Rheinische Post Viersen

Protestant­en suchen Rat im Umgang mit AfD

Die Gemeinden wünschen sich mehr Hilfe von der Kirchenlei­tung, wie man rechten Parolen begegnet.

- VON FRANZISKA HEIN

BAD NEUENAHR Mehr Hilfestell­ung im Umgang mit der AfD – das wünschen sich im Hinblick auf das Wahljahr 2017 immer mehr evangelisc­he Christen im Rheinland. Das wurde auf der gestern zu Ende gegangenen Landessyno­de der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland (Ekir) deutlich. Gerade in den Gemeinden treffen Menschen aufeinande­r, die ihre politische Überzeugun­g mit in die Kirche bringen.

Die Synodalen diskutiert­en über Aussagen ihres Präses Manfred Rekowski, der „rote Linien“für die Politik der AfD definiert hatte. Wer seine Pflicht gegenüber dem Nächsten aufkündige, trete aus der Gemein- schaft der Glaubenden heraus, sagte Rekowski. Eine kantige Botschaft, doch so einfach ist es nicht: Die Kirche ist keine politische Partei, die Mitglieder ausschließ­en kann.

Die Kirchenlei­tung fühlt sich zu einem klaren politische­n Bekenntnis herausgefo­rdert. Ihr Adressat ist eine Partei, die sich in ihrem Grundsatzp­rogramm auf die christlich­e Tradition des Abendlande­s bezieht. Dabei steht die Ekir wie viele anderen Landeskirc­hen in Deutschlan­d vor zwei Herausford­erungen.

Zum einen muss sie sich um Angestellt­e und Funktionär­e kümmern, die sich in der AfD engagieren. Erst kürzlich sind zwei Fälle bekannt geworden: Ein Viersener Pfarrer im Ruhestand und ein Presbyter aus Wuppertal wollen im Mai für die AfD in den Landtag einziehen.

Für die Kirche ist eine solche Kandidatur ein Grenzfall. Niemand sei verpflicht­et, seine politische Einstellun­g christlich zu begründen, äußerte sich Präses Rekowski. Wer dies tue, müsse sich an das christlich­e Koordinate­nsystem halten.

Ekir-Vizepräsid­ent Johann Weusmann erklärte, beide Kandidaten seien zu einem Gespräch ins Landeskirc­henamt eingeladen worden. Kirchenang­estellte müssen auch mit Disziplina­rverfahren rechnen, wenn ihr politische­s Engagement dem Bibelverst­ändnis und dem Menschenbi­ld der Kirche widerspric­ht. Wenn nötig, werde sogar der Rechtsweg beschritte­n, sagte Weusmann. Jedoch steht man im Landeskirc­henamt auf dem Standpunkt, dass langwierig­e rechtliche Auseinande­rsetzungen mit ungewissem Ausgang möglichst vermieden werden sollten.

Hilfe brauchen die Gemeinden im Umgang mit Gemeindegl­iedern ohne Amt und Funktion, die mit der AfD sympathisi­eren. Ein Synodaler fragte in Bad Neuenahr, ob solche Christen überhaupt zur Gemeinscha­ft der evangelisc­hen Gläubigen gerechnet werden könnten. Für Präses Rekowski ist klar: Man kann niemanden ausschließ­en. Jedenfalls werde er alle zum Abendmahl empfangen – das gelte unabhängig davon, ob jemand die Ideen der AfD vertritt oder nicht.

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