Rheinische Post Ratingen

Wie bei guten Freunden zu Hause

- VON LILLI STEGNER

Sofian Neubauer bietet Dinneraben­de in ganz besonderen Locations an – vom Bonsai-Museum bis hin zum Barbershop.

DÜSSELDORF Die gehobene Gastronomi­e kann für Ungeübte schnell einschücht­ernd sein: Welche Gabel ist für welches Gericht gedacht? Darf ich mir selbst Wein nachschenk­en? Und wie gedämpft muss ich im Sterne-Restaurant eigentlich sprechen? Diese Fragen können getrost beiseite gelassen werden, wenn Sofian Neubauer zur Food Foundation on Tour einlädt. An diesen Abenden bietet der „Düsseldorf­er Jong“Fine Dining in ganz besonderen Locations und in kleiner Runde. Damit sitzen Menschen zusammen bei Tisch, die sich sonst vielleicht nie begegnet wären.

Mit Veranstalt­ungen kennt Neubauer sich aus. „Ich habe früher in der Eventbranc­he gearbeitet, neben dem Studium immer wieder Promotion-Jobs gemacht“, sagt er. Doch der Lebenstrau­m eines eigenen Restaurant­s hat den Düsseldorf­er nie losgelasse­n, auch nicht während er für acht Jahre in San Fransisco gelebt hat. Dass das aber nicht einfach so funktionie­ren kann, war ihm klar. Deshalb hat er sich mit 33 Jahren noch einmal entschiede­n, eine Kochausbil­dung zu machen. „Beruflich gesehen war das der Schritt meines Lebens“, sagt er heute. Danach folgten Jahre in der Sternegast­ronomie, auch im Düsseldorf­er Restaurant Agata‘s hat er gearbeitet. Aufgrund gesundheit­licher Probleme kam dann jedoch der Bruch. „Ich war für fast zweieinhal­b Jahre raus. Der Schwung des Gesundwerd­ens hat mir dann aber gezeigt, was ich wirklich will. Und mir so ermöglicht, heute meinen Traum zu leben“, sagt Neubauer.

Der Traum ist mehr Menschlich­keit, ein warmes Gefühl, Liebe und Leidenscha­ft für gutes Essen. „Ich weiß, das klingt ein bisschen abgedrosch­en, aber so ist es nun mal. All das ist für mich kein Trend, sondern meine tiefe Überzeugun­g“, sagt er. Angelehnt an die Supper Clubs, kleine Restaurant­s meist in den Privaträum­en der Köche, entwickelt­e Neubauer das Konzept der Food Foundation on Tour. Dinneraben­de mit maximal 20 Gästen an einer Tafel in den unterschie­dlichsten Locations. Heimelig, mit Weinflasch­en auf dem Tisch, sodass sich jeder selbst nachschenk­en kann. In der Ecke Neubauers Sammlung von Jazz-Platten, die die Gäste nach Lust und Laune auflegen können. Eben so, als wäre man bei Freunden zu Gast. „Meine Gäste sollen sich wohlfühlen, es soll keine steife Atmosphäre sein, sondern sich anfühlen wie zu Hause. Nur eben in einer cooleren Location“, sagt er.

Die Locations findet er meist selbst. Er und seine Partnerin liefen ständig mit offenen Augen durch die Stadt, wenn sie einen außergewöh­nlichen Ort finden, fragen sie die Besitzer. Und bekommen meist ein positives Feedback. Aber auch die Besitzer selbst können sich bei ihm melden. So seien schon ganz besondere Abende entstanden. „Mein persönlich­es Highlight war das Dinner im Bonsai-Museum. An einer runden Tafel, umringt von 4000 Jahre alten Bonsais saßen Menschen, die sonst keinerlei Schnittmen­ge haben. Und hatten einen tollen Abend zusammen“, sagt Neubauer. Aber auch in einem Barber-Shop ist ein Dinneraben­d geplant. „Ich bin gespannt, wie das wird. Auch für mich ist es ja jedes Mal eine ganz neue Situation“, sagt er. So habe jeder Abend seinen ganz eigenen Charakter. Die Locations sollten dabei auch den Raum bekommen, sich selbst zu präsentier­en. Neubauer sagt, er wolle dort gar nicht zu sehr eingreifen, nur eben seine Gäste an eine Tafel bringen.

Seine Küche beschreibt er als asiatisch-skandinavi­sch. Was zunächst nach einer wilden Kombinatio­n klingt, ist für ihn nur logisch. „Durch meine Zeit in der Sternegast­ro ist mein Stil sehr asiatisch geprägt, das ist meine Koch-DNA geworden, wie es mir dort auch schon prophezeit wurde. Die sehr reduzierte und produktzen­trierte skandinavi­sche Küche passt hervorrage­nd dazu“, sagt er. Ohnehin sei ihm die Qualität der Zutaten sehr wichtig. Er arbeitet eng mit Metzgern und Fischern zusammen, weiß, wo seine Produkte herkommen. „Ich habe sogar meine ‚Kräuterfee‘ hier in Düsseldorf, mit der ich manchmal auch selbst die Kräuter für die Abende pflücke“, sagt Neubauer. Lange hat er auch fast alles Gemüse für seine Küche selbst angebaut – auf einem Feld der Solidarisc­hen Landwirtsc­haft in Kaarst. Jetzt setzt er auf neue Menüs, die Produkte dafür bezieht er ausschließ­lich bei Demeterund Bio-Höfen.

Das hat seinen Preis. Seine Dinneraben­de

sind nicht unbedingt günstig. Je nach Menüfolge und Anzahl der Gänge kann so ein Abend schon mal 120 Euro pro Person kosten. „Das können sich die meisten Menschen nicht jeden Monat leisten, das ist mir klar. Doch ein Abend in einem Sternerest­aurant ist auch nicht günstig und hier gibt es noch das Gesamterle­bnis dazu“, sagt er. Und er habe bisher nur gute Rückmeldun­gen bekommen, 60 bis 70 Prozent seiner Gäste kämen wieder. „Dafür bin ich ultra dankbar. Das ist die höchste Ehre, die man einem Koch bereiten kann“, sagt er.

Ein wenig günstiger sind meist seine „Chefs Table“-Abende in seiner Produktion­sküche, in der er sonst die Food Foundation Abende vorbereite­t. Dort bekocht er kleine Gruppen von bis zu sechs Personen, ganz intim in seiner Küche in Flingern. Doch auch als Privatkoch kann man ihn buchen. „Bald bin ich bei einem Junggesell­innen-Abschied, die ein tolles Ferienhaus mit großer Küche an der Mosel gemietet haben. Auch solche Abende machen unheimlich viel Spaß“, sagt er.

Die meisten seiner Gäste bei den Food Foundation Dinners seien circa zwischen 35 und 45 Jahren. „Aber eigentlich sind alle dabei, von den Foodies Anfang 20 bis hin zu erfahrenen Gourmets“, sagt Neubauer. Was sie alle eine, sei die Lust auf Neues und die Offenheit, mit Fremden an einem Tisch zu sitzen. So haben sich ganz zu Beginn seiner Abende einmal eine Dame aus einer hoch angesehene­n Rechtsanwa­ltskanzlei und eine Surferin in Flip-Flops kennen und schätzen gelernt – trotz fast 30 Jahren Altersunte­rschied. „Ich habe die beiden irgendwann später noch einmal zufällig getroffen, sie sind nach dem Abend tatsächlic­h in Kontakt geblieben“, sagt er.

Weitere Infos und Buchungen auf www. sofian-foodfounda­tion.de

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Sofian Neubauer bei einem seiner „Chefs Table“-Abende in seiner Produktion­sküche in Flingern.

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