Krankenhaus: Aufnahmestopp im Mai
Dr. Ansgar Keller, Chefarzt der Anästhesie am St. Marien Krankenhaus, betont: „Wir werden uns neue Jobs suchen müssen.“
wirkt das Ganze unwirklich. Doch die Faktenlage sieht ein unvermeidliches Ende vor: Das St. Marien Krankenhaus wird schließen müssen – und zwar in wenigen Wochen. Die Betroffenheit ist groß. Die Belegschaft ist geschockt.
Es ist mehr als eine Woche her: Da wurden die Mitarbeiter auf einer Versammlung über das Aus unterrichtet. Unter ihnen war auch Dr. Ansgar Keller, seit 2014 Chefarzt der Anästhesie. Die RP sprach mit dem Mediziner, der seit 2008 am St. Marien Krankenhaus arbeitet, unter anderem über die Stimmung im Haus und die Konsequenzen für die Ratinger Bürger. Wie am Freitag bekannt wurde, soll es bereits zum 1. Mai einen Aufnahmestopp für Patientinnen und Patienten geben.
Was bedeutet die Schließung der Klinik für die Stadt mit mehr als 92.000 Einwohnern?
Keller betont, dass damit die Akut- und Notfallversorgung für die Ratinger Bevölkerung vor dem Aus steht. Eine stationäre medizinische Betreuung gibt es dann nur noch in weiter Ferne, also außerhalb der Stadtgrenze, für chirurgische und internistische Notfallversorgungen müssen die Bürger zukünftig weite Wege gehen. Auch eine Intensivstation wird es dann nicht mehr geben. Er fragt: Wo werden zukünftig die 7.000 stationären und 15.000 ambulanten Patienten versorgt? Wo werden die 3500 Operationen zeitnah durchgeführt? Wo werden die 5.500 Notfallpatienten durch den Rettungsdienst hingefahren?
Was kommt auf den Rettungsdienst der Stadt zu?
Für den Rettungsdienst der Stadt Ratingen bedeutet der Wegfall des St. Marien Krankenhauses vor allem eines: Aufrüsten. Man müsse aufrüsten,
um die längeren Anfahrtszeiten zu kompensieren. Dafür müssen mehrere neue Wagen und noch mehr Personal organisiert werden. Dieser Prozess werde wahrscheinlich 18 bis 24 Monate dauern, so Keller, der nicht unerwähnt lässt, dass Bürgermeister Klaus Pesch prüft, ob gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung und den Gesundheitskassen eine andere Notfallversorgung aufgebaut werden kann. „Da
könnte für die Bevölkerung eine konkretere und zielführendere Lösung angeboten werden“, schickt er hinterher. Dies zeige, dass von der Seite wenig Hilfe zu erwarten sei. Fakt sei, dass es mit einem Krankenhaus der Grund- und Regelversorgung unheimlich schwierig sei, wirtschaftlich über die Runden zu kommen.
Kommt die Schließung des Krankenhauses überraschend?
Keller er
klärt, dass das Ganze nicht unerwartet komme, eine Schließung drohe ja schon seit mehreren Monaten, es habe mehrere Mitarbeiterversammlungen gegeben: Man war also gewarnt und entsprechend sensibilisiert. Natürlich habe man bis zuletzt gehofft, dass sich ein Investor finden werde. Die Betroffenheit in der Belegschaft sei groß, und „für mein Team tut es mir unendlich leid“. Der Mediziner betonte, „dass wir
uns alle neue Jobs suchen müssen“. Wie geht er persönlich mit der Entscheidung um?
Er und seine Chefarzt-Kollegen haben sich vorgenommen, die „Arbeit bis zum letzten Tag voll durchzuziehen“– dies auch in Verantwortung für die Mitarbeiter und Patienten.
Braucht Ratingen ein solches Krankenhaus?
Definitiv, sagt Keller, „ohne Krankenhaus geht es einfach nicht“.