Der Trend zu Secondhand
Der Handel mit gebrauchter Ware floriert. Sogar in großen Warenhäusern findet sie sich jetzt – und in inhabergeführten Geschäften.
DÜSSELDORF Gebrauchtes ist gefragt wie selten zuvor. „Alt ist das neue Cool“, hieß es etwa in diesem Jahr im „Zeit“-Magazin. Und dieser Trend zu Secondhand macht sich auch in Düsseldorf deutlich bemerkbar – und zwar auf mehreren Ebenen: ob privat oder im Einzelhandel, online oder im Geschäft sowie für ziemlich viele Arten von Waren.
Einen guten Überblick des Geschehens hat die Verkaufsplattform Ebay Kleinanzeigen. Dort floriert das Geschäft, oft zwischen Privatpersonen. Und bei weitem geht es da nicht nur ums Verramschen. Vielmehr werden Smartphones oder Markenkinderwagen zu hohen Preisen gehandelt. 40 Millionen Menschen haben laut Unternehmen im März dieses Jahres mindestens einmal die Seite besucht, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. In Düsseldorf waren am Stichtag 30. September circa 370.000 Anzeigen online, ein Anstieg um sieben Prozent – obwohl die Pandemie vor allem 2020 für einen Schub sorgte.
Die Auswertung des Unternehmens für unsere Redaktion zeigt, was in Düsseldorf besonders beliebt ist: Ganz vorn liegt der Bereich „Mode & Beauty“mit 102.018 Anzeigen, es folgt „Familie, Kind & Baby“(72.136 Anzeigen), Haus & Garten (62.172 Anzeigen), Musik, Filme & Bücher (30.058 Anzeigen) sowie Auto, Rad & Boot (29.497 Anzeigen). Weiter runtergebrochen ist zu sehen: die Damenbekleidung kommt mit 44.473 Anzeigen auf Platz eins, es folgen Baby- & Kinderbekleidung sowie Artikel für Küche und Esszimmer. Auffällig in Düsseldorf ist laut Sprecher Pierre
Du Bois: „Die Düsseldorfer scheinen eine größere Begeisterung für Mode, Musik und Literatur zu haben als der Rest der Menschen in Nordrhein-Westfalen.“
Besonders zugelegt hat in Düsseldorf übrigens die Zahl der Anzeigen für Fahrräder, sie verdreifachte sich innerhalb der letzten fünf Jahre auf 5000 Anzeigen. Bei „Mode & Beauty“stieg die Zahl ähnlich stark an.
Einer, der die Plattform für sein Geschäft „Second Life“nutzt, ist Alexander Wagener. Anfang des Jahres hat er zudem an der Uerdinger Straße ein Geschäft für seine VintageMöbel und Dekorationen eröffnet, vorher lief der Handel nur über ein Lager in Heerdt. „Dekoartikel unter 100 Euro verkaufen sich in einem Geschäft besser, hier gibt es mehr Mitnahmeeffekte.“Insgesamt stelle er fest: „Die Nachfrage steigt immer weiter, auch die Preise entwickeln sich dadurch nach oben.“Dafür gebe es mehrere Gründe, vor allem der Wunsch nach mehr Individualität und auch mehr Nachhaltigkeit.
Zu den Käufern zähle die ältere Generation genau so wie Studenten. „Hier kommt auch ein 18-Jähriger rein und kauft einen antiken Jagdschrank, den er dann vielleicht noch mit der Spraydose bearbeitet.“Vor allem die jüngere Generation betone den Wert der Nachhaltigkeit.
Das sieht Nicolas Kulessa von der Klammotte an der Münsterstraße ähnlich. Deshalb glaubt er, werde Secondhand in den nächsten Jahren viel mehr Raum im Einzelhandel einnehmen. Kulessa verkauft
gebrauchte Kinder- und Umstandsmode, zudem Spielzeug und Kinderwagen. Auch er erlebt einen Boom bei der Nachfrage. „Es gibt kaum noch Vorbehalte gegen Secondhand-Mode.“Die jungen Eltern würden auch zunehmend den Sinn nicht sehen, Kindersachen neu zu kaufen, da sie nur eine begrenzte Zeit genutzt werden könnten.
Für ihn bedeutet das „deutlich höhere Umsätze und Wachstum“. So habe er mittlerweile vier Mitarbeiter neben sich, die Zahl habe sich verdoppelt. Auch wenn er den größten Teil der Waren im Laden verkaufe, auch der Webshop werde für ihn immer wichtiger. „Wir forcieren das weiter. Ein Mitarbeiter fotografiert, drei betexten die Bilder.“Auch Instagram nutze er seit anderthalb Jahren intensiv, um neue Stücke zu präsentieren, die Nachfrage komme dann plötzlich aus ganz Deutschland. Zehn bis 15 Prozent der Umsätze erreiche er mittlerweile mit dem Online-Handel.
Gerade das Angebot für Secondhand-Mode ist groß in Düsseldorf. Viele inhabergeführte Geschäfte haben ganz unterschiedliche Spezialisierungen, sie reichen von der Luxusware bis zur Hipsterklamotte, die es etwa bei Strike an der Brunnenstraße gibt. Als der Laden vor einem Jahr eröffnete, standen mehr als 1000 junge Menschen Schlange. Mittlerweile entdecken sogar die großen Kaufhäuser den Markt mit gebrauchter Ware. Schuhhändler Görtz beispielsweise hat in seinem neuen Flagshipstore im Kö-Bogen II gleich eine ganze Etage an Vintage Revivals untervermietet, dort wird nun individuelle SecondhandKleidung angeboten. Breuninger in Düsseldorf kooperiert jetzt mit „Buddy & Selly“, montags und mittwochs kauft der Partner des Kaufhauses den Kunden ihre Secondhand-Designermode ab.
IHK-Handelsexperte Sven Schulte fasst zusammen: „Secondhand ist nicht mehr nur was für Spezialgeschäfte, sondern ist jetzt in der Breite angekommen.“Die Zielgruppe werde größer, vor allem, weil das Bewusstsein für Nachhaltigkeit wachse. „Es ist natürlich zu begrüßen, wenn sinnvoller mit Ressourcen umgegangen wird.“