Tausendersprünge beim Dax
DÜSSELDORF Seit Ende Oktober 2023 hat der Deutsche Aktien-Index (Dax) ungefähr 22 Prozent zugelegt. Würde man diese Steigerungsrate einfach so weiterrechnen für die nächsten Monate, dann stünde der Index Ende Juli bei mehr als 21.900 Punkten. Solche Gedankenspiele verbieten sich natürlich, weil Börse kein Geschäft mit linearen Kursverläufen ist. Und weil zweitens, nachdem der Dax am Donnerstag zumindest kurzzeitig die 18.000-Punkte-Marke geknackt hat, auch klar sein muss, dass schon manches, was die Kurse nach oben treibt, in den aktuellen Preisen drinsteckt.
Die positiven Faktoren
„Der Aktienmarkt profitiert derzeit von zwei Entwicklungen“, sagt Chris-Oliver Schickentanz, Vorstandsmitglied des Vermögensverwalters Capitell. Das eine sei, dass es bei den Konjunkturfrühindikatoren eine Wende zum Besseren gegeben habe, das andere die zu erwartende Zinssenkung. Christine Lagarde, die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) habe zuletzt deutlich gesagt, dass die Zinsen im Juni sinken sollten. Aber: „Beides ist schon weitgehend eingepreist in den aktuellen Kursen“, so Schickentanz.
Die negativen Faktoren
Abseits der latenten Gefahren durch eine Eskalation der aktuellen geopolitischen Auseinandersetzungen, die auch Inflation und Zinsen wieder beeinflussen würde, steht im November die Präsidentschaftswahl in den USA an. Und die Antwort auf die Frage, ob der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wieder Joe Biden oder doch noch einmal Donald Trump heißen wird, ist eine, die nachhaltig die Kurse beeinflussen könnte. „Trump ist ein Risikofaktor, den man einpreisen muss“, warnt Schickentanz. Und zwar nicht nur deshalb, weil der Kandidat der Republikaner eher keiner ist für den politischen Schulterschluss mit Europa, sondern auch, weil er die amerikanische Wirtschaft pushen würde – mit positiven Folgen für die US-Börsen, aber eher negativen für die europäischen Märkte. Bei Biden wäre das eher umgekehrt.
Die Dax-Erwartung für 2024 Schickentanz sieht ein Rückschlagspotenzial in nächster Zeit von etwa fünf Prozent, danach könnte es seiner Einschätzung wieder um bis zu zehn Prozent nach oben gehen. Ergebnis: „Am Ende des Jahres könnte der Dax knapp unter 19.000 Punkten stehen.“Und was ist mit der 20.000-Punkte-Grenze? „In diesem Jahr nicht mehr.“
Die Zukunft
„Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.“Der Satz stammt von Mark Twain, der zwar bekanntlich nicht als Börsenexperte Berühmtheit erlangt hat, aber der Satz stimmt trotzdem. Trotzdem liefert die Börsengeschichte jede Menge Beweise dafür, dass es am Aktienmarkt langfristig immer nach oben ging. Man muss aber Geduld haben, das Geld lange genug entbehren können, um Kursrückschläge auszusitzen, und nicht zu gierig werden. Dass der Dax die 20.000 Punkte erreicht und überschreitet, ist nur eine Frage des Wann, nicht des Ob.
Die Empfehlungen
„Nicht am Aktienmarkt zu investieren, ist grundsätzlich keine gute Entscheidung“, so Schickentanz. Motto: Nach oben geht es auf jeden Fall, also auch noch für jene, die bisher noch keine Aktien gekauft haben. Und welche Papiere sollte man kaufen? „Zyklische Werte wie BASF laufen jetzt langsam besser“, so Schickentanz. Im weiteren Sinne wären das auch die Deutsche-PostAktie oder jene der Lufthansa. Die Kranich-Airline wird allerdings gerade durch massive Streiks belastet.
Eine Problembranche
Die deutsche Autobranche sei gerade „kein Bereich zum Wohlfühlen“, meint Schickentanz. Auf dem Weg in die Elektromobilität seien die Mitarbeiterkapazitäten in der Branche noch viel zu hoch; außerdem gebe es harte Konkurrenz beispielsweise zu den chinesischen Autobauern.
Eine Alternative?
Wer der Börse nicht traut, der glaubt vielleicht an den neuesten Höhenflug des Bitcoin und anderer Kryptowährungen. Aber ist der nachhaltig? „Der Hype um den Bitcoin wird diesmal vielleicht ein bisschen länger dauern als bisher“, sagt Schickentanz. Der Grund: Nachdem die US-Börsenaufsicht zu Jahresbeginn börsengehandelte Bitcoin-Fonds genehmigt hat, können auch deutsche Anleger darauf hoffen, dass es hierzulande bald Krypto-ETFs geben wird. „Der Vertrieb könnte in einigen Monaten möglich sein“, meint Schickentanz, der aber vor zu großer Euphorie beim Kryptogeld warnt: „Wenn man keine fundamentalen Gründe für Kursbewegungen sieht, sollte man lieber die Finger davon lassen.“