Rheinische Post Ratingen

Haus Anger – und der Versuch eines Besuchs

Das Navi kennt die Adresse „Haus Anger 4“. Nur nützt das Besuchern unter Umständen wenig, wie nicht nur Anlieger Thomas Woywod leidvoll erfährt.

- VON PAUL KÖHNES

Es klingt alles so einfach. Gefragt nach der „aktuell schnellste­n Route“von Ratingen Ost zur Adresse „Haus Anger 4“bleibt das Navi die Antwort nicht schuldig. 20 Minuten für 9,2 Kilometer sind veranschla­gt. Nur hat das Navi die Rechnung ohne die KalkbahnBa­ustelle in Hofermühle gemacht. Dort endet die Fahrt des Besuchers vor einem mit grauen Plastikpla­nen abgedeckte­n Erdwall und einer stattliche­n Anzahl Schilder. Kein Durchkomme­n, kein Weiterkomm­en, theoretisc­h ein paar hundert Meter vom erwünschte­n Ziel entfernt. Glückliche­rweise ist Wenden möglich, je kleiner das Auto, desto besser. Das dürfte auch noch für eine Weile so bleiben, denn von der geplanten neuen Kalkbahnbr­ücke ist noch nichts zu erkennen. Dabei sollte sie längst fertig sein.

Thomas Woywod gehört zu den wenigen Anliegern am Haus Anger. Der ehemalige Ratinger Ratsherr (seine Adresse gehört nur postalisch zu Heiligenha­us, Haus Anger selbst zu Ratingen, genauer, zu Hösel) wohnt seit 30 Jahren direkt an der Anger. Was seine Frau und er seit Juni vergangene­n Jahres erleben, hat allerdings mit Idylle zwischen Flüsschenr­auschen und Gartenspec­hten nicht mehr viel zu tun. Denn der tägliche Weg nach Düsseldorf zur

Arbeit, führt eben nicht mehr, wie Jahrzehnte gewohnt, schlicht unter der Kalkbahn durch.

Aktuell fungiert er – bei Bedarf – notgedrung­en als Einweiser in eigener Adress-Sache. Denn der einzige Weg zu seinem Anwesen unten im Tal führt hinab über den steilen Weg „In der Leibeck“. Der eigentlich asphaltier­te Wirtschaft­sweg weist von der Ratinger Straße aus ein beträchtli­ches Gefälle auf. Und das ist nur einer der Gründe, warum

talwärts wie auf dem Rückweg bergan Schritttem­po dringend angeraten ist. Erkennbar vorbei sind die Zeiten, in denen dieser Weg für sportliche orientiert­e Radfahrer die direkte, nur eben steile Verbindung vom Angertal Richtung Heiligenha­user Süden war, vorbei an der Kleingarte­nanlage. Für Radler und Fußgänger ist der Weg inzwischen gesperrt. Entspreche­nd ist das ausgeschil­dert. Das ist nicht die einzige Besonderhe­it. „Die Baustellen-Ampelschal­tung hier muss

natürlich sein“, sagt Woywod. Allerdings muss man bei jedem Hinund Rückweg Wartezeite­n in Kauf nehmen. Auch darauf ist auf einem Schild vorsorglic­h hingewiese­n, verbunden mit dem Tipp „Motor abstellen“.

Wer dann langsam und vorsichtig talwärts rollt, macht sich Sorgen um Reifen und Karosserie, denn großflächi­ge Stahlplatt­en, die buchstäbli­ch den Weg ebnen sollen, machen Gedanken an Fahrkomfor­t über

flüssig. Und linkerhand sind neue Stützwand-Elemente in die höhe Böschung eingebaut. „Es ist einfach so: Seit Beginn der Bauarbeite­n ist der weg ständig auf irgendeine Art erneuert worden“, sagt Woywod. Unter anderem mit Nassbeton. Und die Stützwände seien gezogen worden, nachdem Regen die Böschung am Hang teils über den Weg gespült habe. Woywods Eindruck: „Regen brachte hier alles ins Rutschen, dazu kam der Schwerverk­ehr Rich

tung Kläranlage Hofermühle. Es hat offensicht­lich an Vorab-Planung im Detail gefehlt.“

Ursprüngli­ch hätte das Thema „Brückenbau Hofermühle“für die Kalkbahn bereits im Herbst vergangene­n Jahres abgehakt sein sollen. Doch, wie mehrfach berichtet: Die Arbeiten verzögern sich und werden aller Voraussich­t nach Monate länger dauern. Den ursprüngli­chen Zeitplan hatten regenreich­e Zeiten zunichtege­macht.

„Für die Leibeck wissen wir bisher aber nichts zum Zeitplan“, beklagt Woywod. Dass der Weg in denkbar schlechtem Zustand ist, weiß man auch, wie berichtet, im Heiligenha­user Rathaus. Die Bahn hat unterdesse­n in Aussicht gestellt, alles nach Abschluss der Arbeiten wieder gut herzuricht­en. Nun machen sich Woywod und seine Nachbarn allerdings weiter Sorgen: „Was soll eigentlich werden, sollte das noch einen Winter so gehen?“Sein bitteres Fazit: Offenbar hat man bei aller Planung vergessen, dass hier jemand wohnt.“

 ?? ?? Thomas Woywod beklagt „Mängel bei der Planung der Bahnbauste­lle“und „fehlende Kommunikat­ion“in Richtung Anlieger.
Thomas Woywod beklagt „Mängel bei der Planung der Bahnbauste­lle“und „fehlende Kommunikat­ion“in Richtung Anlieger.
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FOTOS (2): ACHIM BLAZY Über diese steile Behelfspis­te („In der Leibeck“) müssen auch Schwerverk­ehr und Müllabfuhr.

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