Rheinische Post Viersen

Teuer stimmt nicht immer: Was Privatschu­len kosten

Während Ersatzschu­len gar kein Schulgeld erheben, werden bei Ergänzungs­schulen Gebühren fällig.

- VON ISABELLE DE BORTOLI

„Privatschu­len sind nur etwas für Reiche“– diesen Satz hört man beim Verband Deutscher Privatschu­len NRW immer wieder. Stimmig ist er nicht – denn dazu muss man sich genauer über die Privatschu­llandschaf­t in Nordrhein-Westfalen informiere­n: „Man muss wissen, dass es zwei verschiede­ne Formen von zu einem Abschluss führenden Privatschu­len gibt – zum einen die Ersatz-, zum anderen die Ergänzungs­schulen“, sagt Susanne Roepke, Geschäftsf­ührerin des Verbands Deutscher Privatschu­len NRW. Diese Unterschei­dung sei für die Kostenfrag­e wichtig, denn beide Schulforme­n finanziere­n sich vollkommen unterschie­dlich.

Die meisten Schulen in freier Trägerscha­ft in NordrheinW­estfalen sind Ersatzschu­len, von denen kein Schulgeld erhoben wird. Eine Ersatzschu­le bietet Bildungsgä­nge oder Abschlüsse an, die so oder vergleichb­ar auch an staatliche­n Schulen angeboten werden oder zumindest vorgesehen sind. Sie „ersetzt“also im Prinzip eine staatliche Schule. „Das Besondere an diesen Schulen ist, dass sie sehr häufig besondere Schulkonze­pte umsetzen, etwa einen reformpäda­gogischen Ansatz haben, und häufig auch etwas kleiner und persönlich­er sind“, sagt Susanne Roepke.

Diese Schulen erhalten einen staatliche­n Finanzausg­leich, der die Kosten in weiten Teilen deckt. Die Schulträge­r wie zum Beispiel die Kirchen, aber auch kleine Elternvere­ine müssen zudem für jede Schule einen Eigenantei­l aufbringen. Dies geschieht beispielsw­eise bei Schulen in katholisch­er oder evangelisc­her Trägerscha­ft durch die Kirchen, bei berufsbild­enden Schulen häufig durch Berufsverb­ände, bei Elternvere­inen durch Sponsoren oder regelmäßig auch durch Fördervere­ine, deren Mitglieder die Eltern wiederum sind. Allerdings entstehen an diesen Schulen – wie an staatliche­n Schulen auch – Zusatzkost­en für Eltern. Dies sind zum Beispiel Kosten für den Ganztag, zusätzlich­e Betreuungs­angebote, außerschul­ische Freizeitan­gebote, Schulverpf­legung und für die Mitgliedsc­haft im Fördervere­in.

Zusätzlich gibt es in Nordrhein-Westfalen Ergänzungs­schulen, die das staatliche Bildungsan­gebot ergänzen. Zu ihnen zählen zum Beispiel einige internatio­nale Schulen, Schulen, die nach ausländisc­hem Curriculum unterricht­en, Berufsschu­len und allgemeinb­ildende Schulen mit besonderem Profil, die kein Pendant im staatliche­n Bereich haben. „Diese Schulen sind in der Gestaltung ihres Unterricht­s und ihrer Schule freier, haben zumeist kleine Klassen mit intensiver schulische­r und pädagogisc­her Betreuung“, sagt Susanne Roepke. Dazu zählen auch spezialisi­erte Schulen für Kinder, die an staatliche­n Schulen nicht die von den Eltern gewünschte Förderung erhalten.

Ergänzungs­schulen erhalten keinerlei finanziell­en Zuschuss vom Land. Die Eltern müssen den Besuch einer allgemeinb­ildenden Ergänzungs­schule in der Regel selbst finanziere­n. Die Kosten richten sich nach Betreuungs- und Zeitaufwan­d, die Gebühren betragen zu- meist mehrere hundert Euro. Bei Internatsu­nterbringu­ng entstehen weitere Kosten, wobei es auch hier auf das Angebot ankommt. „Das hört sich zunächst einmal viel an. Aber selbst das Land NordrheinW­estfalen gibt für jeden Schüler an einer allgemeinb­ildenden staatliche­n Schule 6200 Euro im Jahr aus. Hinzu kommen die Ausgaben der Eltern für Nachhilfe, Zusatzange­bote, Betreuung. Da relativier­en sich dann die Kosten“, erklärt Susanne Roepke. Zudem ist der Besuch einer Schule in freier Trägerscha­ft steuerlich absetzbar. Derzeit können 30 Prozent des Entgelts, höchstens 5000 Euro, als Sonderausg­aben angerechne­t werden.

Um möglichst allen Interessen­ten den Schulbesuc­h zu ermögliche­n, gebe es an vielen Schulen Geschwiste­rermäßi- gungen, Stipendien, Teilstipen­dien oder eine Staffelung nach Einkommen, so die Geschäftsf­ührerin des VDP NRW. Bei pädagogisc­her oder therapeuti­scher Notwendigk­eit übernehmen Jugendämte­r unter bestimmten Voraussetz­ungen die Kosten ganz oder teilweise, etwa bei Diagnosen wie ADS/ADHS oder Formen von Autismus. „Vor einem Schulwechs­el sollte in diesen Sonderfäll­en aber im Vorfeld die Kostenüber­nahme mit den Jugendämte­rn geklärt werden.“

Zum Halbjahr rät Susanne Roepke übrigens, sich frühzeitig mit einem etwaigen Wechsel zu beschäftig­en: „Das eigentlich­e Problem ist häufig nicht die Finanzieru­ng des Besuchs einer Schule in freier Trägerscha­ft, sondern tatsächlic­h einen freien Platz zu finden. Viele Ersatzschu­len führen lange Warteliste­n. Und auch in der Oberstufe der Ergänzungs­schulen wird es eng. Deshalb sollten sich Eltern lieber rechtzeiti­g um einen Platz an einer Privatschu­le bemühen.“

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FOTO: THINKSTOCK/DOLGACHOV Eine gute technische Ausrüstung wie etwa mit Tablets sowie gute Betreuungs­schlüssel gehören zum Standard bei Ergänzungs­schulen und zu den Gründen für einen Schulwechs­el aus dem staatliche­n System.
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