Rheinische Post Ratingen

Ex-DEG-Coach Hansson mischt Play-offs in Schweden auf

Die Amtszeit als Eishockeyt­rainer in Düsseldorf war nur von kurzer Dauer. Mittlerwei­le arbeitet der 56-Jährige bei seinem Heimatklub Rögle – mit Erfolg.

- VON MAXIMILIAN LONN

Ein Eishockeyt­rainer wird bei einem Klub im Ausland nach nur einem Jahr vor die Tür gesetzt und kehrt daraufhin als Assistenzc­oach zu jenem Verein zurück, wo einst seine Profi- und Trainerkar­riere startete. Nach nur wenigen Monaten im vertrauten Umfeld löst er den Cheftraine­r ab, führt die Mannschaft noch in die Play-offs, übersteht die erste Runde und wirft anschließe­nd im Viertelfin­ale sensatione­ll den Hauptrunde­nersten mit vier Siegen in Folge raus.

Was sich wie ein kitschiges Drehbuch liest, ereignete sich in den vergangene­n Wochen tatsächlic­h so in der Swedish Hockey League (SHL) – genauer gesagt beim Rögle BK. In der Hauptrolle ein alter Bekannter aus der Deutschen Eishockey-Liga (DEL): Roger Hansson. Der 56-jährige Schwede führte die Düsseldorf­er EG in der vergangene­n Saison ins Play-off-Viertelfin­ale, wurde nach einer 1:4-Seriennied­erlage gegen Ingolstadt jedoch vorzeitig von seinen Aufgaben als Chefcoach entbunden.

Zwar hatte er die Saisonziel­e erreicht, doch die Art und Weise auf dem Weg dorthin missfiel den Verantwort­lichen um Manager Niki Mondt. Er sei „zu der Erkenntnis gekommen, dass unsere Leistungen nicht immer so zufriedens­tellend waren wie die Ergebnisse beziehungs­weise unsere Punktausbe­ute und der Tabellenpl­atz“, hieß es damals in der Vereinsmit­teilung. Auch aus Spielerkre­isen war zu hören, dass Hansson ein absoluter Fachmann sei, aber vielleicht etwas zu lieb für den Job als Cheftraine­r.

Dennoch schaffte er den Sprung in die Play-offs. Das gelang seinem Nachfolger Thomas Dolak nicht – auch weil die Düsseldorf­er eine Saison zum Vergessen erlebten; mit Verletzung­en und Formverlus­ten von Schlüssels­pielern sowie Fehlentsch­eidungen auf der sportliche­n und administra­tiven Ebene. Zuletzt wurden finanziell­e Probleme beim achtmalige­n Deutschen Meister publik.

Für Hansson sind solche Sorgen aktuell ganz weit weg, aber auch er erlebte bei Rögle in dieser Spielzeit turbulente Phasen. So wie im Dezember, als Cheftraine­r Cam Abbott und Sportchef Chris Abbott nach drei Niederlage­n in Folge und dem Sturz aus den Play-off-Rängen entlassen wurden. Die Gebrüder Abbott hatten zuvor sieben Jahre im Nordwesten Schwedens gewirkt – und das überaus erfolgreic­h: Unter anderem führten sie den Klub aus der Kleinstadt Ängelholm 2021 ins SHL-Finale, ein Jahr später gewannen sie sogar die Champions Hockey League.

Entspreche­nd groß sind die Ambitionen und Ansprüche bei dem Klub, bei dem auch bereits mehrere Deutsche spielten. Alexander Barta und Felix Schütz zum Beispiel, in der jüngeren Vergangenh­eit holten sich Dominik Bokk oder Moritz Seider bei Rögle den Feinschlif­f. Selbstrede­nd gab es auch immer wieder schwedisch­e Toptalente wie William Nylander, heute ein Star bei den Toronto Maple Leafs. Dass es junge Spieler von Rögle aus in NHL schaffen, ist längst keine Seltenheit mehr.

Eine der größten Vereinsleg­enden dort heißt Roger Hansson. Er wird auf Rang fünf der ewigen Scorerlist­e geführt, mit 332 Punkten in 309 Spielen. Auch nach seiner aktiven Karriere blieb er dem Klub treu, war erst Manager, Jugendtrai­ner und in diversen Rollen bei den Profis, zuletzt von 2017 bis 2019 Assistenzt­rainer unter den Abbotts, ehe es ihn über den EV Zug zur DEG zog.

Als er im Dezember bei Rögle zum Chefcoach aufstieg, begann das als Interimslö­sung, entpuppte sich mit der Zeit aber als ein Glücksgrif­f. Für Hansson und Rögle. Zugegeben, die Bilanz aus den verblieben­den Hauptrunde­nspiele war mit 13 Siegen und 14 Niederlage­n nicht wirklich spektakulä­r, doch seit dem 5. März und der 1:2-Heimpleite gegen Leksands IF haben die Grün-Weißen nicht mehr verloren. Bedeutet auch: Alle Playoff-Spiele gingen bislang an Rögle.

Zunächst wurde in der ersten Runde Timra, das die Hauptrunde mit zehn Punkten mehr als der RBK abschloss, in zwei Spielen (4:1, 3:2) eliminiert. Im Viertelfin­ale gelang gegen Färjestads BK dann eine kleine Sensation: ein glatter 4:0-Seriensieg als Tabellenne­unter gegen den Hauptrunde­nmeister. Nun wartet auf Hansson und seine Mannschaft ab heute im Halbfinale der amtierende Meister Växjö Lakers.

Ob sich auch Victor Svensson die Halbfinals­erie in seiner schwedisch­en Heimat ansehen wird, ist nicht bekannt, dafür wartete der scheidende Stürmer der DEG zuletzt mit einem bemerkensw­erten Statement in den sozialen Medien auf. Dort verabschie­dete er sich nicht nur nach fünf Jahren von den Düsseldorf­er Fans, sondern gratuliert­e am Ende auch seinem ehemaligen Coach zum Halbfinale­inzug, versehen mit der Bemerkung: „Vielleicht ist es keine schlechte Idee, manchmal auf den Prozess zu vertrauen…“

Ein kleine, aber feine Spitze an die Sportliche Führung der DEG. Die sieht nach jetzigem Stand sportlich schweren Zeiten entgegen, während Hansson weiter fleißig an seinem Drehbuch schreibt. Mit einem möglichst kitschigem Happy End.

Newspapers in German

Newspapers from Germany