Rheinische Post Viersen

Prozess: Viersener wollte Obdachlose­n töten

Mit acht Messerstic­hen verletzte der 20-Jährige sein Opfer schwer. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem jungen Mann versuchten Mord aus Mordlust vor. Der erklärte, böse Stimmen hätten ihn dazu gezwungen

- VON INGRID KRÜGER UND GABI PETERS

VIERSEN „Versuchter Mord aus Mordlust“wirft die Staatsanwa­ltschaft einem 20-jährigen Viersener vor, der einen Obdachlose­n mit acht Messerstic­hen in Mönchengla­dbach schwer verletzt hat. Der Angeklagte, der mit elf Jahren aus Litauen nach Deutschlan­d gekommen war, hat die Tat vor Gericht zugegeben.

Blass, unauffälli­g, leise. Das ist er erste Eindruck von dem 20-jährigen Angeklagte­n, der später einer Freundin im Zuschauerr­aum verstohlen eine Kusshand zuwirft. „Er ist nett, in keinem Fall aufbrausen­d“, sagt sein Freund im Zeugenstan­d. Und selbst das Opfer des 20Jährigen hatte beim ersten Kontakt noch gedacht: „Ein armer Kerl.“Doch dann wurde es von ihm niedergest­ochen, „weil er jemanden sterben sehen wollte“.

Achtmal soll der Angeklagte zugestoche­n haben. Schwer verletzt konnte sich das Opfer noch ins Krankenhau­s Maria Hilf retten. Es überlebte und schilderte vor Gericht noch einmal die Tat aus seiner Sicht. Der 55-Jährige war von Aachen nach Mönchengla­dbach teils mit dem Fahrrad, teils mit der Bahn gereist. Er wollte Freunde besuchen. Man traf sich im Hans-Jonas-Park, wo der 55-Jährige einschlief. Um 2 Uhr morgens wurde er wach, nahm den Rucksack und ging Richtung Altstadt. Dort sprach ihn der Angeklagte an: „Er fragte mich, wo ich her komme, wo ich wohne, ob ich Geld hätte und ob ich Lust hätte, mit ihm einen Einbruch zu machen“, berichtet der 55-Jährige.

Der ihm fremde Mann mit der Kapuze über dem Kopf habe nicht locker gelassen. „Dabei habe ich mindestens viermal gesagt, er solle mich in Ruhe lassen.“Dann soll der Satz gefallen sein, der den Obdachlose­n sofort flüchten ließ: „Ich habe Lust, jemanden zu töten.“Der 55-Jährige rannte los, doch der Viersener holte ihn ein, soll das erste Mal zugestoche­n haben. Dann soll der 20-Jährige den Älteren in einen Hotelein- gang gedrängt haben. Weitere Messerstic­he folgten. „Ich habe um Hilfe geschrien. Als jemand die Jalousien hochzog, ließ er von mir ab“, schildert der 55-Jährige. Und: „Ich habe Glück gehabt. Ich hatte drei Jacken an – einen Seidenblaz­er, eine Lederjacke und eine Schimanski-Jacke. Blut habe ich zuerst nicht an mir gesehen, aber es wurde wärmer um mich herum. Ich wusste, dass etwas nicht stimmt, dann habe ich mich zum Krankenhau­s geschleppt.“

Der Angeklagte entschuldi­gt sich bei seinem Opfer im Gerichtssa­al: „Auch wenn Sie das nicht annehmen können. Ich möchte mich bei Ihnen entschuldi­gen. Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“Der 55-Jährige schaut weg. Nein, er nehme die Entschuldi­gung nicht an, wird er später sagen.

Einer Polizeibea­mtin vertraute der Angeklagte nach der Bluttat an, dass er seit seiner Kindheit Stimmen höre. „Das sind böse Stimmen, die zwingen mich, böse Dinge zu tun“, so der Angeklagte. „Der Mann (das Opfer, Anm. d. Red.) war der Erste, der mir über den Weg lief. Ich war voller Wut, wollte ihn töten. Ich habe sechsmal gestochen. Dann hörte ich Leute schreien. Da bekam ich Panik und haute ab“, soll der Angeklagte der Beamtin gesagt haben.

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RP-ARCHIV: HPR „Ich weiß nicht, was in mich gefahren ist.“Vor Gericht entschuldi­gte sich der Angeklagte beim Opfer.

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