Welche Unternehmensform passt zu mir?
Vertraute Atmosphäre im Familienbetrieb oder klare Strukturen im Großkonzern – im Berufsleben kommt es nicht nur auf den Job an, sondern auch darauf, wo man ihn macht. Was aber ist das Richtige?
Macht man seine Arbeit gerne oder nicht? Die Antwort auf diese Frage hängt nicht nur vom Inhalt des Jobs ab, sondern auch von dem Umfeld, in dem man ihn ausübt. Dabei wird die Arbeitskultur entscheidend durch die Größe des Unternehmens geprägt.
Ob kleines Familienunternehmen, traditionsreicher Mittelständler oder international agierender Großkonzern: Beschäftigte finden jeweils unterschiedliche Strukturen, Werte und Leitlinien vor. Es lohnt sich, bei der Stellensuche zu überlegen, wo man am besten reinpasst. Doch wie geht man dabei vor? Wichtige Fragen und Antworten im Überblick.
Was zeichnet kleine Unternehmen aus? „Kleine Unternehmen sind oft inhabergeführt, ganz typisch sind hier die Familienbetriebe“, sagt die Personalberaterin Nicole Flockenhaus. Wie in einer Familie gebe es ein engmaschiges soziales Netz, in dem jeder einen festen Platz hat.
Die Strukturen seien stark auf die Inhaber und deren Erben ausgerichtet. Vieles läuft informell zwischen den Angestellten oder Familienmitgliedern ab. Kleine Unternehmen bieten somit eine enge Bindung zwischen den Mitarbeitern sowie hohe Integrität. Ebenso erfordern sie aber ein hohes Maß an Empathie und Sozialkompetenz, da man sich sehr auf die Kollegen einlassen muss. „Die Mitarbeiter sind also ‚Part of the Game’, sie gehören auf einem kleinen Spielfeld zu einem festen Team, in dem sie einen festen Platz haben“, sagt Flockenhaus. (bü) Arbeitsplatz Ein Arbeitgeber darf – auch in Zeiten von Corona – Mitarbeitern die Rückkehr aus dem Homeoffice vorschreiben. Der Arbeitgeber dürfe den Arbeitsort nach billigem Ermessen bestimmen, so das Landesarbeitsgericht München (Az. 3 SaGa 13/21). In dem konkreten Fall ging es um einen Grafiker, der nicht ins Büro zurückkehren wollte, als sein Chef das rund drei Monate später anordnete. Der Arbeitsort war weder im Arbeitsvertrag noch kraft späterer ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung auf die Wohnung des Arbeitnehmers festgelegt. Die allgemeine Gefahr, sich auf dem Weg zur Arbeit mit Covid-19 anzustecken und das allgemeine Infektionsrisiko am Arbeitsort und in der Mittagspause stünden einer Verpflichtung zum Erscheinen im Büro nicht entgegen.
(tmn) Quarantäne Schicken Arbeitgeber ihre Mitarbeiter in Quarantäne, müssen sie den Lohn weiterbezahlen. Das gilt jedenfalls, wenn Arbeitnehmer selbst nicht die überwiegende Verantwortung dafür trifft. So lautet eine Entscheidung des Arbeitsgerichts Dortmund (Az.: 5 Ca 2057/20), über das der Deutsche Anwaltverein (DAV ) berichtet. Im verhandelten Fall fuhr der Kläger für eine Woche in eine Ferienwohnung in Tirol. Bei seiner Einreise galt
Wie sieht das bei einem Mittelständler aus? Mittelständische Unternehmen zeichnen sich laut Flockenhaus typischerweise durch flexible, offene Strukturen aus. Austausch, Verbesserungsvorschläge und kreativer Input seitens der Mitarbeiter seien gewünscht. Oft würden die Unternehmen mit Stolz auf eine langjährige Geschichte und regionale Verbundenheit zurückblicken.
„Ein Mittelständler benötigt deshalb Mitarbeiter, die Teil dieser Geschichte, also ‚Part of the Story’ werden wollen“, sagt die Personalberaterin. Auch hier spielt eine enge Bindung ans Unternehmen eine Rolle. „Sie basiert ganz besonders auf Traditionsbewusstsein und gemeinsamen Österreich noch nicht als Risikogebiet. Somit traft ihn keine Verantwortlichkeit. Seine Arbeitgeberin stellte ihn nach seiner Rückkehr für zwei Wochen frei und kürzte das Guthaben auf dem Arbeitszeitkonto. Der Mann klagte und bekam Recht, da Arbeitgeber, die eine Quarantäne anordnen, selbst das Vergütungsrisiko tragen. Anders wäre die Lage, wäre der Kläger in ein Hochrisikogebiet gefahren.
(tmn) Geheimhaltung Schon aus Datenschutzgründen darf der Arbeitgeber ein Gehalt nicht ohne Weiteres öffentlich kundtun. Anders sieht aus, wenn die Mitteilung nur an bestimmte Mitarbeiter erfolgt, zum Beispiel an die Personalabteilung. Hier sei es zulässig, Informationen zu Gehältern weiterzugeben, wenn dies zur Durchführung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist, so Alexander Bredereck, Fachanwalt für Arbeitsrecht. Aber auch in diesem Fall müsse der Arbeitgeber den Datenschutz beachten. Die Mitarbeiter der Personalabteilung haben ihrerseits eine Schweigepflicht. Der Arbeitgeber muss anordnen und kontrollieren, dass sie diese Schweigepflicht auch einhalten. Die Datenschutzbehörden würden Verstöße „mittlerweile mit durchaus empfindlichen Ordnungsgeldern belegen“, so Bredereck.
Werten, die die Mitarbeiter motivieren.“
Worauf muss man sich im Großkonzern einstellen? Die Großkonzerne verfügen oftmals über mehrere Niederlassungen im In- und Ausland, sind international aufgestellt und beschäftigen mehrere Hundert Mitarbeiter. Die Größe macht es notwendig, feste Abläufe, klare Regeln und eindeutige Verantwortungsstrukturen auszubilden.
„Dort zu arbeiten ist vor allem ideal für Leute, die normorientiert denken, eine hohe Umsetzungskompetenz haben und eher extrovertiert und kompetitiv sind“, sagt Flockenhaus. Mitarbeiter seien im Großkonzern „Part of the System“:
„Es geht darum, innerhalb der Strukturen effektiv zu arbeiten.“
Und was ist jetzt am besten? Den einen besten Weg gibt es nicht. „Gerade jungen Menschen empfehle ich, ihre Bewerbungsanlage möglichst breit zu halten und alle Unternehmenstypen anzuschauen“, sagt der Berufsberater Stefan Nowack. „Großkonzerne haben beispielsweise den Vorteil, eigene Ausbildungsabteilungen zu haben, in denen die Azubis durch enge Betreuung und ein gut strukturiertes Programm auf ihre spätere Tätigkeit vorbereitet werden.“
Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen hingegen werde die Ausbildung eher „im laufenden Prozess“erledigt. Junge Berufsanfänger seien daher sehr abhängig davon, wie viel Zeit und Engagement ihre neuen Kollegen für sie aufwenden. „Dafür kann man dort oft in vielen unterschiedlichen Bereichen Erfahrungen sammeln und eine Vielzahl an Fähigkeiten erlernen“, sagt Nowack.
Unterscheiden sich die Gehaltsund Karrierechancen? Laut Stefan Nowack hat man in einem kleinen oder mittelständischen Unternehmen eher die Chance, schneller aufzusteigen. Der Kontakt zu Kollegen – auch in der Personalentwicklung – sei dort enger, was die Karrierebedingungen verbessern könne. Beim Gehalt hingegen punkten die Großkonzerne. Im Schnitt zahlen sie deutlich mehr. Allerdings sei für viele Arbeitnehmer das Gehalt weniger wichtig als die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit zu erfahren, sagt der Berufsberater: „Ich erlebe es in meiner Praxis daher häufiger, dass ein Arbeitnehmer von einem Großkonzern zu einem Mittelständler wechselt als umgekehrt.“
Wie trifft man nun seine Entscheidung, wo es hingehen soll? „Der Schlüssel besteht darin, nicht nur auf die sachlichen Kriterien und die fachlichen Kompetenzen zu schauen, sondern ebenfalls die eigene Persönlichkeit gut zu kennen“, sagt Personalberaterin Flockenhaus. Dazu kann man zum Beispiel Persönlichkeitstests zurate ziehen oder sich auf die eigene Reflexionsgabe verlassen.
„Einen bestimmten Persönlichkeitstyp, dem man unbedingt entsprechen muss, um im jeweiligen Unternehmenstyp Erfolg zu haben, gibt es meiner Einschätzung nach aber nicht“, schränkt Nowack ein. Wenn Unternehmen und Bewerber motiviert sind, aufeinander zuzugehen, würden sie für gewöhnlich auch einen Weg finden.
Manchmal gibt es dann aber doch den einen oder anderen Kulturschock. Wer beispielsweise kurze Entscheidungswege in einem kleinen Unternehmen gewohnt war, muss sich beim Wechsel in einen Konzern darauf einstellen, dass die Dienstwege länger dauern. „In solchen Fällen ist es wichtig, ruhig zu bleiben und das nicht als persönliche Kränkung zu nehmen“, rät Nicole Flockenhaus.
RECHT & ARBEIT