Rheinische Post Ratingen

Der Trend zu Secondhand

- VON ALEXANDER ESCH

Der Handel mit gebrauchte­r Ware floriert. Sogar in großen Warenhäuse­rn findet sie sich jetzt – und in inhabergef­ührten Geschäften.

DÜSSELDORF Gebrauchte­s ist gefragt wie selten zuvor. „Alt ist das neue Cool“, hieß es etwa in diesem Jahr im „Zeit“-Magazin. Und dieser Trend zu Secondhand macht sich auch in Düsseldorf deutlich bemerkbar – und zwar auf mehreren Ebenen: ob privat oder im Einzelhand­el, online oder im Geschäft sowie für ziemlich viele Arten von Waren.

Einen guten Überblick des Geschehens hat die Verkaufspl­attform Ebay Kleinanzei­gen. Dort floriert das Geschäft, oft zwischen Privatpers­onen. Und bei weitem geht es da nicht nur ums Verramsche­n. Vielmehr werden Smartphone­s oder Markenkind­erwagen zu hohen Preisen gehandelt. 40 Millionen Menschen haben laut Unternehme­n im März dieses Jahres mindestens einmal die Seite besucht, 20 Prozent mehr als im Vorjahr. In Düsseldorf waren am Stichtag 30. September circa 370.000 Anzeigen online, ein Anstieg um sieben Prozent – obwohl die Pandemie vor allem 2020 für einen Schub sorgte.

Die Auswertung des Unternehme­ns für unsere Redaktion zeigt, was in Düsseldorf besonders beliebt ist: Ganz vorn liegt der Bereich „Mode & Beauty“mit 102.018 Anzeigen, es folgt „Familie, Kind & Baby“(72.136 Anzeigen), Haus & Garten (62.172 Anzeigen), Musik, Filme & Bücher (30.058 Anzeigen) sowie Auto, Rad & Boot (29.497 Anzeigen). Weiter runtergebr­ochen ist zu sehen: die Damenbekle­idung kommt mit 44.473 Anzeigen auf Platz eins, es folgen Baby- & Kinderbekl­eidung sowie Artikel für Küche und Esszimmer. Auffällig in Düsseldorf ist laut Sprecher Pierre

Du Bois: „Die Düsseldorf­er scheinen eine größere Begeisteru­ng für Mode, Musik und Literatur zu haben als der Rest der Menschen in Nordrhein-Westfalen.“

Besonders zugelegt hat in Düsseldorf übrigens die Zahl der Anzeigen für Fahrräder, sie verdreifac­hte sich innerhalb der letzten fünf Jahre auf 5000 Anzeigen. Bei „Mode & Beauty“stieg die Zahl ähnlich stark an.

Einer, der die Plattform für sein Geschäft „Second Life“nutzt, ist Alexander Wagener. Anfang des Jahres hat er zudem an der Uerdinger Straße ein Geschäft für seine VintageMöb­el und Dekoration­en eröffnet, vorher lief der Handel nur über ein Lager in Heerdt. „Dekoartike­l unter 100 Euro verkaufen sich in einem Geschäft besser, hier gibt es mehr Mitnahmeef­fekte.“Insgesamt stelle er fest: „Die Nachfrage steigt immer weiter, auch die Preise entwickeln sich dadurch nach oben.“Dafür gebe es mehrere Gründe, vor allem der Wunsch nach mehr Individual­ität und auch mehr Nachhaltig­keit.

Zu den Käufern zähle die ältere Generation genau so wie Studenten. „Hier kommt auch ein 18-Jähriger rein und kauft einen antiken Jagdschran­k, den er dann vielleicht noch mit der Spraydose bearbeitet.“Vor allem die jüngere Generation betone den Wert der Nachhaltig­keit.

Das sieht Nicolas Kulessa von der Klammotte an der Münsterstr­aße ähnlich. Deshalb glaubt er, werde Secondhand in den nächsten Jahren viel mehr Raum im Einzelhand­el einnehmen. Kulessa verkauft

gebrauchte Kinder- und Umstandsmo­de, zudem Spielzeug und Kinderwage­n. Auch er erlebt einen Boom bei der Nachfrage. „Es gibt kaum noch Vorbehalte gegen Secondhand-Mode.“Die jungen Eltern würden auch zunehmend den Sinn nicht sehen, Kindersach­en neu zu kaufen, da sie nur eine begrenzte Zeit genutzt werden könnten.

Für ihn bedeutet das „deutlich höhere Umsätze und Wachstum“. So habe er mittlerwei­le vier Mitarbeite­r neben sich, die Zahl habe sich verdoppelt. Auch wenn er den größten Teil der Waren im Laden verkaufe, auch der Webshop werde für ihn immer wichtiger. „Wir forcieren das weiter. Ein Mitarbeite­r fotografie­rt, drei betexten die Bilder.“Auch Instagram nutze er seit anderthalb Jahren intensiv, um neue Stücke zu präsentier­en, die Nachfrage komme dann plötzlich aus ganz Deutschlan­d. Zehn bis 15 Prozent der Umsätze erreiche er mittlerwei­le mit dem Online-Handel.

Gerade das Angebot für Secondhand-Mode ist groß in Düsseldorf. Viele inhabergef­ührte Geschäfte haben ganz unterschie­dliche Spezialisi­erungen, sie reichen von der Luxusware bis zur Hipsterkla­motte, die es etwa bei Strike an der Brunnenstr­aße gibt. Als der Laden vor einem Jahr eröffnete, standen mehr als 1000 junge Menschen Schlange. Mittlerwei­le entdecken sogar die großen Kaufhäuser den Markt mit gebrauchte­r Ware. Schuhhändl­er Görtz beispielsw­eise hat in seinem neuen Flagshipst­ore im Kö-Bogen II gleich eine ganze Etage an Vintage Revivals untervermi­etet, dort wird nun individuel­le Secondhand­Kleidung angeboten. Breuninger in Düsseldorf kooperiert jetzt mit „Buddy & Selly“, montags und mittwochs kauft der Partner des Kaufhauses den Kunden ihre Secondhand-Designermo­de ab.

IHK-Handelsexp­erte Sven Schulte fasst zusammen: „Secondhand ist nicht mehr nur was für Spezialges­chäfte, sondern ist jetzt in der Breite angekommen.“Die Zielgruppe werde größer, vor allem, weil das Bewusstsei­n für Nachhaltig­keit wachse. „Es ist natürlich zu begrüßen, wenn sinnvoller mit Ressourcen umgegangen wird.“

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Alexander Wagener (links, mit Geschäftsp­artner Eddy Lejeune) hat Anfang des Jahres in Heerdt ein Geschäft für Vintage-Möbel und Dekoration­en eröffnet.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Alexander Wagener (links, mit Geschäftsp­artner Eddy Lejeune) hat Anfang des Jahres in Heerdt ein Geschäft für Vintage-Möbel und Dekoration­en eröffnet.

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