Strengere Regeln gegen Verpackungsmüll
Die EU geht das Problem mit einem umfangreichen Gesetz an. Eine zentrale Rolle spielt das Recycling.
Shampoofläschchen in Hotels, in Folie eingeschweißte Gurken und dünne Tüten im Supermarkt dürften schon bald der Vergangenheit angehören – zumindest wenn sie aus Einwegplastik bestehen. Das EU-Parlament hat einen Gesetzentwurf gebilligt, der bestimmte Einweg-Plastikverpackungen künftig verbietet. Für das neue Gesetz stimmten im Parlament 476 Abgeordnete, bei 129 Gegenstimmen und 24 Enthaltungen. Die Vorgaben dürften zu weitreichenden Änderungen bei den Verpackungsarten führen, die von Lebensmittel- und Getränkeunternehmen, Restaurants und Onlinehändlern genutzt werden dürfen.
Mit neuen Regeln soll die Flut von Verpackungsmüll eingedämmt werden, die zuletzt massiv gewachsen ist. Im Jahr 2021 fielen in der EU 84 Millionen Tonnen Verpackungsabfall an – das entspricht einem Plus von etwa 25 Prozent gegenüber 2009. Auf jeden Menschen in der EU entfallen jährlich derzeit rechnerisch rund 190 Kilogramm
Verpackungsmüll. Ohne zusätzliche Maßnahmen könnte die Zahl Experten zufolge bis 2030 auf mehr als 200 Kilogramm steigen. Mit dem nun beschlossenen Gesetz sollen in der EU bis 2040 mindestens 15 Prozent weniger Verpackungen auf dem Müll landen.
Um das zu erreichen, soll es in Zukunft für jegliche Verpackungen strengere Vorschriften geben. So gilt grundsätzlich, dass Verpackungen ab 2030 recyclefähig sein sollen. Das hat zur Folge, dass EinwegPlastikverpackungen für Obst und Gemüse, Gewürze in Fast-FoodRestaurants, dünne Plastiktüten für Lebensmittel und Mini-Hygieneartikel in Hotels ab 2030 verboten werden. In Restaurants müssen Gastronomen künftig akzeptieren, wenn Verbraucher eigene Behälter für den Transport von Speisen mitbringen. Das Gesetz sieht auch ein Verbot von Plastikfolien für Koffer an Flughäfen vor.
Darüber hinaus müssen die Länder laut dem Gesetz sicherstellen, dass ab 2029 jährlich mindestens 90 Prozent der Einweg-Plastikflaschen und -dosen über Pfandsysteme eingesammelt werden. Ziel ist es, dass mehr Behältnisse recycelt werden und nicht auf Deponien landen. Außerdem müssen Hersteller künftig auf das Volumen ihrer Verpackungen achten: So darf der Leerraumanteil in Verpackungen künftig höchstens 50 Prozent betragen.
Das Gesetz hatte unter anderem in Frankreich Ärger ausgelöst, weil die neuen Vorschriften auch die traditionelle Holzschachtel für den Camembert-Käse betroffen hätten.
Auf Drängen mehrerer französischer Europaabgeordneter sieht das Gesetz für Verpackungen aus Holz und Wachs nun eine Ausnahme vor. Medizinische Produkte sind von der Recycling-Pflicht ebenfalls ausgenommen.
Die Verhandlungsführerin des Parlaments, Frédérique Ries (Liberale), sprach von einem „großen Sieg für die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbraucher“. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) begrüßte die Entscheidung. „Die neuen Regeln für Verpackungen bieten jetzt eine echte Chance, die Abfallflut in der EU zu verringern“, teilte sie mit. Der Verband kommunaler Unternehmen ist ebenfalls für die Umsetzung der Vorschriften. „Der historische Höchststand bei Verpackungsabfällen kann nur dann verringert werden, wenn Wiederverwendung und Recycling gefördert werden“, sagte Vizepräsident Patrick Hasenkamp.
Nach der Abstimmung im Plenum des Europaparlaments müssen auch noch die EU-Staaten die neuen Vorschriften bestätigen. Das ist in der Regel Formsache.