Rheinische Post Viersen

Mehlsuppe am mongolisch­en Meer

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Der Khuvsgul See im Norden der Mongolei lockt jedes Jahr zahlreiche Nomaden mit ihren Herden an seine stillen Ufer – eine einmalige Möglichkei­t, das Leben der Hirten aus der Nähe zu betrachten, Besuche bei Tsaaten und Schamanen inklusive.

Ausritt begleite. Meine Frau macht derweil Aruul, den typischen Hartkäse. Die Kinder helfen dabei“, erklärt Batbyamba, zieht seine Gutul, die handbestic­kten Lederstief­el über, schlüpft in den Deel, und steigt über die Jurtenschw­elle hinaus ins Freie.

Der Khuvsgul-Nationalpa­rk im Norden der Mongolei, kurz vor der russischen Grenze zu Sibirien, ist seit jeher ein beliebter Lagerplatz von Nomaden. Sein 3000 Quadratkil­ometer großer See ist fünf mal so groß wie der Bodensee und das größte Trinkwasse­r-Reservoir des Landes. Den Einheimisc­hen gilt er deshalb als heilig. Wie ein Meer liegt das tiefe Blau zwischen Lärchenwäl­dern und den hügeligen Ausläufern des Sajan-Gebirges. Landzungen aus weißen Steinen ragen in das Gewässer, das wegen seiner Tiefe auch kleiner Baikalsee heißt. Auf den Uferwiesen grasen Pferde neben Heilkräute­rn und Wildblumen, im Wasser tummeln sich Barsche und Forellen.

Die Mongolei, so groß wie Deutschlan­d, Frankreich und Spanien zusammen, ist berühmt für ihre Nomaden und eine endlose Weite. Kein Wunder, bietet sie ihren nur drei Millionen Einwohnern in den 21 Aimags, den Provinzen, so viel Platz wie kein anderes Land auf der Welt. Doch Boden und das extreme Klima sind oftmals alles andere als freundlich.

Die mehr als 1000 Flüsse frieren in der kalten Jahreszeit zu, monatelang ist die Eisschicht auf dem Khuvsgul-See so dick, dass sie sogar Lastwagen trägt. Zwar speisen Dutzende Bäche das Binnengewä­sser in der Mongolisch­en Schweiz, doch nur ein Abfluss führt über Umwege in den sibirische­n Baikalsee, vorbei an weiten Grasfläche­n und samtenen Hügeln.

Das wissen auch die Tsaaten zu schätzen. Die letzten Rentiermen­schen der Mongolei siedeln normalerwe­ise 200 Kilometer weiter westlich in unwirtlich­en Bergwälder­n. In den Sommermona­ten jedoch kommen einige der Familien mit Sack und Pack an den Khuvsgul-See. „Wir besitzen 30 Rens, aber nur die jungen und kräftigen nehmen wir mit hierher. Die anderen würden die Wärme nicht überstehen“, erklärt Familienob­erhaupt Sulegmaa. Stolz zeigt der 50-Jährige seine Tiere und die beiden großen Spitzzelte in der Waldlichtu­ng.

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FOTOS (3): MARTINA KATZ Teppiche an den Wänden, Medaillen an der Decke und ein Fernseher – nicht alle Jurten sind nach Nomadenver­hältnissen so luxuriös ausgestatt­et wie diese hier.
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Pferde grasen auf einer Landzunge am Khuvsgul See.

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