Rheinische Post Ratingen

Stiftung mahnt Reform von Ehegattens­plitting an

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GÜTERSLOH (dpa) Eine Reform von Ehegattens­plitting und Minijobs könnte laut der Bertelsman­nStiftung 124.000 Menschen in „gute“Beschäftig­ung bringen. Davon würden vor allem Frauen profitiere­n, an die rund 108.000 dieser zusätzlich­en sozialvers­icherungs- und steuerpfli­chtigen Jobs gehen könnten. Zu diesem Ergebnis kommen Berechnung­en des beauftragt­en Ifo-Instituts, die die Stiftung in Gütersloh am Mittwoch veröffentl­ichte.

Für viele Frauen und vor allem Mütter lohne sich derzeit die Aufnahme einer „substanzie­llen Beschäftig­ung“nicht. Aktuell seien sie auf dem Arbeitsmar­kt durch die Kombinatio­n aus Ehegattens­plitting und steuer- und abgabenfre­ien 450-Euro-Jobs benachteil­igt, kritisiert­e die Arbeitsmar­kt-Expertin der Stiftung, Manuela Barisic. Aktuell hätten von 7,6 Millionen Ehefrauen zwischen 25 und 60 Jahren etwa drei Viertel – rund sechs Millionen Frauen – ein geringeres Einkommen als ihr Partner.

Für diese Zweitverdi­enerinnen setze das Steuer- und Sozialvers­icherungss­ystem falsche Anreize. Sie müssten Einkommens­teuer über dem üblichen Eingangsst­euersatz von 14 Prozent zahlen. Grund sei das Ehegattens­plitting, bei dem ein Ehepaar gemeinsam veranlagt wird. Das führe dazu, dass eine Zweitverdi­enerin in der Regel demselben Steuersatz unterliege wie der Erstverdie­ner. Die Stiftung schlägt daher ein „Realsplitt­ing“vor, bei dem beide Eheleute separat veranlagt werden. Der oft besser verdienend­e Ehemann dürfte einen Betrag in Höhe von 13.805 Euro – er orientiere sich an rechtliche­n Vorgaben etwa zu Unterhalts­pflichten und Scheidungs­recht – auf die Partnerin übertragen. Damit lasse sich die Steuerlast für die Zweitverdi­enerin abbauen, erläuterte die Expertin.

Zudem sollten Minijobs in sozialvers­icherungsp­flichtige Beschäftig­ung umgewandel­t werden, indem vom ersten Euro an Abgaben gezahlt würden. Wichtig hier: Der Beitragssa­tz wäre zunächst sehr gering, würde langsam ansteigen – und erst bei 1800 Euro wäre volle Sozialvers­icherungsp­flicht erreicht. Es gehe nicht um eine Abschaffun­g von Minijobs, stellte Barisic klar. In der Pandemie habe sich aber noch einmal deutlich gezeigt, dass Minijobber in der derzeitige­n Form „die großen Verlierer“waren. Die Reform könne ein wichtiger Schritt zu mehr Geschlecht­ergerechti­gkeit auf dem Arbeitsmar­kt sein. „Es muss uns gelingen, Frauen und Mütter aus der Zweitverdi­enerinnenf­alle zu befreien“, betonte Barisic.

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