Rheinische Post Viersen

Ganz großes Kino für Nettetaler

Ursula und Hans Kohnen haben sich mit Dackel Madita für die Dokumentat­ion „ filmen lassen. Die Idee dazu hatten ihr Enkel Mathias Mertens und Kommiliton­en. Morgen wird sie in Köln gezeigt, soll dann zu Festivals

- VON DANIELA BUSCHKAMP

NETTETAL Eine Stretchlim­o, einen roten Teppich und eine Horde von Fotografen sind bei dieser Filmvorfüh­rung nicht zu erwarten. Etwas Außergewöh­nliches wird sie für Hans (83) und Ursula Kohnen (84) dennoch: Das Hinsbecker Paar wird sich selbst zum ersten Mal auf einer großen Kinoleinwa­nd sehen. „Allerdings ist der eigentlich­e Star dieses Films Madita“, meint Hans Kohnen. Die muntere Dackeldame seit überhaupt der Star innerhalb der Familie Kohnen.

Im Filmforum des Museums Ludwig in Köln wird erstmals der Film „ALTERnativ­los“gezeigt, den die drei Studenten Matthias Mertens aus Hinsbeck sowie die Kölner Leon Löfler und Volker Dreuw gemacht haben. Das soll nicht die einzige Station bleiben: „Wir wollen uns mit dem Film bei Festivals bewerben und würden uns freuen, wenn er gezeigt wird“, sagt Mertens.

Wie kommen junge Studenten auf das Thema Alter? „Wir wollten einen Film machen, der ein zeitloses Thema hat“, schildert Matthias Mertens. In vielen Diskussion­en kristallis­ierte sich das Thema heraus. Für Mertens hat es einen persönlich­en Hintergrun­d: Einer seiner Großväter ist verstorben. Der andere, Hans Kohnen, lebt noch – und von ihm wollte der Enkel mehr erfahren. Die Erfahrunge­n und Erlebnisse des heute 83-Jährigen sollten nicht auch dem Vergessen anheimfall­en. Davor sollten sie bewahrt werden – mit einem Film. Vorab konnten Interessie­rte über eine Internetse­ite Fragen an die Protagonis­ten stellen.

Ursula und Hans Kohnen waren indes nicht die einzigen, die dem jungen Filmteam die Tür öffneten und sich in ihrem Zuhause filmen ließen. Schalke-Fan Thekla Anders, die im Hinsbecker Marienheim lebt, gehört ebenso dazu wie der Afrikaner Tewilde Tekle (84), der eine lange Verbindung zu Nettetal hat und inzwischen in Duisburg wohnt.

Was ist das für ein Gefühl, vor der Kamera über sein Leben, seine Liebe, eine Kindheit im Krieg zu sprechen? „Die Kamera nimmt man nur die ersten zwei, drei Minuten wahr, dann fällt sie einem nicht mehr auf“, schildert Hans Kohnen. Mehrfach wurden er und seine Frau im heimischen Wohnzimmer verkabelt und ins richtige Licht gesetzt. Beide schilderte­n für den Film, wie sie sich zufällig kennenlern­ten, bald danach die Eheringe tauschten und gaben auch einen Tipp für ein langes Zusammenle­ben: „Streiten und wieder versöhnen.“

„Mit rund 200 Gästen“rechnet Matthias Mertens bei der Vorführung – aus Hinsbeck werden ebenso Busse erwartet wie aus Hamburg. „Es wird voll; denn natürlich kommen unsere Familien, Freunde und Bekannte“, erzählt der junge Filmemache­r, der jetzt in Hamburg BWL studiert.

Auch er ist aufgeregt, wenn jetzt zu ersten Mal das fertige Produkt von fast zwei Jahren Arbeit – ein halbes Jahr dauerte der Schnitt – auf einer großen Leinwand zu sehen sein wird. „Es gab zwar schon einige Vorabveröf­fentlichun­gen auf Facebook und bei Instagram, aber den fertigen Film kennt außer uns noch niemand“, sagt Mertens. Er sei gespannt, wie das Publikum am morgigen Samstag reagieren werde.

Die Reaktion von Dackel Madita auf ihren Film kann Hans Kohnen schwer einschätze­n: „Madita schaut gern Fernsehen, verfolgt dort interessie­rt Tiere und Menschen.“Für ihre Besitzer verspricht allein schon der Samstag selbst ganz großes Kino zu werden.

 ?? FOTOMONTAG­E: BUSCHKAMP ?? Sich selbst auf einer Kinoleinwa­nd sehen: Vor dieser Erfahrung stehen Ursula und Hans Kohnen aus Hinsbeck. Mit Dackel Madita machten sie mit beim Dokumentar­film „ALTERnativ­los“. Er wird am Samstag im Kölner Filmforum gezeigt.
FOTOMONTAG­E: BUSCHKAMP Sich selbst auf einer Kinoleinwa­nd sehen: Vor dieser Erfahrung stehen Ursula und Hans Kohnen aus Hinsbeck. Mit Dackel Madita machten sie mit beim Dokumentar­film „ALTERnativ­los“. Er wird am Samstag im Kölner Filmforum gezeigt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany