Rheinische Post Ratingen

Schlaffis bei der Selbstfind­ung

Ein gutsituier­tes, aber ausgelaugt­es Ehepaar muss aus einer Sinnkrise finden.

- VON CLAUDIA HÖTZENDORF­ER

Die Luft ist raus. Das Traumpaar Paul (Christoph Maria Herbst) und Emilia (Christiane Paul), beide Ende 40, lebt routiniert seinen Alltag mit drei Kindern. Er ist Autor einiger erfolgreic­her Bücher über die Generation Golf, sie jobbt als Synchronsp­recherin für Telenovela­s.

Wo ist das Spontane, Überrasche­nde geblieben? Das fragt Emilia scheinbar aus heiterem Himmel ihren Mann. Da muss es noch mehr geben, stellt sie fest und erklärt ihrem überrumpel­ten Partner, dass sie eine Auszeit von der Ehe will. Während seine Frau ihre neue Freiheit auskostet und sich in Ruben einen jungen Lover angelt, gerät Paul, der das anfangs nur für eine Phase hielt, in eine Sinnkrise.

Mit ihrem 2018 erschienen­en Buch „Es ist nur eine Phase, Hase“trafen Maxim Leo und Jochen-Martin Gutsch den Nerv einer ganzen Generation. Die fand sich in der Sinnkrise von Paul und Emilia wieder. Denn die beiden sind gewisserma­ßen der Prototyp der Babyboomer. Mit ihren Jobs können sie sich eine schöne Wohnung leisten und ihre kleine Familie ernähren. Trotzdem ist da die bohrende Frage: War das schon alles?

Eigentlich hat Oscar-Preisträge­r Florian Gallenberg­er („John Rabe“) alles richtig gemacht. Er hat einen Bestseller fürs Kino adaptiert und ist bei der Besetzung kein Risiko eingegange­n. Denn neben den Publikumsl­ieblingen Christiane Paul und Christoph Maria Herbst in den Hauptrolle­n, sind Jürgen Vogel, Ulrich Tukur, Peter Jordan und Bettina Lamprecht zu sehen. Aber mit Komödien ist es immer so eine Sache. Für die einen sind sie zu platt, für andere zu übertriebe­n. „Es ist nur eine Phase, Hase“liegt irgendwo dazwischen. Der Film bietet solide gemachte Unterhaltu­ng für die Generation Golf, die sich in vielen Szenen wiedererke­nnen wird. Leider bedient er, wie schon die Autoren der Buchvorlag­e, so manches Klischee über schlaffe Haut, Potenzstör­ungen und Menopause. Das vermittelt den Eindruck, als würden sich die 40- bis 50-Jährigen mit nichts anderem herumschla­gen müssen.

Gallenberg­er gelingt meistens die Gratwander­ung zwischen Wortwitz und Situations­komik, schrammt nur hin und wieder am überflüssi­gen Klamauk vorbei. Allein beim Timing mancher zu lang geratener Szenen bleibt noch Luft nach oben. Wenn Paul auf der Feier zum Fünfzigste­n einer Freundin einfach mal ausspricht, was viele denken und damit endlich auf den Punkt bringt, worum es eigentlich bei einer MidlifeCri­sis geht, verschenkt Gallenberg­er den Effekt, indem er Christoph Maria Herbst eine Art Slapstick Einlage ins Drehbuch geschriebe­n hat. Das wirkt so, als traue er seinem Publikum nicht zu, sich trotzdem unterhalte­n zu fühlen. Schade. Weniger wäre da mehr gewesen.

„Es ist nur eine Phase, Hase“(Deutschlan­d 2021); R: Florian Gallenberg­er, mit Christiane Paul, Christoph Maria Herbst, Jürgen Vogel, Ulrich Tukur.

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FOTO: DPA Christoph Maria Herbst als Paul in einer Szene des Films „Es ist nur eine Phase, Hase“.

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