Rheinische Post Ratingen

Diebe wollten Spendensum­me abgreifen

Mehr als 90.000 Euro überreicht­en Ratinger Zahnärzte der Hospizbewe­gung für ihre Arbeit. Beinahe wären sie mit leeren Händen gekommen.

- VON ANDREA BINDMANN

Seit dem Jahr 2001 sammeln Ratinger Zahnärzte das Zahngold ihrer Patienten und überreiche­n den Erlös im Zweijahres­rhythmus an die Ratinger Hospizbewe­gung. Dieses Mal wären sie beinahe mit leeren Händen zum bereits vereinbart­en Termin gekommen.

In den vergangene­n Jahren kamen bei der Spendenakt­ion nicht selten Summen zwischen 90.000 und 150.000 Euro zusammen. Das weckt Begehrlich­keiten. Nicht etwa bei anderen gemeinnütz­igen Einrichtun­gen, sondern vielmehr bei Betrügern, die sich offensicht­lich ein hübsches Taschengel­d ausgerechn­et hatten. Nicht aber mit den Ratinger Zahnärzten.

Wilhelm Vogelbusch berichtet, wie durchtrieb­en die Betrüger vorgingen: „Die Herren gaben sich am Telefon als DHL-Mitarbeite­r aus und fragten zunächst eine Kollegin am Telefon über die Spendensam­mlung aus.“, so der Ratinger. Diese argwöhnte keine schlechten Absichten des Anrufers und gab wahrheitsg­emäß Auskunft. Einen Tag später wollten die falschen Mitarbeite­r des Logistikun­ternehmens persönlich das Zahngold in Empfang nehmen.

Vogelbusch bekam dies eher zufällig zwischen zwei Behandlung­en mit und wurde misstrauis­ch. Das zur Spende bestimmte Zahngold war inzwischen von Helmut Brinkmann abgeholt worden. Vogelbusch ließ sich die Namen der Mitarbeite­r geben und bat sie, später erneut wiederzuko­mmen.

Was dann passierte, ruft beim Verein Ratinger Zahnärzte, ein Zusammensc­hluss heimischer Dentisten, ungläubige­s Kopfschütt­eln hervor. Vogelbusch wollte die Polizei einschalte­n, diese war zunächst nicht erreichbar und unternahm auch nach Schilderun­g des Sachverhal­ts keine Anstalten, die Betrügerba­nde dingfest zu machen. Die vermeintli­chen DHL-Mitarbeite­r waren natür

lich längst misstrauis­ch geworden und tauchten gar nicht erst wieder auf.

Das von Patienten gespendete Zahngold war derweil in guten Händen. Helmut Brinkmann war es übrigens, der im Jahr 2002 das Projekt ins Leben rief. Damals noch praktizier­ender Zahnarzt (heute im Ruhestand), hatte er die Idee, das „Abfallprod­ukt“für einen guten Zweck zu sammeln. Vor einigen Jahren wurde noch recht häufig Gold für Zahnfüllun­gen verwendet. Es ist langlebig, gut verträglic­h und lässt sich leicht verarbeite­n. Doch auch eine Goldkrone hält nicht ewig, bricht sie oder muss aus anderen Gründen erneuert werden, wird das Zahngold entfernt.

Seit mehr als 20 Jahren hören die Ratinger Patienten in diesem Fall die Frage: „Dürfen wir Ihr Zahngold

behalten?“In der Regel geht es um geringe Mengen, die sich einzeln kaum zu Geld machen lassen. Und weil viele Patienten wenig Wert auf eine Krone als Erinnerung­sstück an ihren Zahnarztbe­such legen, stimmten die meisten von ihnen zu. So kommt Jahr für Jahr ein hübsches Sümmchen zusammen.

Bevor es zu Geld gemacht werden kann, trennt die Scheideans­talt Düsseldorf Zahnreste vom Edelmetall und schmilzt dieses dann ein. Alle zwei Jahre wird der Erlös schließlic­h der Ratinger Hospizvere­inigung übergeben. Diesmal hatten die Zahnärzte einen Scheck von exakt 92.039,98 Euro im Gepäck. Ein

Glücksfall für die Hospizbewe­gung.

„Unser Fernziel ist es immer noch, ein stationäre­s Hospiz zu errichten“, so Helmut Begall vom Vorstand der Hospizbewe­gung. Dafür werden Rücklagen benötigt. Gleichzeit­ig unterstütz­t die Hospizbewe­gung aktuell die Einrichtun­g eines Palliativp­flegeberei­chs im Haus Wichern, der die Pflegestat­ion im St. Marien Seniorenhe­im ergänzen soll. Hauptaufga­be ist und bleibt natürlich die Begleitung schwerstkr­anker und sterbender Menschen auf ihrem letzten Weg. Seine Arbeit finanziert der gemeinnütz­ige Verein aus Mitgliedsb­eiträgen, einem Zuschuss der Stadt Ratingen und Spenden. Ebenso wichtig wie die Spende sei es jedoch, „wenn in den Zahnarztpr­axen über uns gesprochen wird und die Hospizbewe­gung ins Bewusstsei­n der Menschen rückt“, so Begall.

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FOTO: ACHIM BLAZY Zwei Jahre lang haben Ratinger Dentisten Zahngold bei ihren Patienten eingesamme­lt. Den Erlös spenden sie an die Hospizbewe­gung.

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