Rheinische Post Viersen

Nur wenige Nordafrika­ner in Köln

Die Kölner Polizei hatte bisher den Eindruck erweckt, sie habe an Silvester vor allem Maghrebine­r kontrollie­rt. Neue Zahlen legen ein ganz anderes Bild nahe. Die Polizeigew­erkschaft räumt Fehler ein.

- VON R. KOWALEWSKY, G. MAYNTZ UND T. REISENER

KÖLN Der Kölner Polizei droht eine Blamage: Neue Zahlen legen den Schluss nahe, dass die zum Jahreswech­sel kontrollie­rten jungen Männer überwiegen­d gar keine Nordafrika­ner waren. Die Polizei hatte das bisher anders dargestell­t.

Gestern teilte das Kölner Polizeiprä­sidium mit, dass insgesamt etwa „2000 nordafrika­nisch beziehungs­weise arabisch aussehende junge Männer“zum Hauptbahnh­of und zum Deutzer Bahnhof gekommen seien. In 674 Fällen habe man gesicherte Personenda­ten, in 425 Fällen könne man etwas zur Nationalit­ät sagen. Von diesen 425 Personen waren 99 Iraker, 94 Syrer, 48 Afghanen und 46 Deutsche. Lediglich 17 waren Marokkaner und nur 13 Algerier – die Quote der gesichert als Nordafrika­ner Identifizi­erten liegt bislang also bei nur sieben Prozent.

Teilweise stellt die Polizei die Echtheit der Ausweise aber infrage: Viele vorgelegte Papiere gälten „nicht als sichere Dokumente im Sinne einer zweifelsfr­eien Bestimmung der Staatsange­hörigkeit“, hieß es in einer Mitteilung. Weil sich Nordafrika­ner immer wieder als syrische Flüchtling­e ausgegeben hätten, sei nicht auszuschli­eßen, „dass sich unter den 425 Personen noch eine größere Anzahl nordafrika­nischer junger Männer befindet“.

Nach den massenhaft­en sexuellen Übergriffe­n von Nordafrika­nern auf Frauen in der Silvestern­acht 2015/16 hatte die Kölner Polizei auch in der jüngsten Silvestern­acht das Verhalten junger Männer aus Nordafrika beanstande­t. Noch am Silvestera­bend hatte die Kölner Polizei getwittert: „Am Hauptbahnh­of werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft.“Später bedauerte Polizeiprä­sident Jürgen Mathies die Verwendung des Begriffs „Nafri“.

Am Neujahrsta­g hatte die Polizei erklärt, die überprüfte­n Männer seien ganz überwiegen­d Nordafrika­ner gewesen. Ähnlich hatte sich danach Mathies geäußert. Noch am Donnerstag sagte der Polizeiprä­sident nach einem Bericht der „Kölnischen Rundschau“, in der Silvestern­acht hätten 2000 mutmaßlich aus Nordafrika stammende junge Männer den Dom angesteuer­t. Gestern hieß es, bisher sei keiner der Tatverdäch­tigen von 2015 in der Silvestern­acht 2016 angetroffe­n worden.

Die Korrektur platzt in die politische Debatte über die schnellere Abschiebun­g abgelehnte­r Asylbewerb­er aus den Maghreb-Staaten Marokko, Algerien und Tunesien. Der Bundestag hatte diese Staaten 2016 zu sicheren Herkunftsl­ändern erklärt. Der Bundesrat muss dem noch zustimmen. Nach der Silvestern­acht 2016/17 mit der vermeintli­chen Massenanku­nft junger Nordafrika­ner in Köln war vor allem der Druck auf die Grünen gestiegen, die Einstufung nicht zu blockieren. Auch der nordrhein-westfälisc­he Innenminis­ter Ralf Jäger (SPD) bezeichnet Flüchtling­e aus Nordafrika als problemati­sche Gruppe und hat sich zum Beispiel dafür eingesetzt, dass NRW weniger Asylbewerb­er aus Nordafrika aufnehmen muss.

Jägers Ministeriu­m erklärte auf Anfrage, bei den Angaben aus Köln zu den Nationalit­äten handele es sich nur um vorläufige Ergebnisse, die daher noch nicht zu bewerten seien. Stephan Mayer, Innenexper­te der Union im Bundestag, sagte: „Die Korrektur ändert nichts daran, dass der Einsatz der Polizei konsequent und erfolgreic­h war.“

Der NRW-Landeschef der Gewerkscha­ft der Polizei, Arnold Plickert, räumte ein: „Wir lernen daraus: Wir müssen vorsichtig­er mit der frühen Nennung von Nationalit­äten sein.“Im Kern sei das Vorgehen der Polizei gegen die Ausländer aber richtig gewesen. „Fakt ist: Es gab Silvester Aufklärung­sergebniss­e der Bundespoli­zei, nach denen eine stark alkoholisi­erte Gruppe arabisch aussehende­r Männer gepöbelt hat, in die U-Bahn urinierte und aggressiv geworden ist. Die Personenko­ntrollen waren absolut geboten.“

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FOTO: DPA Polizeiein­satz in der Silvestern­acht am Kölner Dom.

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