Rheinische Post Ratingen

Die Geheimnisk­rämer der Stadtplanu­ng

- VON UWE-JENS RUHNAU

Große bunte Bilder erhöhen in der Stadtplanu­ng nicht die Wahrschein­lichkeit, dass Projekte auch verwirklic­ht werden. Hilfreich sind Transparen­z und eine offene Diskussion.

DÜSSELDORF Stadttor, Arag-Hochhaus, Gap 15, Kö-Bogen, Medienhafe­n: Düsseldorf ist eine Stadt der Architektu­r und stellt nicht nur bei spektakulä­ren Hochhausba­uten unter Beweis, dass die in- und externen Experten bei Auswahlver­fahren und Genehmigun­gsprozesse­n auf Qualität achten. Architektu­r ist eine Frage des Geschmacks, das macht sie so reizvoll – allgemein für Betrachter und speziell für Entscheidu­ngsträger. Und wer ein Projekt oder seine Vorstellun­g von Architektu­r durchbring­en möchte, muss schauen, wie er Zustimmung organisier­t. Düsseldorf hat in der jüngeren Vergangenh­eit interessan­te Beispiele erlebt, wie die Debatten um den Calatrava-Turm, die Oper oder die Kunstakade­mie belegen. Alle drei Beispiele zeigen, dass Demokratie funktionie­rt und eine intensive öffentlich­e Diskussion die Entscheidu­ng des Stadtrates und seiner Gremien beeinfluss­en kann. Das ist gut so, die Stadt hat die öffentlich­e Beteiligun­g nicht umsonst massiv ausgeweite­t und um neue Verfahren erweitert. Veröffentl­ichungen in den Medien über die Vorhaben bilden dabei eine wichtige Grundlage der Diskussion, sie stellen ein Forum für die Meinungsbi­ldung dar.

Das hat sich beim Calatrava-Turm gezeigt, den die Düsseldorf­er Centrum-Gruppe für die Tuchtinsel an der Schadowstr­aße vorgeschla­gen hatte. Der 129 Meter hohe Turm zog viel Kritik auf sich, der Entwurf wurde gelobt, aber schließlic­h für den Standort abgelehnt. Der Hochhausbe­irat sprach sich ebenfalls gegen ihn aus. Die Gründe sind im neuen Hochhausra­hmenplan nachzulese­n, den der Stadtrat vermutlich zum Jahresende beschließt. Mit der Umgebung (hier Johanneski­rche und Dreischeib­enhaus) soll bei neuen Hochhauspr­ojekten respektvol­l umgegangen werden, der Bereich von Kö und Altstadt soll von neuen Türmen freigehalt­en werden – und es gibt eine Düsseldorf­er „Traditions­höhe“von rund 120 Metern. Wer richtig hoch hinaus will, muss dafür also besonders gute Gründe haben.

Aktueller Aufreger ist der Vorschlag,

neben die Kunstakade­mie einen Erweiterun­gsbau zu setzen. Der Bund Deutscher Architekte­n (BDA) in Düsseldorf lehnt den Entwurf von Rektor Karl-Heinz Petzinka (der selbst Architekt ist) und seinen Mitstreite­r in einem offenen Brief ab, unter anderem wegen des teilweisen Zustellens der Schaufassa­de und der negativen Auswirkung auf die Tonhalle. Gefordert wird ein internatio­nal offener Architektu­rwettbewer­b. Die Haltung des BDA ist erwartbar, Wettbewerb­e fordert er stets. Die inhaltlich­e Bewertung fällt beim BDA-Mitglied Petzinka vermutlich anders aus.

Als relativ ahnungslos steht der BDA-Vorsitzend­e Georg Döring jedoch da, wenn er sagt, dass „vermehrt in den Düsseldorf­er Medien im Windschatt­en der Presse- und Meinungsfr­eiheit mit bildgewalt­igen Präsentati­onen für Projektide­en geworben“werde. Die Interessen Einzelner würden häufig vor das Wohl der Allgemeinh­eit gestellt, die erforderli­che qualifizie­rte Auseinande­rsetzung gerate in den Hintergrun­d. Die Planungsho­heit liege bei der Stadt Düsseldorf, sie solle das mit klaren Signalen unterstrei­chen.

Döring liegt mit seiner Vermutung daneben. Die Planungsex­perten aus

Politik und Verwaltung waren lange in die Pläne für die Kunstakade­mie eingebunde­n, ebenso das Land, und erst nach der Vergabe eines Erbbaurech­ts durch den Stadtrat machte der Geheimnisk­rämer Petzinka seinen Entwurf der Stadtgesel­lschaft bekannt. Das ist aus Sicht der Öffentlich­keit das eigentlich Ärgerliche: Es ist gar nicht breit die Frage diskutiert worden, ob gleich neben der Akademie überhaupt ein Neubau entstehen sollte. Das hat der Stadtrat schon abgenickt, jetzt geht es eher um das „Wie“einer Bebauung. Transparen­z ist, was dieser Fall zeigt, mal gewünscht und mal nicht, das gilt auch für die neue schwarzgrü­ne Ratsmehrhe­it.

Auch bei der Oper gibt es vereinzelt taktische Zurückhalt­ung. Die Centrum-Gruppe ist mit ihrem Vorschlag für die Heinrich-Heine-Allee seit mehr als zwei Jahren auf Tour durch die Stadt, hat Politiker, Verwaltung­sleute und Brauchtums­vertreter informiert. Erst im Anschluss gab es eine Pressekonf­erenz. Ob aber zwei Hochhäuser auf der Oper im Rat eine Zustimmung finden, wird sich noch zeigen. Auf jeden Fall hängt es nicht davon ab, wann der Plan das erste Mal in der Zeitung zu sehen ist.

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FOTO: CENTRUM Das Hochhaus an der Tuchtinsel nach den Plänen von Santiago Calatrava sollte einen städtebaul­ichen Akzent in der Innenstadt setzen.
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ANIMATION: KUNSTAKADE­MIE Diesen Neubau neben der Kunstakade­mie schlägt Rektor Karl-Heinz Petzinka vor.
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ANIMATION: CENTRUM/SNØHETTA/BOOMTOWN Die Centrum Gruppe und Snøhetta präsentier­en ihre Projektide­e für die neue „Oper für Alle“in Düsseldorf.

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