AfD-Fraktionschef attackiert den Rat
Bürger Union und Die Partei stellten gegen den AfD-Fraktionsvorsitzenden Bernd Ulrich Strafanzeige. Der hatte den Beitritt zur „Trierer Erklärung“als „Tag der Schande“bezeichnet.
Kommentare des AfDFraktionsvorsitzenden Bernd Ulrich zur „Trierer Erklärung“, die der Rat per Beschluss ausdrücklich und mit großer Mehrheit unterstützt, haben ein politisches und möglicherweise auch juristisches Nachspiel und sind mittlerweile eines der Hauptthemen in der Stadt.
Bürger Union (BU) und Die Partei stellten Strafanzeige, unter anderem wegen der Verharmlosung der Opfer des Nationalsozialismus in einer den öffentlichen Frieden störenden Art und Weise (§ 130 Abs. 3 StGB).
Was war passiert? In seiner Sitzung vom 6. Februar hatte der Rat beschlossen, sich der „Trierer Erklärung“des Deutschen Städtetages vom 18. Januar anzuschließen, mit der das Treffen rechtsextremer Kreise verurteilt wurde, bei dem dem Vernehmen nach die millionenfache „Remigration“von Mitbürgern ausländischer Herkunft geplant wurde.
Auf diesen Beschluss habe Ulrich eine Erklärung auf der Website der AfD Ratingen hochgeladen. In dieser Verlautbarung, die aktuell noch auf der Homepage steht, heißt es unter anderem: „Es tut mir leid, das zu konstatieren: Es ist genau der gleiche Ungeist eines bequemen Mitläufertums, der schon am 1. April 1933 den Boykottaufrufen der Nazis willig folgte und später am 9. November 1938 beim Pogrom Beifall klatschte. Ich hätte das hier in unserem Ratingen niemals für möglich gehalten. Ich und meine Fraktionskollegen mussten sich aber eines Besseren belehren lassen. Schande!“
Hiermit verunglimpfe Ulrich die Opfer der Pogrome vom 9. November 1938 in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise und beleidige die Ratsmitglieder, die den Ratsbeschluss tragen – und zwar in einer Art und Weise, die von der Mei
nungsfreiheit nicht mehr gedeckt sei, so die Fraktion der BU.
Die überparteiliche Bluna Connection, die auch an der großen Demo gegen Rechtsextremismus in Ratingen teilgenommen hat, konstatierte in einer Stellungnahme: „Was wir hier im beschaulichen Ratingen im Kleinen beobachten können, ist eine Attacke auf unsere freiheitlichdemokratische Grundordnung. Die Zustimmung zu den Grundwerten unseres demokratischen Staates wird als „Diffamierungserklärung“bezeichnet.
Die Unterzeichnung der Erklärung werde als „Tag der Schande“tituliert. „Hier werden die Grenzen des Sagbaren bewusst verschoben, um unseren Staat und die gewählten Mandatsträger zu deligitimieren und herabzuwürdigen.“
Die Trierer Erklärung derart zu attackieren, sei an sich schon Skandal genug für einen Ratsherrn, der auf die Gesetze des Landes verpflichtet
ist, so die Bluna Connection. Der Interessenverband der deutschen Städte hatte unter dem Eindruck des bekannt gewordenen Treffens von Rechtsradikalen in Potsdam ein deutliches Signal für eine vielfältige Gesellschaft, für Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaat gesetzt.
Die RP bringt noch einmal Auszüge aus der Trierer Erklärung im Wortlaut: „Das jüngst bekannt geworde
ne Treffen von AfD-Funktionären mit Mitgliedern der Identitären Bewegung und die dort diskutierte Deportation von Millionen Menschen aus Deutschland haben uns alle schockiert. Wir nehmen es nicht hin, dass rechtsextreme Kräfte eine Atmosphäre der Verunsicherung, der Angst und des Hasses in unserem Land und in unseren Städten schüren. In unseren Städten leben Menschen unterschiedlicher Herkunft zusammen – als Nachbarinnen und Nachbarn, als Kolleginnen und Kollegen, als Freundinnen und Freunde, als Familie. Das ist die Lebensrealität in unseren Stadtgesellschaften. Das macht unsere Städte aus. Unsere Städte gehören allen Menschen, die hier leben. Wir akzeptieren nicht, dass Bürgerinnen und Bürger, dass Familien, dass sogar Kinder in unseren Städten Angst davor haben müssen, von hier vertrieben zu werden. Unterschiedliche Meinungen, unterschiedliche Bewertungen politischer Themen, auch unterschiedliche Positionen zur Migrations- und Asylpolitik sind Teil unserer Demokratie. Demokratie braucht Auseinandersetzung, Demokratinnen und Demokraten müssen auch Streit aushalten und Widerspruch akzeptieren. „Was wir nicht akzeptieren, ist, wenn der Kern unserer Verfassung und die Basis unseres Zusammenlebens angegriffen wird: die Würde des Menschen.“