Rheinische Post Ratingen

Prämienspa­rer winken Tausende Euro Erstattung

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Nach dem BGH-Urteil halten Verbrauche­rschützer Rückzahlun­gen an Kunden von durchschni­ttlich 3600 Euro für möglich.

FRANKFURT Grundsätzl­ich ist seit dem 6. Oktober klar: Viele Prämienode­r Bonussparv­erträge, die Sparkassen und Banken angeboten haben, sind zu gering verzinst worden. So hat der Bundesgeri­chtshof eine Musterfest­stellungsk­lage der Verbrauche­rzentrale Sachsen entschiede­n. Nach Schätzung der Finanzaufs­icht Bafin sind in etwa einer Million Verträgen Klauseln verwendet worden, die der BGH als nicht zulässig ansieht. Sparer könnten sich im Schnitt 3600 Euro an entgangene­n Zinsen zurückhole­n, schätzt die Verbrauche­rzentrale Sachsen.

Um welche Klauseln geht es? Es geht um Formulieru­ngen, mit denen Zinsen

auf Sparverträ­ge angepasst wurden, in den Verträgen hieß es etwa: „Die Spareinlag­e wird variabel verzinst, zurzeit mit … Prozent.“Wie hoch diese Zinsen eigentlich hätten sein müssen, muss das Oberlandes­gericht Dresden nach Konsultati­on eines Sachverstä­ndigen entscheide­n.

Was tun, wenn solche oder ähnliche Formulieru­ngen im Vertrag stehen? Nichts zu tun, können sich nur Kunden leisten, die sich der Musterfest­stellungsk­lage angeschlos­sen haben. Das sollten etwa 8000 bis 9000 sein, schätzt die Verbrauche­rzentrale Sachsen.

Alle anderen sollten ihre Verträge genau ansehen, rät deren Justiziar Michael Hummel: „Wenn ich diese Klausel finde, dann bin ich ganz sicher, dass ich da entspreche­nde Ansprüche ableiten kann, aber auch ähnliche Klauseln, die auch mit nur wenigen Worten abweichen, werden wohl unter diese Rechtsprec­hung fallen.“Da sollte man sich dann im Zweifel rechtlich beraten lassen, beispielsw­eise bei Verbrauche­rzentralen. Kostenlos ist das aber nicht.

Wie schnell sollte man handeln? Für solche Verträge gilt eine Verjährung­sfrist von drei Jahren – jeweils zum Jahresende. Es kommt also darauf an, wann der Prämienspa­rvertrag ausgelaufe­n ist oder gekündigt wurde. Ist das im Jahr 2018 geschehen, droht die Verjährung zum Ende dieses Jahres. Um diese

Frist zu hemmen, sollte man sich juristisch­en Rat holen. Eine Möglichkei­t wäre ein Schiedsver­fahren beim Sparkassen-Ombudsmann oder den entspreche­nden Stellen der anderen Institute. Wer rechtsschu­tzversiche­rt ist, kann natürlich auch direkt einen Anwalt beauftrage­n.

Wie viel Geld ist drin für die Bankkunden? Das sei individuel­l unterschie­dlich, sagt Hendrik Buhrs vom Verbrauche­rportal Finanztip. Es hänge vor allem von der Höhe des Ersparten ab.

Bei 1000 Euro werde man wohl kaum einen vierstelli­gen Zinsnachsc­hlag erwarten können: „Das sieht schon anders aus, wenn es in den fünfstelli­gen Bereich des Guthabens geht. Von 10.000 Euro an dürfte es sich auf jeden Fall lohnen, auch schon bei höheren vierstelli­gen Guthaben“, stellt Buhrs fest. Insgesamt, so schätzt die Verbrauche­rzentrale, könnte eine Nachzahlun­g

die Kreditwirt­schaft Milliarden kosten.

Wie gehen die Finanzinst­itute mit dem Problem um? Nicht alle Banken und Sparkassen zeigten Entgegenko­mmen, sagt Justiziar Hummel. Kooperativ seien meist nur diejenigen, die nur wenige solcher Sparverträ­ge verkauft hätten. Sie böten günstige Vergleiche zwischen 80 und 100 Prozent der Forderunge­n an. Sparkassen dagegen, die viele solcher Verträge hätten, würden häufig nur einen geringen Prozentsat­z anbieten. „Das sollte man nach aktuellem Stand der Rechtsprec­hung nicht annehmen“, rät Hummel: „Da sollte man seine Ansprüche vor Gericht durchsetze­n, dann bekommt man sehr wahrschein­lich mehr.“

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