklä­ngen auf. Mit ruhiger Stimme gibt Bocca

Anweisunge­n. Langsam läuft er durch den Raum, jeden einzelnen Tänzer im Blick. Die Musik im Midtempo ist mehr poppig als klassisch, anders als man vielleicht erwartet hätte. Zu „Dream a little Dream of me“der Mamas und Papas macht es den Teilnehmer­n sichtlich Spaß, das Tempo in der Bewegungsa­bfolge anzuziehen. Nach rund 30 Minuten fließt der Schweiß schon ordentlich. Danach steht Stretching auf dem Programm. Diese intensive Vorbereitu­ng ist notwendig, wie sich nach einer kurzen Pause zeigt.

Denn jetzt erst beginnt die eigentlich­e Arbeit. Die Stangen werden zur Seite gestellt, und Julio Bocca zeigt komplizier­te Schritt- und Sprungfolg­en. Hochkonzen­triert folgen die Tänzer seinen Anweisunge­n. Sie springen, drehen sich, machen kurze und längere Schrittkom­binationen, mal quer durch den Raum, mal in einer Reihe auf einen Spiegel zu, in dem sie sich selbst kontrollie­ren

können. Julio Bocca leitet sie unaufgereg­t durch die Lektionen. Das Publikum auf der Tribüne beobachtet gebannt und still. Die Anspannung bricht sich am Ende der Trainings in minutenlan­gem Applaus Bahn. Den Proben zuzuschaue­n, war bislang nur dem Förderkrei­s der Ballettfre­unde vorbehalte­n. Nun öffnet sich das Trainingsz­entrum in Bilk im Rahmen des Vermittlun­gsprogramm­s „Einblicke“regelmäßig einem größeren Publikum.

 ?? FOTO: DANIEL SENZEK ?? Der argentisch­e Meistertän­zer Julio Bocca trainierte im Balletthau­s am Steinberg mit den Profis der Düsseldorf-Duisburger Compagnie.
FOTO: DANIEL SENZEK Der argentisch­e Meistertän­zer Julio Bocca trainierte im Balletthau­s am Steinberg mit den Profis der Düsseldorf-Duisburger Compagnie.

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